Die StundeDie Stunde, 29.4.1925War Karl Kraus ein schönes Kind? [28.7.1925]Die Stunde, 28.7.1925


An das
Strafbezirksgericht IWIEN.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. HintereZollamtsstrasse 3
durch:
Vollmacht ausgewiesen zu U I 109/25


Beschuldigter: Robert Klebinder, verantwortlicher Schriftleiter
der „StundeWien I. Wipplingerstrasse 32
wegen § 24 Abs. 6 P.G. 1 fach


Privatanklage:


Mit Urteil dieses Gerichtes vom 25. April 1925 U I
109/25/2 wurde zu Recht erklärt, dass der verantwortliche
Schriftleiter der „Stunde“ Dr. Fritz Kaufmann verpflichtet
sei, meine Berichtigung vom 11. März 1925 in der nächsten oder
zweitnächsten Nummer der „Stunde“ nach Verkündigung des Ur
teiles auf die im Pressgesetze vorgeschriebene Weise zu ver
öffentlichen, widrigenfalls die genannte Zeitung nicht mehr
erscheinen dürfe.


In der Nr. 642 der „Stunde“ vom 29.IV.25 und in der
Nr. 714 vom 28. Juli 1925 erschien zwar eine Berichtigung, jedoch
nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise. In der ersten Berichtigung
waren beide Bilder verkleinert und ausserdem an beiden Bildern
Retouchen vorgenommen worden, in der zweiten Berichtigung das
berichtigende Bild verkleinert und an demselben Retouchen
vorgenommen worden.
BEWEIS: Die Nr. 642 und 714 der Zeitung „Die Stunde
welche ich bei der mündlichen Hauptverhand
lung vorlegen werde.


Der Beschuldigte war in der Zeit vom 22. August 1925
bis 15. September 1925 in den Nummer 735 bis 755 verantwort
licher Schriftleiter der „Stunde“.


Nach § 44 P.G. ist die Verpflichtung zur Veröffent
lichung bis zur Erfüllung auch auf ihn übergegangen.


Das Erscheinen jeder Nummer der Zeitung war daher
eine Uebertretung, der Beschuldigte verantwortlicher Redakteur
bei 21 Nummern der „Stunde“ und hat daher 21 mal die Uebertre
tung nach § 24 Abs. 6 P.G. begangen.


Ich beantrage
1.) gegen den Beschuldigten eine Hauptverhandlung an
zuberaumen,
2.) denselben wegen der 21 Uebertretungen des § 24,
Abs. 6 P.G. zu bestrafen.
3.) gemäss § 5 P.G. die Haftung der Herausgeber und Eigen
tümer der „Stunde“ für die Geldstrafe und die Kosten des
Strafverfahrens zur ungeteilten Hand auszusprechen.


Ich beantrage aus Zweckmässigkeitsgründen die Aus
schreibung der Verhandlung erst nach Beendigung des Pro
zesses gegen Ernst Ely G.Zl. U I 213/25 vorzunehmen.


Karl Kraus.


1