Vr XXVI 7288/25
An das
Landesgericht in Strafsachen IWIEN.
Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller in
Wien III. Hintere Zollamtsstrasse No. 3
durch:
Beschuldigter: Dr. Fritz Kaufmann, verantwortli
cher Schriftleiter der „Stunde“ in WienVIII. Piaristengasse 56
1 fach
2 Beilagen in
Abschrift.
Antrag auf Abtretung des Aktes
an das Strafbezirksgericht I
und Antragstellung auf
Bestrafung des Beschuldigten gemäss
§ 30 P.G. ferner Vorlage des Aktes an die Staatsanwaltschaft
in Wien wegen eventuellen Einschreitens nach demselben §.
Da die Ergebnisse der
Voruntersuchung vor
läufig keine Möglichkeit bitten, gegen einen bestimmten
Täter wegen Vergehens der
Ehrenbeleidigung vorzugehen, be
antrage ich
1. die Abtretung des Aktes
an das Strafbezirksgericht I
2. Ausschreibung einer
Verhandlung gegen den Beschul
digten Dr. Fritz Kaufmann
wegen § 30 P.O.
3. Bestrafung des Beschuldigten,
4.
Veröffentlichung des Urteiles.
5. Verfall
Wie aus den beiden in Abschrift
vorgelegten
Briefen des Dr.
Miksa Rosenberg
in Budapest VII. Rakocziut 70 hervorgeht, ist
weder gegen einen Dr. Miksa Rosenberg
noch sonst gegen einen anderen
Anwalt wegen des Versuches
der
Beamtenbestechung zum Zwecke der Aktenbeschaffung ein
Verfahren anhängig gemacht
worden. Es ergibt sich sohin,
dass die in den beiden inkriminierten Zeitungsartikeln ge
machten Behauptungen nicht nur
falsch, sondern auch erdich
tet waren, ferner waren diese
nicht nur geeignet sondern
haben
auch tatsächlich dazu geführt, mich der Gefahr einer
behördlichen Untersuchung
auszusetzen, da ich von der Polizeidirektion Wien wegen
dieser beiden Artikel eine Vorla
dung erhalten habe. Der Inhalt
des 1. Artikels stellt daher
nicht nur den Tatbestand einer
Ehrenbeleidigung, sondern
auch
den einer Verleumdung dar und ich beantrage weiters,
den Akt dem Pressestaatsanwalt
vorzulegen, damit dieser die
Anklage gegen den verantwortlichen Schriftleiter der „Stunde“
Dr. Fritz
Kaufmann wegen § 30 P.O. gleichfalls erhebt, da
bei dem Umstande, dass der
objektive Tatbestand eines Ver
brechens vorliegt, gemäss dieser Gesetzesstelle ein anderer
Strafsatz in Anwendung zu bringen
wäre.