G.Zl. U I 224/26
An das
Strafbezirksgericht I
in Wien.
Privatankläger: Karl Kraus,
durch:
Beschuldigter: Dr. Fritz Kaufmann,
wegen § 30 P.G.
1 fach
2 Beilagen
Antrag auf Ablehnung des
verhandelnden Richters.
Ich lehne den Richter Hofrat
Christoph Höflmayr, der
die auf den 21.Oktober vor
dem Strafbezirksgericht I angesetz
te Verhandlung
gegen den verantwortlichen Redakteur der „Stunde“ wegen Uebertretung nach § 30 P.G. leiten soll, wegen Befan
genheit ab und
ersuche, einen anderen Richter mit der Durch
führung dieser
Verhandlung zu betrauen. Ich begründe diese Ab
lehnung und
dieses Ersuchen durch den Hinweis auf die Argu
mente, die ich in
der beigelegten Schrift „
Die
Stunde des Todes“ („Die Fackel“ Nr.
732–34, August 1926, S. 50 und 51)
aus
geführt
habe. Ich habe dort die enormen Schwierigkeiten dar
gestellt, die der
unerlässliche juristische Kleinkampf inner
halb jener
Polemik gegen das Uebel der „Stunde“ mit
sich ge
bracht
hat, innerhalb des grossen Kampfes, der nunmehr durch
die Verhaftung der
Erpresser, die Vertreibung ihres Auftraggebers
und die Bändigung der Infamie zu einem siegreichen
Abschluss geführt erscheint.
Dieser unerlässliche juristische
Kleinkampf bezog sich auf
die vielfachen Gesetzesübertretun
gen der „Stunde“, die in Gestalt der bekannten
Vernachlässi
gung der Obsorge wie wegen Nichtaufnahme einer Berichtigung
vor das Bezirksgericht kamen, vor allem aber auf
jenen schänd
lichen Bilderunfug, den man infolge der Ausflucht der vor
Gericht leugnenden und
hinterher mit der Tat renommierenden
Täter wieder bloss an dem
verantwortlichen Redakteur fassen
konnte. Diese Prozesse sind
vor dem Strafbezirksgericht I ent
weder schon zur
Austragung gelangt oder dortselbst noch anhängig.
In den Fällen nun, wo die
Entscheidung in den Händen des Rich
ters Hofrat Höflmayr gelegen war, hat er durch seine
Haltung
bis zum Urteil
unverkennbar zu verstehen gegeben – wofür Zu
hörer der
Verhandlung als Zeugen namhaft gemacht werden kön
nen –, zu welcher
Partei hin sich seine Sympathien zuneigten.
Er hat – so absurd
angesichts der Gemeinverständlichkeit
des Uebels auch nur der
Gedanke an eine Voreingenommenheit
zu dessen Gunsten berühren
musste – unverkennbar dargetan,
dass er diese Klagen als
Querelen, diese Prozesse nicht als
den kärglichsten Ausdruck
der Notwehr gegen eine Kulturpest,
nicht als Verdienst in einer
wahrhaft patriotischen Aktion
zur Befreiung Wiens, sondern einfach als
Behelligung der Justiz
empfand. Er hat dies nicht nur durch seine Haltung während
der Verhandlung dargetan:
durch völlige Indulgenz gegenüber
den in der Verhandlung
fortgesetzten bübischen Attaken, durch
eine Art sichtlich
schonungsvoller Vermahnung, die eher ein
Gewährenlassen des Angriffes
bei gelindem Tadel der Form zu
bekunden schien und die im Bericht des Revolverblattes als
richterliche Zustimmung verzeichnet werden konnte, ohne dass
sich der Richter zu einer amtlichen Richtigstellung bewogen
gefühlt hätte. Dieser
Haltung entsprach auch ganz und gar
das Urteil, das innerhalb
der leider so dürftigen Sanktionen
des Pressgesetzes oft noch
unter das Minimum einer Strafbe
messung
hinabging, deren Maximum doch als die mässige Remedur
für die Verleugnung der Tat
und für den Mutwillen der Vertei
digung erschienen
wäre. In einem Falle, wo der beeidete Sach
verständige die dolose Entstellung von urteilsmässig zu ver
öffentlichenden
Photographien klipp und klar bestätigt und
die windigen Ausreden auf
Zufälle des Rotationsdrucks glatt
zurückgewiesen hatte, ging
Herr Hofrat Höflmayr unter das ge
setzliche Minimum
auf eine Strafe von sage 3 Schilling her
unter, wofür er
„als erschwerend nichts“, „als mildernd das
Geständnis“ annahm, wiewohl das diametrale Gegenteil eines
solchen vorlag und als
erschwerend alles anzurechnen gewesen
wäre. Denn „gestanden“ hatte
der Angeklagte
lediglich, was nicht
zu leugnen war, weil es der
Augenschein ergab: dass die Bil
der entstellt
erschienen waren. Nicht gestanden, ja geleugnet
hat er, dass die Entstellung
planmässig herbeigeführt war.
Somit hat Herr Hofrat Höflmayr in diesem Falle
eine Ableug
nung
als Geständnis gewertet. Dass diese Verhandlungen den
Eindruck machten,als wäre
die Justiz den Schlichen und Finten
des Presswesens wehrlos
ausgeliefert und der Spielball einer
neuen Spezies, für die keine
der vorhandenen Normen zulangt:
das mag auf die richterliche
Individualität zurückzuführen
sein und auf die oft bemerkte Fremdheit, mit der dieser Richter einem grossstädtischen und mit allen Schikanen
arbeitenden
Gewerbe
gegenübersteht und die ihm menschlich gewiss nicht
zum Tadel gereichen soll.
Dass er aber auch – so unvorstell
bar diese
Erscheinung ist – von einer sichtlichen Befangenheit
in allem geleitet war, was
die Leute der „Stunde“ betraf, ist
keinem Zuhörer der
Verhandlungen verborgen geblieben. Diese
Erscheinung musste umsomehr
auffallen und umso sonderbarer
berühren, als damals die Haltung des ganzen offiziellen Wien
zwar von der Furcht vor der
„Stunde“ und deren unberechen
barer
Schurkenhaftigkeit bestimmt wurde, aber diese Empfin
dung doch
keineswegs mit Sympathie gepaart war, sondern im
Gegenteil mit unverkennbarer
Verachtung. Man hätte sich in
jener Zeit eher nicht gewundert, wenn einem Richter bei aller
Neutralität, die ihm sein
Amt zur Pflicht macht, die Geduld
gerissen wäre, und
vermutlich hätte ein Mann wie der einstige
Vorstand des Strafbezirksgerichtes I
Hofrat Heidt dem mensch
lichen und
moralischen Antrieb nicht widerstanden, angesichts
des in die Verhandlung
fortgesetzten Treibens, in Führung und
Urteil auch der Empörung
einer ganzen Stadt gerecht zu werden.
Der Richter Hofrat Höflmayr hat nie verborgen, dass er im
Gegenteil eben die
Journalistik als öffentliche Meinung ernst
nahm, von der kürzlich,
wenngleich spät genug, ein bürgerliches
Blatt wie die Neue freie Presse schreiben konnte, sie
sei
„die infamste
Publizistik, die zu irgend einer Zeit und in
irgend einem Lande
jemals am Werke war“. Der Richter HofratHöflmayr
hat nicht erkannt, welches System da vor seinen
Richterstuhl gestellt war,
dessen Vertreter zwar ihre Taten, so
lange sie ihnen
nicht verjährt schienen, in Abrede stellten,
welches aber durch das
nachträgliche und stolze Bekenntnis
eines solchen treffend
charakterisiert erscheint, er sei „der
Generalissimus der
Rotzbüberei“ gewesen. In keinem der Fälle,
wo eben diese vor ihrem
Richter stand, hat er sich für befangen
erklärt, wohl aber zuweilen
für unzuständig und auf eine Art,
dass der Abbruch der
Verhandlung dem Sensationsgeschäft in
heilloser Art Vorschub
geleistet hat, bis das Landesgericht
zum Rechten sah und die
Rückleitung an das Bezirksgericht
anordnete. Hofrat Höflmayr hat, da seine Instanz fast ausschliess
lich mit den
Angelegenheiten des verantwortlichen Redakteurs
der „Stunde“ zu tun hatte – denn ausser den meinigen liefen und
laufen ja noch zahllose
andere, auf alle mögliche Weise ver
schleppte
Pressprozesse gegen dieses Blatt –, eines
Tages den
Beschluss gefasst,
diese divergentesten Fälle samt und sonders
an einen laufenden
Schwurgerichtsprozess anzuschliessen. Wiewohl
nun die Ratskammer diesem
Schritt entgegentrat, hat er bei einer
neuen Gelegenheit ihn
wiederholt, der bis zur Wiederholung der
Zurückweisung nichts
bewirken kann als den Aufschub des Urteils
spruches über den
verantwortlichen Redakteur der „Stunde“.
Ich
glaube nicht, dass
angesichts der unmissverständlichen Meinung
des Landesgerichtes und des klaren Wortlautes des § 57 StPO.
spezielle juristische
Bedenken des Herrn Hofrats Höflmayr
hier in Erscheinung traten,
sondern vielmehr die prinzipielle
Abneigung, Richter in so
vielen Prozessen gegen die „Stunde“
zu sein, was ihm eben, aus
welchem Grunde immer, lästig ist. Aus
nahmsweise hat er
sich freilich in jenen Fällen, wo die Staatsanwaltschaft nach § 26 wegen Nichtkenntlichmachung bezahlter
redaktioneller
Einschaltungen anklagte, für kompetent erklärt,
hier einen Anschluss an das
Verfahren beim Landesgerichte
nicht verfügt und jedesmal
den verantwortlichen Redakteur der
„Stunde“ freigesprochen. Wesentlich anders wieder verhielt
sich
Herr Hofrat Höflmayr in einem andern Offizialfall,
nämlich
gegen den
verantwortlichen Redakteur der „Roten Fahne“. Die
sem hat er wegen
Vernachlässigung der pflichtgemässen Obsorge
8 Tage Arrest gegeben, nicht
ohne auch während der Verhandlung
gegenüber dem Angeklagten
einen Ton privater Ironie anzu
schlagen, die bei Verlesung des inkriminierten Artikels in
Randbemerkungen wie „Sehr
geistreich!“ zum Ausdruck kam. Der
Umstand, dass hier ein
Offizialdelikt vorlag, war bei der
Strafbemessung gewiss mit
Recht erschwerend, wenngleich für
Hofrat Höflmayr nicht bestimmend, der in einem Fall,
welcher
die Beleidigung
der Regierung und öffentlicher Körperschaften
betraf, einem anderen
verantwortlichen Redakteur die wohldo
sierte Strafe von
9 Schilling zuerkannt hat. Ganz gewiss ist
es aber nie vorgekommen,
dass er bei Verlesung von inkriminier
ten Artikeln der
„Stunde“, die doch das Aeusserste an
Unflätig
keit
enthielten, wie in jenem Fall der „Roten
Fahne“ Stellen,
die
ihm wider das persönliche Gefühl gingen, ausgelassen oder
mit geringschätzigen
Randbemerkungen versehen hätte.
Ob Herr Hofrat Höflmayr überhaupt die notwendige press
richterliche
Energie für eine so grosse Stadt mit so ver
wilderten
Presssitten vorstellt, hat in diesem Antrag nicht
erörtert zu werden. Dass er
in Verhandlungen gegen den ver
antwortlichen Redakteur der „Stunde“ nicht als der geeignete
Richter erscheint, obwohl er
sich bisher zwar für inkompetent,
aber noch nicht für befangen
erklärt hat, ist nicht nur mein,
einer Prozesspartei,
Eindruck, sondern der Eindruck aller, die
den Verhandlungen und nicht
bloss meinen Verhandlungen beige
wohnt haben. Dies
habe ich in der beigelegten Schrift auf
eine
Art zum Ausdruck
gebracht, die an Deutlichkeit nichts zu wün
schen übrig
lässt. Der Schlusssatz des Passus, der sich auf die
Rechtsprechung des Hofrats Höflmayr bezieht, spricht die Hoff
nung aus, „dass er nach dieser Klarlegung, für
noch ausstehende
Urteile
seine Befangenheit erkennen wird“. Herr Hofrat Höflmayr
hat diese Hoffnung bisher
nicht erfüllt, sondern abermals die
Leitung eines Prozesses
gegen die „Stunde“ übernommen. Wäre
aber selbst alles, was in
jener Schrift gesagt ist, unrichtig
und auf meine Befangenheit
gegen den Richter zurückzuführen,
so müsste doch die
Veröffentlichung den behaupteten Zustand
seiner Befangenheit
herstellen. Es ist schlechterdings undenkbar,
dass, wenn Herr Hofrat Höflmayr selbst den ausgesprochenen
Wil
len hätte,
dem verantwortlichen Redakteur der „Stunde“ mit dem
juristischen und moralischen
Mass, das ihm ehrlich angepasst
scheint, zuzumessen, er dem
Sprecher jener Worte gegenüber weiter
hin unbefangen
sein sollte. Es ist aber auch schlechterdings
undenkbar, dass er nicht
selbst die menschliche Unmöglichkeit
erkennt, nach einer solchen
Auseinandersetzung und vollends nach
diesem Antrag noch
unbefangen zu richten, und nicht die gesell
schaftliche
Unmöglichkeit, noch richten zu wollen. Der auf den
21. Oktober angesetzte
Prozess betrifft einen Fall, der wie kein
vorhergegangener den
moralischen Abgrund dieser „Stunden“-Welt
demonstriert, vollends dadurch, dass die ungeheuerliche Beschul-
digung – meines Versuchs der
Beamtenbestechung – von der
„Stunde“ wider besseres Wissen und
mit vollkommener Plan
haftigkeit aufgestellt, wieder nur auf eine Vernachlässigung
der Obsorge hinausläuft, die
niemals weniger vernachlässigt
wurde, und dies nach allen Listen und Hilfen einer Ver
schleppung durch
ein volles Jahr. Der Richter Hofrat Höflmayr
hat gegenüber der
offenkundigen Verlogenheit einen „Wahr
heitsbeweis“
gegen mich fast angeregt, und in einer Sache,
deren Untersuchung
schliesslich ergeben hat, dass die mir
vorgeworfene Tat eben den
Kreisen zur Last fällt, die den
Vorwurf in der Absicht der
Verdunkelung, der Sensation wie
aus purer Lust an der
Büberei gegen mich erhoben hatten. Ich
hege die Befürchtung, dass
diese Schandtat, die selbst in der
Geschichte der
Revolverjournalistik einzig dasteht und deren
Brandmarkung im Gerichtssaal
die Erkenntnis der Sphäre we
sentlich fördern könnte, wieder mit ein paar Schilling davon
kommen werde, ohne dass der
Oeffentlichkeit von den Ergebnis
sen des
Beweisverfahrens die erwünschte Kenntnis in der Ver
handlung selbst
zuteil wird. Ja ich muss befürchten, dass nicht
einmal dieses Resultat
erzielt wird, sondern dass Herr HofratHöflmayr dem zu
erwartenden Antrag der Verteidigung auf An
schluss an jenes
Schwurgerichtsverfahren stattgibt und so
bis zur sicheren Abweisung
durch die Ratskammer eine neuer
liche
Verschleppung herbeigeführt wird. Ich stelle den Antrag,
den Richter, dessen bisheriges, durch meinen ganzen Kampf hin
durch
beobachtetes Verhalten solche Befürchtungen zulässt,
von der Funktion in dieser
Sache zu entheben. Ich stelle den
Antrag, sie einem Richter zu
übertragen, vor den ich als An
kläger nicht mit der unmöglichen Empfindung treten muss, ihn
durch die Anklage zu
verstimmen, sondern in dem Bewusstsein,
dass in der Verfolgung eines
sittlichen Zieles die Justiz
eine Hilfe ist und kein Hindernis. Sollte sich durch einen so
natürlichen Wunsch und durch
den Antrag, der sich auf ihn
gründet, der Richter Herr Höflmayr zwar nicht
in seiner rich
terlichen Unbefangenheit, aber wider Erwarten in seiner per
sönlichen Ehre
berührt fühlen, der nahezutreten der wahrhaften
Darstellung einer leider
vorhandenen Tatsächlichkeit fernliegt,
so erwarte ich die Erhebung
der Anklage, um vor der Oeffent
lichkeit zu
beweisen, dass die Annahme seiner Befangenheit
begründet war. Ich werde zu
diesem Zweck, mit dessen Erfüllung
ich durchaus in der Linie
meines Kampfes gegen die Entartung
des Presswesens bleibe, alle
erforderlichen Beweismittel bei
bringen: die
Protokolle der Verhandlungen, die Urteile, die Be
richte des
Blattes, dessen verantwortlicher Redakteur der Angeklagte
ist, die Aussagen von Zeugen über die sichtbare Haltung
des Richters und von solchen, denen Aeusserungen seiner sym
pathischen
Gesinnung für die Person dieses Angeklagten bekannt
geworden sind.
Als Beweis für die in diesem
Antrage behaupteten Tat
sachen führe ich an:
1.) Zum Nachweis der
völligen Indulgenz gegenüber
den in der Verhandlung fortgesetzten bübischen Attaken den
Bericht in der „Stunde“ über die Verhandlung vom 26.IV.1925
veröffentlicht in der Nummer vom 28.IV.1925, laut
welchem
der Beschuldigte
es wagen durfte, die entstellende Retouche
des Bildes als die
individuelle Auffassung des Reproduzieren
den darzustellen
und zur Vertretung seiner Ansicht, dass es
sich hienach um eine Meinung
und nicht um einen Tatsachenbe
richt handle, folgendes zu sagen: „Karl Kraus
war schon in
seiner
frühesten Jugend ein ausgesprochen miesser Bocher. Er
hatte einen Mund, der
schier von einem Ohr zum andern reichte,
eine auffallend
hässliche Nase und abnormal grosse Plattfüsse.
Man könnte natürlich
das, was das Bild zeigt, noch weiter fort
spinnen …“ Diese Ungeheuerlichkeit, die mit dem Sinn der
Verantwortung gar nichts zu
tun hatte, wurde von dem Vorsitzen
den Hofrat Höflmayr nicht etwa disziplinär
behandelt, sondern
nur mit
der Bemerkung unterbrochen, dass das „bisher vom Ange
klagten
Gesagte zur Exemplisierung genügen dürfte“; als der
Angeklagte in demselben Ton
weiter fortfuhr, wurde er überhaupt
nicht mehr zurecht gewiesen.
2.) Zum Nachweise des
Herabgehens unter das gesetzliche
Strafminimum und die
befangene Anwendung von Milderungsgründen
verweise ich auf das Urteil gegen den Angeklagten Ernst Ely,
vertreten durch seinen
Machthaber Dr. Fritz Kaufmann vom 7. Ok
tober 1925, G.ZI.
U I 223/25 und die vorhergehenden Verhand
lungsprotokolle.
3.) Zum Nachweise des
Umstandes, dass Herr Hofrat Höflmayr
trotz einer einmal bereits
erfolgten Ausscheidung aus einem
landesgerichtlichen Akt eine
bei ihm anhängige Angelegenheit
neuerlich einem
landesgerichtlichen Akt anzuschliessen versuch
te, wo es sich um
eine für den Beschuldigten Dr. Fritz Kaufmann
voraussichtlich mit einer
Verurteilung endende Strafsache
handelte, während er eine
nach § 26 P.G. anhängige Angelegenheit
nicht dem Landesgericht abtrat, führe ich die zu
beschaffenden
Akten der
Abteilung I an, die in den letzten drei Monaten zur
Verhandlung gekommen sind.
4.) Zum Nachweis, dass Hofrat Höflmayr einen mir im übri-
gen äusserst erwünschten
„Wahrheitsbeweis“ trotz Fehlen ei
ner klaren
Behauptung des Beschuldigten, was er beweisen
wolle, gegen mich fast
angeregt hat, verweise ich auf den ge
genständlichen
Prozessakt und insbes. auf die Divergenz in
der Haltung des Beschuldigten,
der vor dem Landesgerichte
sich damit verantwortete,
dass „Herrn Karl Kraus
in dem Arti
kel die in der Anzeige beanständete unehrenhafte und angeb
lich unwahre
Handlung gar nicht vorgeworfen“ sei. In der Ver
handlung vor Hofrat Höflmayr aber sagte er zuerst, er „könne
wohl nicht beweisen,
dass Herr Kraus jenem Dr. Rosenberg eine
Vollmacht gegeben habe,
wohl aber wolle er beweisen, dass
sich Dr. Rosenberg auf eine
Vollmacht des Herrn Kraus berufen
habe“: – was ja
selbst, wenn es wahr gewesen wäre, zum Beweise
der in den inkriminierten
Artikeln Herrn Kraus zum Vorwurf
gemachten Handlungen niemals
genügen könnte. – Erst als der
Beschuldigte sah, dass eventuell Herrn Hofrat Höflmayr dieser
Antrag zur Zulassung des
Wahrheitsbeweises doch nicht genü
gen könnte, was
aus der Art seiner Stellungnahme zu dem An
trag ersichtlich
war, ergänzte er seine Verantwortung dahin,
dass er mit Hilfe des Dr. Rosenberg
einen Zusammenhang mit
Herrn Kraus herstellen wolle, was dem Richter bereits zur
Deckung der inkriminierten
Beleidigungen genügt hat.
Karl Kraus
durch Dr. Oskar Samek