Der arme Heinrich. Textgeschichtliche elektronische Ausgabe

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256r

Ditz iſt ein mere rich
von dem armen Heinrich

Ein ritter ſo geleret was,
daz er an den buchen las,
waz er dar an geſchriben vant.
der was Hartman genant
unde was ein dienſtman von Owe.
der nam im eine ſchowe
an einem itſlichen buchen;
dar an begonde er ſuchen,
ob er iht des funde,
do mit er ſwere ſtunde
senfter mohte machen
mit ſo geweren ſachen,
daz zu gotes eren tochte,
do mit er ſich mohte
gelieben den leuten.
hie beginnet er unſ deuten;
ein rede er hie geſchriben vant.
dar umbe hat er ſich genant,
daz er ſiner arbeit,
die er an ditz buch hat geleit,
ane lon icht belibe;
ſwer is nach ſinem libe
hore ſagen oder leſe,
daz er bitende weſe
der ſele heiles hin ze gote.
er giht, er ſi ſin ſelbes bote
unde loſe ſich ſelber da mite,
ſwer vor des andern ſunde bite.
Er las unſ ditz mere,
wie daz ein herre were
zu Swaben geſezzen,
an dem was niht vergezzen
aller der tugent,
der ein ritter in ſiner jugent
ze gantzem lobe haben ſol.
man ſprach nieman alſo wol
in allen den richen.
er hatte werlichen
geburt unde wiſheit,
sin tugent, die was vil breit;
swie gantz ſin habe were,
ſo was ſin burt unwandelbere,
andern furſten gelich.
er was unnahe alſo rich
der geburt und des gutes
als der eren und des mutes.
sin nam, der was erkennelich:
er was geheizen Heinrich
unde was von Owe geborn.
ſin herze, daz hatte im verſworn
valſchevalſchevalſch unde alle dorpheit.
vil wol behielt er den eit
stet biz an ſin ende;
an alle miſſewende
stunt ſin geburt und ſin leben,
im was der rechter wunſch gegeben.
die werltlichen eren
konde er wol gemeren
mit mancher hande tugent.
er was ein blume der jugent,
der werlde vreude ein ſpigel glas,
ſteter trewe ein adamas.


er was milde des gutes,
ein lewe ſines mutes,
ein ſchilt ſiner mage,
der milde ein geliche wage,
im wart uber noch gebraſt.
er truk die arbeit als ein laſt,
die ere uber rucke,
er was des rates brucke
unde ſanc ſo wol von minnen.
alſuſt konde er gewinnen
der werlde lob und iren pris,
er was ſchone, junch, / hubſch und wis.
Do der herre Heinrich
alſuſt geniete ſich
eren unde gutes
unde vroliches mutes
256v und in der werlde lebete,
in dirre ſüzze ſwebete,
in der werltlicher wunne,
er was uber alles ſin kunne
gehohet unde geeret.
daz wart im ſchiere verkeret!
er wart vil gahes geneiget.
an im ſo wart ertzeiget,
als an Abſalone,
der die uppige krone
und ouch der werlde ſuzze
gezuckete under die fuzze
von ſiner hohſten werdikeit
an ein ſmeliches leit.
Daz ſprichet an einer ſtat da:
media vita
in morte ſumus.
daz bedeutet uns alſus,
daz wir in dem tode ſweben
ſo wir allerbeſt wenen leben.
dirre werlde veſte,
ſtete unde beſte,
die aller hohſte mankraft,
die ſtet ane meiſterſchaft.
daz muge wir an der kertzen ſehen
ein wares bilde geſchehen,
daz ſie zu einer aſchen wirt
vor unſ, do ſie lieht birt.
wir ſin von broden ſachen.
wartet, wie unſer lachen
mit weinen erliſchet.
unſer honic gemiſchet
ist mit bitter gallen.
unſer blume, die muz vallen,
so wir aller beſte wenen ſin.
daz wirt an dem herren Heinrichen
¶ ſchin:

do er in ſiner hohſten werde
lebte uf dirre erde,




do begreif in die miſelſucht.
do man des waren gotes zucht
sach an ſinem libe,
manne unde wibe
wart er widertzeme.
warta, wie geneme
er e der werlde were,
er wart ir als unmere,
daz man in vil ungerne ſach.
als ouch Iob geſchach,
dem edelen und dem richen,
der alſo jemerlichen
in ſinem beſten heile
dem miſte wart ze teile.






daz leit Iob, der gute,
mit gedulticlichem mute.
waz im zu lidene geſchach
durch der ſele gemach,
den ſiechtum und die ſmacheit,
die Iob von den leuten leit,
des lobte er got und vreute ſich.
do tet der arme Heinrich
leider nirgen alſo.
er wart trurik und unvro.
sin honic wart ze gallen,
ſin blume muſte vallen,
ze heu wart im ſin grunes gras.
der e der werlde feure was,
sin ſwebende vreude im verſanc,
ſin ſwimmendes herze daz ertrank,
ein trubes wolken dicke
bedakte ſiner ſunnen blicke,
ein ſwinde bitter donerſlac
der brach im ſinen mittentac,
sin morgen ſterne der erlaſch.
ungerne dulte er daz
unde ſchemte ſich vil ſere,
daz er ſo groze ere
hinder im muſte lazen.
verfluchet unde verwazen
wart vil dicke der tak,
do ſine geburt ane lak.
257r ein wenic vreute er ſich doch
von einem troſte dennoch,
daz im dicke was geſait,
daz die ſelbe ſiehhait
were vil miſlich
unde ettliche geniſlich.
do wart ſin mut und ſin acht
harte manicher ſlacht
unde dachte, daz er were
vil lichte geneſebere.
do fur er alſo drate
nach der erzete rate
gegen Muntbaſelire.
do vant er alſo ſchire
leider niht wan den untroſt,
daz er nimmer werdewurde erloſt.
daz hort er vil ungerne
unde fur gegen Salerne.


do hiez er vragen zehant
nach den beſten meiſtern, die man
vant.

der ſait im do ein mere:
er were geneſebere
und were doch immer ungeneſen.
maiſter, wie mac daz geweſen?‹,
sprach der arme Heinrich,
›war umbe untroſt ir mich?

bin ich geneſelich,
ſehet, ſo geneſe ich!
mir enwirt niht vor geleit
an gute noch an arbeit,
ich entruwe iz wol vol bringen,
an deheiner ſlahte dingen.










Irn wolt denne iwer reht brechen
und wolt an mir verſprechen
beide min ſilber und min golt,
ich mach iuch mir alſo holt,
daz ir mich harte gerne nert.‹
mir were der wille unbewert‹,
sprach der meiſter aber do,
›were der artzedie ſo,
daz man ſie veile funde
oder daz man ſie kunde
mit ichte erwerben,
ichn liez uch niht verterben.
des mac leider niht geſin,
des muoz uch ſin die helfe min
ane mine ſchulde verſait.
ir ſcholdet haben eine mait
vollen vriebere,
die in dem willen were,
daz ſie den tot gerne lide,
daz man ſie zwiſchen iren bruſten
ſnite.

nu iſt es niht der werlde ſite,
da von ſi wir in jamers mite
daz keine daz durch uch tu.
danen höret anders niht zu,
wan der reinen meide herzēherzen blut,
daz were fur ewer ſuche gut.‹
dDo ſprach der arme Heinrich,
daz were gar unmugelich,
daz ieman den erwurbe,
der gerne vor in ſturbe
unde gar verturbe.
got der ſol der artzet weſen
oder ich bin immer ungeneſen.‹
alſuſt wart im ſin troſt benumen,
dar umbe er dar was bekumen.
donen hat er zu der ſelben vriſt
zu ſines libes geniſt
gegen in gedinges niht mer.
ſin bitter herze wart ſo ſer
unde ouch ſin jamer alſo groz,
daz in der zit vil gar verdroz,
daz er iht lenger ſolde leben.
er fur heim und begonde vergeben
allez ſin varendes gut,
recht als in ſin ſelbes mut
und wiſer rat gelerte,
so er iz aller beſte kerte
und ſin heil merte.
257v er machte beſcheidenliche
ſine armen vrunt riche
unde beriet ouch vremde armen,
daz ſich got liez erbarmen
genediclichen uber der ſele heil.
den klœſtern gab er daz beſte teil.
sinen liebeſten vreunden zehant,
den bevalch er burge unde lant.
alſuſt tet er ſich abe
aller ſiner varnden habe
unde vloch zehant die leute
verre uf ein wilde gereute.
do er ſich von den leuten gezoch1
und verre in einen walt vloch,






der daz ſelbe gereute
in dem wilden walde bouwete,
daz was ein vrier bouman,
der vil ſelden ie gewan
ie kein ungemach,
daz andern gebouwern geſchach,
die wirs geherret waren,
ſo ſie des niht verbaren,
sie geben ſchos und ouch die bete.
waz dirre bouman gerne tete,
daz nam ſin herre fur gut.
wan er in allez uber truc,
daz er deheine arbeit
von fremdem gewalte nie geleit.
deſ enwas in den richen
under allen ſinen gelichen
dehein bouman alſo rich.
zu dem zoch ſich der arme Heinrich.
Swaz er im vor hatte verſpart,
wie wol im daz vergolden wart!








got hatte dem meyer gegeben
in allen wis ein reines leben.
er hatte wol einen arbeiten lip
und ein wol werbendes wip,
dar zu hat er ſchone kint,
die gar des mannes vreude ſint.
under den zoch er ein mait,
als uns ditz buch hat geſait,
wol von zwelf jaren.
ſie konde wol gebaren
so rechte gutlichen,
ſie wolde nie niht wichen
von irem herren einen fuz.
umb ſine hulde und ſinen gruz
diente ſie im alle wege
mit irre gutlichen phlege.
die andern hatten den ſin,
daz ſie zu rechter maze in
wol gemiden kunden.
ſo vloch ſie zallen ſtunden
zu im und nirgen anderſwar.
ſie was ſin kurtzewile gar
und was ouch ſo geneme,
daz ſie wol zeme
zu kinde einem riche.
mit ſchoner wertlichewetlichewertliche
so hatte ſie ir gemute
mit reiner kindes gute
an iren ſiechen herren gewant,
daz man ſie ſelten irgen vant,
danne zu ſinen fuozen.
mit ſüzzer unmuozen
wonte ſie irem herren bi,
dar zu liebet er ſi,
swo mit ſo er mohte:
daz der meide tohte
zu irem kintlichen ſpil,
des gewan er ir vil.


er koufet ir, waz man veiles vant:
gurtel unde harbant,
spiegel unde vingerlin,
daz kinden liep ſcholde ſin.
mit dienſte bracht ſiz an die vart,
daz er ir alſo holt wart,
daz er ſie niht wan gemale hiez.
owe, wie ſelten in do liez
258r die gute mait aleine:
er douchte ſie vil reine.
swie ſere aber iz imir riet2
diſe kintliche miet,
so quam ir doch aller meiſt
von gotes gabe ein ſuzzer geiſt.
ir dienſt wart alſo gutlich.
do der arme Heinrich
dreu jar daz entwelte,
got vil ſere quelte
mit grozen ſeren ſinen lip.
eines tages ſaz der meyer und ſin wip
und ir tochter, die mait,
als unſ ditz buch hat geſait,
do bi e an einer muzikeit3
unde weinden ires herren leit.
daz klaiten ſie, daz tet in not:
ſie vorchten, daz ires herren tot
sere begonde ſie letzen
und ouch vil lichte entſetzen
von allem irem gute
und daz ouch von herterem mute
wurde ein ander herre.
ſie klaiten alſo ſere,
daz der ſelbe bouman
ſinen herren fragen began.
er ſprach: ›vil lieber herre min,
mocht iz mit iwern hulden ſin,
so fragt ich uch vil gerne,
ſo vil ſo zu Salerne
von artzedie meiſter iſt,
daz uch ir deheines liſt
zu ewerm geſunde
nie niht gehelfen kunde,
lieber herre, des wundert mich.‹
do holte der arme Heinrich
einen tiefen ſuftz von herzen;
den jemerlichen ſmerzen,
den wiſte er mit den ougen.
er ſprach: ›vreunt, daz iſt ane lougen,


daz ich diſen ſchemelichen ſpot
habe verdienet umbe got.
du weiſt wol, daz hie bevor
ſtunt vil offen min tor
mit mancher hande wunne.
ezn hatte under minem kunne
sinen willen nieman baz dan ich.
daz was harte unmugelich.
minen willen hatte ich mit vrowēvrowen gar.
ja nam ich des vil kleine war,
der mir ditz wunſchliches leben
von ſinen genaden hat gegeben.
do mir min hof als offen ſtunt,
als aller werlde toren tunt,
den da retet ir tumber mut,
daz ſie ere unde gut
wider got wellen han.
alſo betrouc mich min tumber wan.




do des den hohen got verdroz,
der ſelden pforten er mir beſloz;
donen kum ich leider nimm͛nimmer hin,
daz verlos mir min tumber ſin.
nu hat got rache an mich geleit,
die ſmehelichen ſiecheit,
die nieman mac erloſen.
nu verſmahe ich den boſen,
die frumen gern min niht.
wie kranc er iſt, der mich geſiht,
des boſer muz ich dannoch ſin.
alrerſt nu leſtu werden ſchin,


die grozen treuwe, die du haſt,
daz du mich ſiechen bi dir haſt,
wie wenic du mich vleuheſt,
wie lutzel du mich ſcheuheſt,
wie gerne daz ich ſi bi dir,
wie vil dines dinges ſtet an mir.
so uber ſechſtu doch wol minen tot.
wes unwerde unde wes not
wart zu der werlde grozer mere?
hie vor was ich din herre,
258v din durftige ſo bin ich nu.
vil lieber vreunt, nu koufes du,
min gemale und din wip
an mir den ewigen lip,
daz du mir ſiechen bi dir laſt.
des du mich gefraget haſt,
daz ſag ich dir vil gerne:
ichn konde zu Salerne
einen meiſter nirgen vinden,
der ſich min underwinden
torſte oder wolde,
mit der geniſt, der ich ſcholde
an miner ſuche geneſen.
daz muz ein ſulche ſache weſen,
daz ſie in der werlde kein man
mit keiner habe erwerben kan.
mir wart anders niht geſait,
ich ſolde haben eine mait,
die in dem willen were,
daz ſie niht verbere,
daz ſie den tot gerne lite,
daz man ſie zwiſchen iren bruſten ſni
||te.



nu were daz unmugelich,
daz immer keine durch mich
gerne lide den tot.
des muz ich diſe ſchemeliche not
tragen biz an min ende.
daz mir got ſchire geſende.‹
daz er ſinem mayer hatte geſait,
daz hort dieirdieir torchter, die mait.
do hatte die vil ſüzze
ires ſiechen herren füzze
sten uf irem ſchoze.
waz mohte ſich genozen
zu irem kintlichem gemüte,
wen aller engel güte.
diſe rede merkete ſie gar
unde nam ir in irem herzen war,
daz ſiez uz irem herzen nie gelie
biz ſie des nachtes ſlafen gie.
zu irs vaters füzen do ſie lac
und zu irre muter, als ſie pflac.
do ſie beide ſliefen,
manchen ſuftz tiefen
holte ſie von herzen,
den jemerlichen ſmerzen
wiſte ſie mit den ougen,
daz was ane lougen.
ir jamer daz wart alſo groz,
daz ir der ougen regen vloz
uf der ſlafenden fuzen.
do erwachten die ſuzen,
do ſie der trehne entſtunden,
fragen ſi ſie begunden,
waz ir geſchehen were
oder welcher hande ſwere
sie alſo tougen klagete.
owe, wie ungerne ſie iz ſagete,
wan daz ir der vater tet
beide mit treuwe und mit bet,
daz ſie iz in muſte ſagen.
ſie ſprach: ›ir mocht wol mit mir kla
||gen.

waz kan unſ gewerren mere,
wen umb unſern herren!
schulle wir den verkieſen
und ouch mit im verlieſen
beide gut und ere?
ja gewinne wir nimmer mere
deheinen herren alſo gut,
der uns tu, daz er uns tut.‹
sie ſprachen: ›tohter, du haſt war.
nu eniſt uns niht als umb ein har
unſer weinen und unſer klage.
liebes kint, da von gedage;
iz iſt uns leit als dir.
leider nu enkunne wir
im zu ſtaten niht kumen.
got, der hat in unſ benumen.
het iz anders ieman getan,
der muſte unſern vluch han.‹
259r do mite wart ſie geſweiget do.
die nacht beleip ſie unvro
biz an den andern tak.
ſwez aber ieman pflac,
do quam iz ir uz dem herzen nie,
biz daz ſie aber ſlafen gie,
des nachtes, nach gewonheit.


ſie hatte ir aber ein bat bereit
mit weinenden ougen:
ſie truc alſo tougen
neheſt irem gemute
die alwerſten gute,
die ie kein man ie vernam.
wo getet ie kint alſam?
wan ſie ſich gar des erwac,
gelebte ſie den andern tak,
daz ſie ſanzehant ir leben
vor iren herren wolde geben!
Von dem gedinge wart ſie do
ringes mutes und vro
unde hatte deheine ſwere me,
wan eine klage, die tet ir we:
iz was ir groſte ſorgen,
wan ſiez an dem morgen
irem herren ſagete,
ſie vorchte, daz er verzagete,
so ſiez in allen tete kunt
daz ſie an der ſelben ſtunt
der ſtate niht enfunde.
des wart an der ſtunde
alſo groz ir ungehabe,
daz ir muter dar abe
und ir vater wart erwacht,
als an der vordern naht.
sie richten ſich uf zu ir,
ſie ſprachen: ›ſe, waz wirret dir?
du biſt vil alwere,
daz du dir ſo manche ſwere
in din klage haſt genumen,
der nieman mac zu ende kumen!
war umbe leſtu unſ niht ſlafen?‹
ſuſt begonden ſie die mait ſtrafen,
waz ir die rede tochte,
die nieman enmohte
erwenden noch gebüzzen.
ſuſt wanten ſie die ſuzzen
haben geſweiget an der ſtunt.
ir wille waſ in vil unkunt.
des antwort in die ſchone mait:
›als unſ min herre hat geſait,
den traw ich harte wol ernern,
irn wollet mir iz danne wern.
ich bin ein mait und han den mut:
zu ſiner artzedie bin ich gut.
e· ich in liezze verterben,
ich wolde e| vor in ſterben.‹
von dem gedanken wurden vrôdo
beide truric und unvro,
ir muter und ir vater.
ſin tochter, die bat er,
daz ſie die rede lieze
und irem herren daz gehieze,
daz ſie geleiſten mohte,
wan ir ditz niht entohte.
er ſprach: ›tochter, du biſt ein kint.
die rewe dine, die ſint
ze groz an diſen dingen,
dunen macht ſin niht volbringen.
der tot en iſt ſo ſenfte niht
als dir din tumber wan vergiht.


swen iz kumet an die vriſt,
daz ſin niht lenger rat iſt,
dunen muzzeſt erſterben,
mohteſt du danne erwerben,
daz du lebetes dennoch,
du queme nie in leit noch.
tu zu dinen munt,
daz du ſin nach dirre ſtunt
nimmer mere werdeſt lut,
oder iz get dir uf dine hut!‹
259v hie wante er ſie do
beide mit bet und mit dro
geſweiget han. donen moht er.
des antworte im die tochter,
sie ſprach: ›vater, wie tump ich ſi,
ſo wont mir doch die witze bi.
daz ir mir ſait von dirre not,
ich weiz wol, daz des libes tot
ist ſtark unde ſtrenge.
ſwer aber dan die lenge
mit ungemache leben ſol,
dem iſt ouch niht ze wol.
swer ſo dar niht ringet,
daz er uf den alter bringet
den lip mit micheler not,
ſo muz er doch ligen tot;
und hat er dan die ſele verlorn,
ſo were im bezzer ungeborn.
daz truwe ich eine wol bewarn
und als tumbe baz gevarn.
iz iſt mir kumen uf ein zil,
daz ich ſin got loben wil,
daz ich den kurtzen lip mac gegeben
umbe daz ewige leben.
daz enſchvlt ir mir niht leiden.
ich wil mir und uch beiden
harte wol mit varn.
ich traw iz eine wol bewarn
vor ſchaden und vor leide,
als ich euch beſcheide:
wir haben ere unde gut,
daz meinet mines herzen mut,4
wan er unſ nie leit geſprach
und unſ daz gut nie abe gebrach.
die wile er unſ leben ſol,
ſo ſtet unſer ſache wol.
liez wir in unſ erſterben,5
ſo muſte wir verderben.
den wil ich unſ vriſten
mit alſo guten liſten,
do mit wir alle ſin gewneſengeweſengeneſen.
nu gunnet mirz, wan iz muz weſen.‹
die muter weinende ſprach,
do ſie des kindes ernſt ſach:
gedenket, tochter, liebes kint,
wie groz die arbeite ſint,
die ich durch dich erliden han.
loz mich ein bezzer lon enpfan,
dan ich dich hore ſprechen.
du wilt min herze brechen!
senfte mir der rede ein teil.
du wilt allez din heil
an mir verwurken hin ze got.
gedenkeſt du an ſin gebot?
ja gebot und bat er,
daz man muter unde vater
ere ſchulle erbieten,
und geheizet daz zu mieten,
daz iſ der ſele geniſt werde
und ein lanch leben uf der erdenerdenerde.
du gihſt, du welles din leben
umb unſer zweier vreude geben;
do mite wiltu unſ beiden
daz leben ſere leiden.
daz din vater und ich
gerne leben, daz iſt durch dich.




du ſolt, liebe tohter min,
unſer beide vreude ſin,
unſer liebe ane leide,
unſer liecht der ougen weide,
unſer herzen wunne,
ein blume under dinem kunne,
unſers alters ein ſtap.
leſtu unſ uber din grap
sten von dinen ſchulden.
ſo biſt du von gotes hulden
immer me geſcheiden;
daz verdienſt du an unſ beiden!
wiltu unſ, tochter, weſen gut,
ſo ſoltu die rede und ouch den mut
260r durch unſers herren hulde lan,
die ich von dir vernumen han.‹
Sie ſprach: ›muter, ich getrawe dir
und minem vater her zu mir
aller der genaden wol,
der vater und muter ſol
leiſten einem kinde,
als ich daz wol ervinde
von üch beiden aller tegelich.
von gotes genaden habe ich
sele unde einen ſchonen lip.
mich lobet man unde wip
und alle, die mich ſehende ſint,
daz ich ſi daz ſchonſte kint,
daz ſie ie haben geſehen.
wem ſol ich der genaden jehen,
wan uch beiden, nehſt gote?
ich wil uz ſinem gebote
nimmer kumen, wil iz got,
wan iz iſt ſelber ſin gebot.


ich dulde iz ane reuwe.
ich wil ouch miner treuwe
an mir ſelben niht vergezzen.
iz iſt alſo gemezzen,
swer einen ſo gevreut hat,
daz er ſelbe unvro ſtat,
daz er einen andern kronet
und ſich ſelben honet,
der treuwe, der ſi gar ze vil.
durch rechte ich uch des volgen wil,
daz ich uch treuwe leiſte;
und mir ſelben aller meiſte.


muter, vil ſeliges wip,
nu ich ſele und lip
von ewer zweier genaden han,
lat mich in gotes hulden ſtan,
daz ich ſie müzze beide
von dem teufel ſcheiden
unde ſie zu himel müzze geben.
dirre kranken werlde leben,
daz iſt der ſele verluſt!
ja nu hat mich der geluſt
noch niht beruret,
der zu der helle furet.
des wil ich got genade ſagen,
daz er mir in minen jungen tagen
wol die witze hat gegeben,
daz ich uf ditz brode leben
achte harte kleine.
ich wil mich alſuſt reine
antworten in gotes gewalt.
ich furchte, und wurde ich alt,
daz mich der werlde ſüzze
gezuckete under die füzze,
als ſie vil manigen hat gezogen,
der zu der helle wirt betrogen.
so wurde ich lichte gote entſait.
den muz ez immer ſin geklait,
daz ich biz morgen leben ſol.
diſe werlt gevellet mir niht wol,
ir gemach iſt michel arbeit,
ir maiſtez liep ein herzenleit,

ir ſüzzes lon ein bitter not,
ir lank leben iſt der gehe tot.
nu enhabe wir niht gewizzes me,
danne heute wol und morgen we
und doch ze jungeſt tot.
muter, daz iſt ein groze not!
nu enſtet geburt und noch daz gut,
ſchone, ſterke, wiſer mut,
nu enfuret tugent und ere6
vor den tot niht mere.
din ungeburt und untugent,
unſer leben und unſer jugent,
daz iſt ein leben und iſt ein ſtoup;
unſer ſtete bibet als ein loup,
wir ſin ein nebel und ein rouch.
er iſt ein verſchaffener gouch,
iz ſi wip oder man,
desder ſich derdes niht verſinnen kan
260v und dirre werlde volgende iſt.
ja iſt uns uber den fulen miſt
der pfellel gebreitet;
ſwen der blik verleitet,
der iſt zu der helle geborn
und enhat anders niht verlorn,
wan die ſele und den lip.
muter, vil ſeliges wip,
gedenket an muterliche treuwe
unde ſenftet iwer reuwe,
die ir habt umme mich,
ſo verſinnet ouch ſinmin vater ſich;
der iſt ein alſo wiſe man,
daz er ſelden vil wol gan.
nu wizzet ir wol, daz ir
ewer vreude mit mir
nicht lenger muget gehan,
ob ich lebendic beſtan
ein wenic lenger bi eu,
zwei jar oder dreu,
so iſt min lieber herre tot;
ſo kume wir in ſo groze not,
daz uns beſwert wirt der mut
und daz ir dan ſo groz gut
mit mir niht muget gegeben,
ichn müzze lichte wirs leben,
daz uch lieber wer·, were ich tot.
nu ſwige wir dirre grozen not,
daz die uns icht werre ſere
und unſ min lieber herre
alſo lange muz leben,
daz ir mich einem manne muget
geben,

der mir ſi rich und wert,
ſo iſt geſchehen, des ir beide gert;
so went ir, mir ſi wol geſchehen.
anders hat mir min mut verjehen:
wirt er mir liep, daz iſt ein not,
wirt er mir leit, daz iſt der tot.
so han ich immer mere leit
und bin mit mancher arbeit
geſcheiden von gemache
unde lebe in ſvlchemnſulcher ſache,
daz mancher vrowen wirret
und ſie an vreuden irret.
nu bin ich uch vil treute,
vil ſeligen leute,
daz keret mir zu gute
und gevart nach minem mute,
setzet mich in den vollen rat,
der da nimmer zergat.
min gert ein richer bouman,
dem ich mines libes gan.
zwar dem ſchult ir mich geben,
ſo iſt wol beſtat min leben.
des pfluk get eben und wol,
ſin hof iſt allez rates vol,
donen muet ros noch die rint,
noch die weinenden kint,
den iſt ze heiz noch ze kalt,
donen wirt der jare nieman alt,
der alt iſt, der wirt junger,
donen iſt weder durſt noch hunger,
done iſt weder haz noch nit,
nicht wan mayen weter zaller zit,
donen iſt keiner ſlahte arbeit,
niht wan groze liebe ane leit.
zu dem wil ich mich ziehenzihenziehen
unde wil den bou vliehen,
den der ſchuer und der hagel ſleht
und der wak abe tweht,
swaz der man ie geranc.
daz jar, daz iſt in ſo lanc,
waz er gearbeiten mac,
daz nimet vil lihte ein halber tak.
den bou, den wil ich lazen,
der ſi von mir verwazen.







ich wil mich halden
und wil er balden
an unſern herren Jeſum Criſt,
des genade alſo ſtete iſt,
261r daz ſie nimmer zergat
und daz er zu mir armen hat
alſo gute minne,
ſo zu einer kuneginne.


wolt ir erwenden mir min heil,
zwar, ich laz uch ein teil
e nach mir weinen.
ich wil mir beſcheinen,
des ich mir ſelber ſchuldic bin.
zwar ich wil hiehieie dar hin,
do ich volle vreude vinde.
ir habet noch mer kinde –
die lazet iwer vreude ſin.
durch got, getroſtet uch min
der kurtzen vriſt und der zeitzitzeit
die alſo ſchire geleitgelitgeleit.
morgen hilfet uns min got
uz von allerſlahte not.
des todes geneſe wir,
unde ich verre baz dan ir.
izn kan mir nieman erwern,
ich enwelle wol ernern
minen herren unde mich.
muter, ich horte dich
klagen unde ſprechen e|,
is tete dinem herzen we,
soldeſt du ob minem grabe ſtan;
du wirdeſt ſin vil wol erlan:
du ſteſt ob minem grabe niht.
dort, do mir der tot geſchiht,
daz enlet dich nieman ſehen.
is ſchol zu Salerne geſchehen.‹


do ſie daz kint ſahen
nach dem tode alſo gahen,
daz is ſo wizzelichen ſprach
und menſchliche recht brach,
sie begonden achten under in,
daz den wiſtum und den ſin
nicht vol brengen kunde
deheine zunge in kindes munde.
sie jahen, daz der heilige geiſt
were der rede volleiſt,
der ouch ſente Niclaus pflac,
do er in ſiner wigen lac
unde in die wiſheit larte,
daz er zu gote karte
sin kintlich gemute.
ſie bedachten ſich in irre gute,
daz ſie niht enwolden
noch weren enſcholden,
daz ſie ſich hatte ane genumen;
ir were der ſinne noch von gote kumen.
vor jamer erkalte in der lip,
daz der meyer und ſin wip
in dem bette ſazen,
alſo, daz ſie vergazen
der zungen und der ſinne,
durch des kindes minne,
an den ſelben ſtunden,
alſo daz ſie enkunden
ein wort niht geſprechen.
die giht begonde brechen
die muter vor leide.
do satzten ſie ſich beide


und dachten, waz in tochte.
nu ir nieman enmohte
erweren irn willen und iren mut,
izn were niht alſo gut,
so daz ſie is ir l gunden,7
wannen ſie enkunden
ir nimmer werden ane baz.
geviengen ſie der rede haz,
daz mohte in an irem herren
gewerren harte ſere,
und gewunnen anders niht da mit.
wan mit williclichem ſit
jahen ſie beide do,
daz ſie der rede weren vro,
und daz is ſie douchte in irem mut
vil getreulichen gut.
261v des vreute ſich die ſchone mait.
do is ein wenic was betait,
do gienc ſie, do ir herre ſlief;
sin gemale im do rief:
lieber herre, ſlafet ir?‹
›nein, gemale, waz wirret dir?
wie biſt du heute alſo fru?‹
ſie ſprach: ›do twinget mich dar zu
daz jamer euwer ſiecheit.‹
›daz weiz ich wol, daz iſt dir leit,
daz haſt du an mir erzeiget wol,
als dir got iz vergelten ſol.
nunen mac ez rat niht geſin.‹
trowen, lieber herre min,
des ſol werden vil gut rat,
ſint iwer dinc alſo ſtat,
daz ich uch gehelfen mac,
ich enſoumes nimmer tac.
ir habet uns alſo geſait,
ob ir hettet eine mait,
die den tot gerne lite,
do geneſet ir mite.
die wil ich ſelber gerne ſin.
iwer leben iſt nutzer den daz min.
got müz iz ſin geklait,
daz ir is ſo lange habt verdait.
wer is mir vor drin jaren kunt,
ir weret nu wol geſunt.‹
do genadet ir der herre
des willen alſo ſere.


er ſprach: ›gemale, ja eniſt der tot
niht ein alſo ſenfte not,
als du dir haſt erdaht.
du haſt mich des wol innen braht:
mochtes du, | du hulfeſt mir.
des genuget mir von dir.


ichn ſol an dich niht gern,
du macht mich, vrowe, niht ernern.
daz du nu geſprochen haſt,
der treuwe, der du an mir begaſt,
der vergelt dir got.
is were der lantleute ſpot,
daz ich mich nach dirre ſtunde
der artztie underwunde
und mich daz niht vervienge,
als is vil lichte ergienge.
du tuſt als die kint,
die gehes gemutes ſint:
swaz in kumet in den mut,
iz ſei ubel oder gut,
dar zu wirt in vil gach
und gerewet ſie dar nach.
gemale, alſo tuſt du:
iz were dir zu mute nu,
der is von dir nemen wolde,
als man iz wol enden ſolde,
so gereuwe ez dich doch.‹
daz ſie ſich noch
bedechte, des bat er.
›din muter und din vater,
die mugen din, vrowe, niht enpern.
ichn wil ires leides niht gern,
daz ſie mir ie genaden taten.
daz ſie dir beide raten,
liebes kint, des volge du.‹
do lachte er nu zu,
wan er ſich wenic des verſach,
daz im ſint da von geſchach.

ir vater und ir muter ie,
die ſprachen beidentſamt hie:
treuwen, lieber herre,
ir habet uns vil ſere
geliebet unde geeret;
izn were niht wol verkeret,
wirn lontens euch mit gute.
unſer tochter iſt des ze mute,
daz ſie den tot durch uch dole.
nu gunne wirs uch wole,
wir haben ſie dar umbe her bracht.
sie enhat ſich kurtze niht bedaht:
262r iz iſt heute der dritte tak,
daz ſie uns alles an lak,
daz wir is ir gunden;
nu hat ſie vr is an uns funden.
got laz uch mit ir geneſen,
wir wollen ir durch uch entweſen.‹
Do nu ſin gemale bot
fur ſinen ſiechtum iren tot,
do er irn rechten ernſt ſach,
do wart michel ungemach,
reuwiclich gebere
unde miſliche ſwere
do begunde ſich heben under in,
zwiſchen dem kinde und den drin.




do begonde ouch der herre
zu denken alſo ſere
an des kindes treuwe.
in begreif ein ſulche reuwe,
daz er ſie drukte an ſine brüſte.
daz er ſie niht enkuſte,
daz liez er durch ſin ſiecheit.
dar nach begreif in ein ſüzez leit,
daz er zwifeln began,

weder im were beſſer gelan od ͛oder getan.





zu jungeſt do bedachte ſich
ir herre, der arme Heinrich,
unde begonde ſagen under in:
groze genade in allen drin
der trewe und des gutes.
die mait wart riches mutes,
do er ir volgte gerne.
ſie bereiten ſich gein Salerne
so ſie aller baldeſt mohten.
daz der meide wol an tohte,
daz was ſchire bereit:
beide pfert unde kleit,
daz ſie nie getruc vor der zit,
hermel unde ſamit,
den beſten zobel, den man vant,
der was der meide gewant.
sie ſchein ſo ſchöne in ſwacher wat,
daz ſie nu gar ze wunſche ſtat.
nu enkonde uch nieman vollen ſagēſagen
ires herzen rewe und ouch ir klagēklagen.
der muter grimmigez leit
und ouch des vater arbeit,


do ſie ir liebes kint von in
furten ſo geſundes hin
in einen ſo gewiſlichen tot,
wan daz in ſenfte diſe not
die reine gotes güte,
da von ouch daz gemüte
dem kleinen kinde bequam,
daz is den tot gerne nam.
iz was uf iren rat bekumen;
hie mite ſo was in benumen
mancher hande ſwere,
wan iz anders wunder were,
daz ir herze niht zebrach.
ze liebe waſ in ungemach,
unde enhatten keiner ſlahte not
umb ires lieben kindes tot.
Suſt fur gegen Salerne
vrolichen vn̄vnd gerne
die mait mit irem herren.
ſie kleite niht ſo ſere,
wan daz der wek ſo lanc was,
daz ſie ſo lange genas.
do er uf daz velt quam vor die ſtat,
got er innenklichen bat,
daz ſin reiſe were bewant,
daz er ein ſo wit lant
hinder im muſte lazen,
des bat er got uf der ſtrazen;
oder mit deheinen uneren
ze lande muſten keren.
des antwort im die ſchone mait,
ſie ſprach: ›herre, iz iſt uch wol geſait,
swer lip hat unde gut,
der ſol ouch haben ſteten mut
262v unde ſol got vor ougen han,
ſo enkan im nimmer miſſegan.
nu tut iz noch, des volget mir:
lat ewer zwifeliche gir!
got gibt uch wider ewern geſunt;
ir gewinnet gutes vollen grunt.‹
Do er ſie do brachte
da hin, do er gedahte,
do er ſinen meiſter vant,
do wart in alzehant
werlichen geſait,
er hette bracht eine mait,
die er in gewinnen hiez;
dar zu er ſie in ſehen liez.
iz douchte in gar unbillich.
er ſprach: ›kint, haſtu dich
diſe rede ſelber an genumen
oder biſtu hie zu bekumen
von dines herren dro?‹
do antworte ſie im do,
daz ſie ſelber die rede
von irem herzen hete.
des nam in michel wunder,
er wiſte ſie beſunder
hin danne alſo ſere
unde vragte, ob ſie ir herre
die rede hete uz erdrot.
er ſprach: ›kint, dir iſt not,
daz du dich bedenkeſt baz.
ich ſage dir rechte, umbe waz:
wie du den tot liden muſt,
ob du daz niht gerne tuſt,
so iſt din junger lip tot
und frumet unſ niht umb ein brot.
nu enhile ich mich dines willen niht!8
ich sage dir, wie dir geſchiht:
ich zihe dich uz, ſo ſteſt du bloz,
ſo iſt din ſchame alſo groz,
die du von ſchulden danne haſt,
wan du nacket vor mir ſtaſt.
ich binde dir bein unde arm;
ſich, ob dich din ſchoner lip erbarm.
ich ſag dir dinen ſmerzen:
ich ſnit dich gegen dem herzen
unde breche iz lebendic von dir.
vreuwelin, nu ſage mir,
wie din wille dar umbe ſte.
izn geſchach nie kinde ſo we,
als dir von mir muz geſchehen.
daz ich iz tun ſol und ſehen,
do habe ich groze ſorge zu.
sich, wie iz dinem libe tu:
gereuwet is dich hares breit,
ſo habe wir alle unſer arbeit
und du dinen lip verlorn .‹
alſo wart ſie teure beſworn,
daz ſie ſich erkente ſtete
oder ſich ſin abe tete.
Des antworte im die ſchone mait,






ſie ſprach: ›ich bin ein lutzel v͛zaitverzait.




einen zwifel ich gewunnen han.
wizzet ir, wie der iſt getan?
ich furchte, daz unſer arbeit
von euwer grozen zagenheit
under wegen belibe.
izn zeme einem wibe,
ir ſit eines haſen genoz!
wie iſt iwer angeſt ſo groz
umb daz ich erſterben ſol.
zwar, ir handelt niht wol
iwer kunſt und iwer meiſterſchaft!
ich bin ein mait und han die kraft,
turret ir mich ſniden,
ich tar is wol erliden!
ir ſagt mir vil von ſolcher not
und wenet des, daz ich den tot
deſter vorchtlicher lide.
do habt ir mir geliebet mite,
und reitzet mich vaſte dar zu.
ich weiz wol, durch wen ich is tu.
263r in des namen iz geſchehen ſol,
der erkennet ſtarken dienſt wol;
er let ſin ungelonet niht.
ich weiz wol, wes got ſelbe giht:
wer ſweren dienſt leiſte,
der lon ſi aller meiſte
Disen grimmiclichen tot
unde diſe engeſtliche not
unde diſe miſliche arbeit,
die ir mir vor habt geſeit,
die hatte ich an uch wol vernumen.
ichn were niht anders her kumen,
wan daz ich mich weſte
an trewen alſo veſte,
daz ich is wol dulde.
mir iſt, bi iwer hulde,
blode vorchte gar benumen
unde ein ſo veſter mut bekumen,
daz ich als engeſtlichen ſtan,
als ich zu einem tantze ſchulle gan.
ich bin mir ſelber alſo holt,
ich gebe min kupfer umbe golt.
wie groz daz min angeſt iſt:
der tot ſich in einer vriſt
an minem lobe vol enden mac;
mich dunket, daz der eine tac
nicht ze teure ſi gegeben
umbe daz ewige leben.






durch got, endet is entzit!
lat ſehen, ob ir ein meiſter ſit.‹






do erfur er, daz ſie were
genuc wandelbere,9
do furt er ſie hin dan
wider zu dem ſiechen man.


er ſprach: ›herre, habet vrolichen mut,
iwer mait, die iſt gut,
ich mache uch ſchiere geſunt.‹
dannen furt er ſie an der ſtunt
in ſin heimlich gemach,
do in nieman geſach.
einen rigel warf er fur die tur,
der arme Heinrich beleip da fur.
er wolde in niht ſehen lan,
wie ir ende were getan.
in der kemenaten,
die er wol beraten
von guter artzdie vant,
do hiez er ſie alzehant
ab zihen daz kleit.
des was ſie vro und gemeit,
e er daz wort vollen ſprach,
iren buſem ſie uf brach
unde reiz die klaider von d ͛der nat.
alſuſt beleip ſie ane wat
vor im ſtende alſo bloz
und enſchemte ſich niht hares blozgroz.10
Do er ſie ſo ſchöne ſach,
in ſinem herzen er do jach,
daz ſulche creature
der werlde were teure.
so ſere erbarmte ſie in,
daz im der mut und der ſin
an ir vil nach was verzait.
do ſach ouch die ſchone mait
einen tiſch bi ir ſtan,
do hiez er ſie uf gan.
der ſprunc was hoch und lanc,
den die mait uf den tiſch ſpranc.
dar uf er ſie vil vaſte bant.
do nam er in ſin hant
ein meſſer, daz da bi lac,
des er zu ſulchen dingen pflac.
daz was ſcharf unde breit,
wan daz is niht ſo wol enſneit,
als im liep were geweſen.
do ſie niht lenger ſolde geneſen,
do erbarmte in ir not,
er wolde ir ſanfte tun den tot.
do lag ouch do bi ein
alſo gut wetzelſtein,
263v do begonde er an ſtrichen
ſo rechte muzlichen.
do er daz ſtrichen erhorte,
ſin vreude gar verſtorte
der arme Heinrich da vur.
er lac uzen bi der tur
und gedacht an des kindes treuwe.
ſie begonde in ſere reuwen
unde erbarmte in alſo ſere,
daz er ſie nimmere mere
lebendic ſcholde ſehen.
er begonde ſuchen und ſpehen,
biz daz er bi im vant
ein hol gen durch die want.
do ſach er ſie an den ſtunden
nacket unde gebunden.








do er ſie ſo ſchone an ſach,
wider ſich ſelben er do ſprach:
du haſt einen alweren gedank,
din ſin iſt leider worden kranc,




daz du ditz ſmehelich leben,
daz dir got hat gegeben,
nicht gedultiklichen treiſt
und du doch niht reht enweiſt,
ob dich des kindes tot ernert.
swaz dir got hat beſchert,
daz laz alles geſchehen.
dunen macht ires todes niht geſehēgeſehen.‹
Die rede liez er alzehant,
er begonde kloppfen an die wātwant
und hiez ſich lazen dar in.
do ſprach der meiſter: ›ichn pin
nu niht muzzic dar zu,
daz ich uch icht uf tu.


beitet, biz daz ditz erge.‹
neina, meiſter, beſprechet mich e|.‹


er gienc und liez in in.
do gienc der arme Heinrich hin,
do er ſie gebunden ſach.
wider den meiſter er do ſprach:
ir ſchult ſie wider uf lan.
daz gut, als ich gedinget han,
daz wil ich uch vil gerne geben.
ir ſult die mait lazen leben!
ir lip, der iſt ſo minnenklich,
weiz got, nu enmag ich
ires todes niht geſehen.
gotes wille muos geſchehen!‹
der ſprach: ›herre, wolt ir d ͛der trewe pflegēpflegen,
daz ir uch d ͛der meide wollet erwegen,
lieber herre, daz tut.
ir wille, der iſt gar gut,
iuch zu büzzen iwer not;
dar umbe müſte ſie ligen tot.‹
Der arme Heinrich do ſprach:
›e| wold ich ditz ungemach
dulden me wan tuſent jar.
ich gewer uch, meiſter, furwar,
daz ir mir niht wizet wan gut.‹
er gewan einen vrolichen mut,
do er die mait ſolde lazen leben.
suſt wart der lip ir gegeben,
daz ſie des todes niht enleit.



die bant der meiſter uf ſneit
unde reichte ir die kleider.
do geſchach nie kinde leider.
Do die mait do geſach,
daz ir daz ſterben niht geſchach,
do was ſie beſweret mite.
ſie brach ire zucht und ire ſite,
zu der bruſt ſie ſich ſluc,
sie hatte leide genuc,
sie roufte und kratzte ſich,
ir geberde was ſo jemerlich,
daz is nieman hette geſehen,
im were ze weinen geſchehen.
vil lute ſie ſchrey:
›owe mir und owey,
daz ich ie wart geborn!
nu han ich alrerſt verlorn
264r die riche himel krone,
die were mir ze lone
heute gegeben umbe die not.
nu alrerſt bin ich tot!
owe genediclicher Criſt,
waz eren uns benumen iſt,
minem herren unde mir!
nu enpirt er und ich enpir
der eren, der uns was gedacht,
ob ditz were volbracht,
so were im der lip geneſen
und ich muſt immer heilic weſen.‹
Wie vil ſie bete umb iren tot,
ir was dar zu vil not,
do nieman nach irem willen tete,
weder durch drou noch durch bete.
do hup ſich ein ſchelden.
ſie ſprach: ›ich muz engelden
mines herren zageheit.
mir han die leute war geſeit,
ouch han ich is ſelber wol geſehen.
ich horte ie die leute jehen,
min herre were biderbe und gut
unde truge veſtes mannes mut.
daz weiz got wol, ſie hant gelogen!
die werlt was ie mit im betrogēbetrogen.
er was alle ſine tage
und iſt noch hiut ein werlt zage,











daz im eines kindes tot
hulfe uz aller ſlahte not,
daz im ane ſunde were
unde ane laſter bere,
des entravt er niht verdulden.
se, herre, von welchen ſchulden
erſchracht ir, do man mich bant?
nu was doch ein veſte want
zwiſchen uch unde mir.
daz weiz got, nu enturret ir
einen vremden tot niht geſehen!
ich wil uch getreulichen jehen,
daz uch nieman niht entut,
izn ſi uch nutze unde gut;
ob ir iz durch iwer treuwe lat,
daz iſt ein alſo ſwacher rat,
des uch got niht danken wil.
der treuwen, der iſt gar ze vil
und mines herzen ſere.
irn durfet nimmer mere
mir noch anders nieman clagen.
ich wil iz uch werlichen ſagen:
verſprechet ir daz artzebuch,
daz weiz got wol, ich enruch,
wie lange uch got den lip quelt,
nu ir mir niht volgen welt.‹




Swaz ſie ſcheltenſ begienc,
der arme Heinrich iz enpfienc
gedulticlichen unde wol,
als ein hubſch ritter ſol,
dem gantzer tugende nie gebraſt.
do der genadeloſer gaſt
sinen artzet hat bereit
unde ſine juncvrowen gekleit,


do vur er heim zelande.
ſwie daz er erkande,
daz er da heime funde,
mit einem gemeinem munde
nicht wan laſter unde ſpot,
daz liez er alles hin ze got.
do hatte ſich ouch die ſchone mait
gar verweinet und verklait
sere biz uf des libes tot.
do erkant ir treuwe und ir not
cordis pectatorspectator,11
do deheines herzen tor
nimmer vor beſlozzen iſt,
der durch ſine ſüze liſt
an ir des geruchte,
daz er ſie verſuchte
alſo rechte volliclichen,
alſo ouch Iob, den richen.






264v do gedacht unſer herre Criſt,
wie liep im treuwe iſt,
unde ſchiet ſie do beide
von allem irem leide




unde machte den herren uf dem wege
von unſers herrengotes pflege
an aller ſlahte zwifel
geſunt an ſinem libe,

daz er alſo wol genas,
als er vor zweintzic jaren was.
Do die zeichen waren geſchehen,
als wir ditz buch horen jehen,
do die warheit ſtet geſchriben,
izn wart niht lenger verſwigen:









izniz wurden lantmere,
daz geneſen were
der gute herre Heinrich.
des vreuweten alle die leute ſich,
iz enneme denne etſwen der nit,
der ſider Adames zit
in der werlde nie gelac
noch geleit biz an den ſunestac.
Sine vrünt, die beſten,
die ſine kraft weſten,12
die riten unde giengen,
do ſie in enpfiengen,
gegen in wol dri tage.
ſie geloubeten anders deheiner ſage,
wanne irre ſelbes ougen.
ſie kuren die gotes tougen
an ſinem ſchonen libe.
dem maier und ſinem wibe,
man enwolde ſie rechtes rouben,
ir ſult irziz wol gelouben,13
daz ſie da heime niht beliben.
die vreude iſt immer ungeſchriben,
die ſie beide hatten,
do ſie got hatte beraten,

daz geſunt waren bede,14
ir tochter und ir herre.





do ſie dar ſcholden gahen,
do ſie ſie muſten enphahen,
der gruoz was under ſniten
mit ſeltſenen ſiten:
mit drivalder vreude groz,
daz daz lachen begoz
der regen von den ougen.
daz iſt ane lougen.




sie kuſten irre tohter munt
michels mer wan driſtunt.
ouch enpfiengen in die ſwaben
mit herlicher gaben.
iz was ein williclicher gruz,
ein ietſlich man des jehen muz,


daz grozer vreude nie wart.
swie es an irem heimvart
furbaz ergienge
oder wie ſie in enpfiengeenpfiengen,15
waz mag ich da von geſprechen me?
er wart richer vil dan e|
des gutes und der eren.
daz begonde er alles keren
williclichen hin ze got
unde leiſte gerne me ſin gebot,
baz danne er e| tete.
des beliben ſie in irre ſtete,
der mayer und die maierin.
die hatten wol umb in
verdienet ere unde gut.
er hatte nie ſo ſwachen mut,
izn were rechte wol bewart:
zu eigen gabe er in alzehant
die erde unde die leute,
daz breite gereute,
do er ſiecher ufe lac.
siner genaden er do pflac


als einer vrowen unde baz;
daz recht gebot im daz,
ouch ſin tugenthafter mut.
er was getreuwe unde gut.
265r do begonden im die wiſen
raten unde priſen
umbe eliche vriat.
ungeſament was der rat.
er ſait in allen ſinen mut,
er ſprach, duncket iz ſie gut,
er wolde ſich beſenden
und die rede volenden.




wie ſchire er da gewan
vreunt, mage, dienſtman,
und tet iz in allentſamt kunt.
do ſprach ein gemeiner munt,
iz were gut unde zit.
do hub ſich ein michel ſtrit
zwiſſchen dem rate under in:
der eine reit her, · der ander hin,
als die leute taten,
do man ſolde raten.


ir rat, der was wiſlichmiſlich.
do ſprach der herre Heinrich:
nu iſt uch allen wol kunt,
daz ich was in kurtzer ſtunt
harte ungeneme
und der werlde wider zeme.
nu han ich einen geſunden lip,
nu ſcheuwet mich weder man noch wip,
von unſers herren gebot.
nu ratet mir alle durch got,
von dem ich die genade han,
die got zu mir hat getan,

wie ich iz verſchulde wider in.‹
sie ſprachen: ›nemet üch einen ſin,
daz uch lip unde gut,
dar zu iwer ſteter mut,
immer undertan ſi.‹
sin gemale ſtunt da bi,
die er vil lieplich an ſach.
er umbevienc ſie unde ſprach:
nu iſt uch allen wol geſait,
daz ich von dirre ſchonen mait
minen lip geſunden han,
die ir vor uch hie ſehet ſtan.
nu iſt ſie vri als ich da bin.
nu retet mir aller min ſin,
daz ich ſie zu einer vrowen neme.
got gebe, daz iz uch wol gezeme.

mag aber des niht ergan,
ſo ſchult ir merken ſunder wan,
so wil ich bliben ane wip,
wan ich han ere und lip
nicht wan von iren ſchulden.
durch unſers herren hulden
so bit ich uch alle,
daz iz uch wol gevalle.‹


daz dauchte ſie ein füge.
do was pfaffen genuge,
die gaben ſie im zu einer elichen
köne.


nach werltlicher wöne
wolden ſie beide niht.
zweier engel zuverſicht
schein an in beiden,
do ſie ſich muſten ſcheiden.
er hette ſie wol beſlafen
nach werltlichem ſchafen;
vor gote er ſich ez getroſtergetroſte,16
er tet ſich in ein kleiſterkloſter
und bevalch ſich der vrien
gotes muter ſente Marien
da bi in einem tume.
wie moht er immer baz getun!
do verdienten ſie beide geliche
daz vrone himelriche.
daz lon muz uns allen
ze jungeſt gevallen,
daz ſie da genamen.
des helfe uns got, amen,
durch ſiner marter ere!
nu eniſt der rede niht mere.

1Man beachte den Wechsel der Verbalpräfixe in den beiden Reimwörtern. Ba: zoch : gevloch, Bb: gezoch : vloch
2Die Hs. hat im, doch der Bezug auf Heinrich ergibt hier keinen Sinn; hier hat Ba die richtige Lesart: ir riet
3Das lose e der Handschrift ist offenbar ein falscher Wortansatz, daher streichen wir es. Tilgungsmarkierungen fehlen generell in dieser Handschrift
4Obschon A herren mut hat und in den folgenden Versen tatsächlich vom Herren die Rede ist, passt herzen mvt ebenso gut und den Schreiber von Bb, der es in Ba so las, hat es auch nicht gestört
5Bb scheint das in von Ba in ein vnſ geändert zu haben. Doch das ergibt keinen Sinn. Wir meinen, dass der Schreiber beim Hinzufügen des vnſ das in vergessen hat, und tragen es nach
6Seltener Fall einer Variante von Bb gegenüber Ba. enfvret, wohl zu swV vuoren gehörend, bedeutet ‘unterhalten, nähren, speisen’, hier natürlich im übertragenen Sinne
7Wieder steht in der Handschrift ein Ansatz zu einem falschem Buchstaben, ein Tilgungszeichen fehlt
8Wahrscheinlich hat der Schreiber versehentlich ich geschrieben, dann das mich nachgetragen und den Rest, wie bei ihm üblich, ungetilgt stehengelassen
9wandelbere ist in den Editionen immer in unwandelbaere emendiert worden; wie uns scheint, unnötigerweise: genvc wandelbere ist das Mädchen in dem Sinne, dass sie die natürliche Neigung zum Erhalt des Lebens gewandelt hat; in diesem Sinne könnte die Lesung von B sogar als lectio difficilior gedeutet werden
10Der Schreiber hat hier das Reimwort der Vorverses wiederholt. Da das keinen Sinn ergibt, haben wir nach Ba korrigiert
11Die übliche Lesung dieses Wortes als peccator scheint uns nicht richtig; wir lesen in beiden Handschriften pectator und schließen auf ein ausgelassenes s am Wortanfang
12Möglicherweise hat der Schreiber in seiner Vorlage kvnſt gelesen, anstatt kvnft, und aus welchen Gründen auch immer daraus kraft gemacht
13Offenbar hat der Schreiber das Tilgungszeichen über dem r in seiner Vorlage nicht erkannt
14Der Vers entspricht A 1410 (Gärtner 1409), wurde aber mit höchst forciertem Reimwort an diese Stelle gelegt
15Zu den reimbedingten endungslosen Infinitva vgl. V. 8, 110, 643, 686
16Die (beinahe parodistisch klingende) reimbedingte Endung auf -r ist grammatisch nicht haltbar