Die StundeDie Stunde, 23.1.1926


U I 286/25


An das
Strafbezirksgericht I.Wien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. Hintere Zollamtsstrasse 3
durch:


Beschuldigte: 1.) Anton Kuh, Schriftsteller, Wien III. Hotel Beatrix,Beatrixgasse 1
2.) Dr. Fritz Kaufmann, Schriftleiter der „StundeWienVIII. Piaristengasse 56
wegen Uebertretung des 496 St.G. 1 fach
begangen durch die Presse


Antrag auf Ergänzung, resp. Richtigstellung des Verhandlungsprotokolles.


Ich beantrage die Ergänzung resp. die Richtigstel
lung des Protokolls der Hauptverhandlung von 21. Jänner 1926
in folgenden Punkten:


1.) Der Ausspruch des Beschuldigten Anton Kuh
auf den mein Anwalt die Anklage ausgedehnt hat, lautet:
„Ich bedaure nämlich, durch den Umstand, dass
Karl Kraus den Ausdruck ‚Vortragsaffe‘ als
Schmähung und nicht als Ehrenbeleidigung
qualifiziert hat, mir sonach nicht die Mög
lichkeit geboten hat, den Wahrheitsbeweis
darüber zu führen, ob er in der Tat ein
‚Vortragsaffe‘ ist, bestreiten zu müssen,
dass ich ihn gemeint habe.“


2.) Ferner hat der Beschuldigte Anton Kuh
angegeben:
„Ich habe es aber faktisch auf seine Funkti
onen als Vortragender angewandt. Ich habe
Herrn Kraus zwar nie vortragen gehört, aber
ich wollte damit unter anderem nur ausdrücken,
was mir davon rapportiert wurde, also die
spezielle Art des Krausschen Vortrags als
affenähnlich bezeichnen: seine Stimmkopien,
die Heissgierigkeit, mit der er sich in die
Vorträge hineinstürzt, das Sich-rufen-lassen,
seine Art, nach jedem Vortragsstück zehnmal
hintereinander rasch aufs Podium zu hüpfen
und sich Ovationen einzukassieren, kurz die
Akrobatik des Genusses, mit der er den Bei
fall entgegennimmt.“


Beweis: Der Bericht der „Stunde“ in der Nr. vom 23.I.1926Nr. 861 des 4. Jahrganges.


Karl Kraus.
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