U I 237/26
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IM NAMEN
DER REPUBLIK!
Der Beschuldigte Dr. Fritz Kaufmann,
16.VIII.1896
geb., verh.,
verantw. Schriftleiter der „Stunde“, ist
schuldig,
obwohl er über
Anklage des Privat-Ankläger Karl Kraus
mit Urteils des Strafbezirksgerichtes I in
Wien vom 27. April
1926, G.Z. U I 286/25/17,
gemäss § 43 Press-Ges. zur Veröffent
lichung dieses
Urteiles in der ersten oder zweiten Nummer der
„Stunde“, welche nach
Rechtskraft dieses Urteiles erscheinen
werde, in der im § 23 Press-Ges. vorgeschriebenen Weise ver
pflichtet war,
widrigenfalls die genannte Zeitung
nicht mehr
erscheinen durfte,
welches Urteil mit Urteil des Landesgerichtesin Strafsachen Wien
I als Berufungsgericht vom 30. August 1926,
G.Z. U I 286/25/23,
bestätigt wurde, trotzdem die Nummern 1032
bis 1061 der Zeitung „die Stunde“ erscheinen lassen,
ohne
dass in der ersten
oder zweiten Nummer der „Stunde“
nach
Rechtskraft des
Urteiles die Verpflichtung zur Veröffentlichung
erfüllt worden wäre.
Er hat hiedurch in dreissig
Fällen die Übertretungen nach
§ 24, Abs. 6 Press-Ges. begangen und wird nach dieser Gesetzes
stelle unter
Anwendung des § 267 St.Ges. zu einer Geldstrafe in
der Höhe von
S.
60.– (Schilling Sechzig) im Nichteinbringungs
falle zu
einer Arreststrafe in der Dauer von
drei Tagen
und gemäss § 389 St.P.O. zum Ersatze der Kosten des Straf
verfahrens
verurteilt.
Wien, am 1/10. 1926
[Unterschrift]
Gründe :
Durch die Feststellungen aus
dem hg. Akte U 286/25
erscheint in Übereinstimmung mit dem Geständnis des Beschuldigten
die Verpflichtung des Dr.
Fritz Kaufmann als verantw. Schrift
leiter der
Zeitung „Die Stunde“ zur
Veröffentlichung des Urteiles
O. No 17 des vorcitierten
Aktes nachgewiesen. Durch das mit der
Privatanklage im Einklang
stehende Geständnis das Beschuldigten
ist erwiesen, dass er in den
Nummern 10-30 und 1031 der „Stunde“
dieser
Veröffentlichungspflicht nicht nachgekommen ist. Trotz
dem sind – wie
auf Grund der gleichen Beweisquellen feststeht
die Nummern 1032
bis 1061 erschienen. Die Verantwortung des Besch.
er habe nicht böswillig,
sondern nur aus Vergesslichkeit die
Veröffentlichung
unterlassen, ist nicht geeignet, ihn zu exculpieren,
da zum Tatbestand der
Übertretung nach dem § 24/5 Press-Ges. der
böse Vorsatz nicht gefordert wird. Seine weitere Verantwortung,
es könne seine Strafbarkeit
deshalb nicht gegegen sein, weil er
gemäss § 43 Press-Ges. unter Umständen urteilsmäßig auch zur
Veröffentlichung in einer
anderen (fremden) Zeitung, auf deren
Erscheinen oder
Nichterscheinen ihm kein Einfluss zustehe, hätte
verhalten worden sein
können, ist hinfällig, weil gemäss § 43,Abs. 1
Press-Ges. die Strafsanktion des § 24, Abs. 6 Press-Ges.
eben nur auf den Fall der
Veröffentlichungspflicht in der be
treffenden
(„eigenen“) Zeitung Anwendung findet. Durch das
verbotswidrige Erscheinen
der Nummern 1032 bis 1061 der „Stunde“
hat daher
der Beschuldigte
dreissigmal die Uebertretung nach § 24,Abs. 6
Press-Ges. begangen.
Bei der Strafbestimmung
wurde aber trotz dos Wortlautes
des § 5 Press-Ges. auf § 267 St. Ges. Bedacht genommen und auf
eine einzige Kumulativstrafe
erkannt, weil nach der Entscheidung
das Obersten Gerichtshofes vom 5. Jänner 1925, Os IV 472/24, SSt.
V/1
die Anwendbarkeit des
§ 5 Press-Ges. nur dann gegeben erscheint,
wenn es sich um zwei oder
mehrere voneinander verschiedene
Übertretungen des Press-Ges.
handelt, – Bei der Strafbemessung war
mildernd das Geständnis und
der glaubhafte Mangel des bösen Vor
satzes, erschwerend:
Vorstrafen.
Der Richter Wien am 21. IX 1926 Der Schriftführer
Dr. Fryda mp 2. Okt. 1926 Dr.
Heublum mp