Münz Ludwig, komm’ mal heraus!


Ich habe Deinen Brief bekommen, er hat mich nicht
im geringsten überrascht. Ich habe ihn längst erwartet, denn
Du gehörst zu dem Typ Menschen, welcher in die Hand beisst, die
Wohltaten erwiesen hat.


Zuerst muss ich Dir ein paar Lügen abstellen: Lange, nach der
„denkwürdigen“ Unterredung in Gegenwart meiner ersten Frau, ha
ben wir uns in der Wohnung von Viertel gesprochen; lange nach
her hast Du, wie es sich gehört, immer sehr höflich gegrüsst. Dei
ne verletzte Eitelkeit darüber, dass ich zuerst den Verkehr auf
gegeben habe, ist eines Volksschülers würdig und Du hast
doch schon lange Hosen an. Meine Bemerkung, dass mir mein Geld
alles verschaffen kann, ist nie gefallen; Lüge hat kurze
Beine. Wenn ich soviel Geld hätte, wie Du glaubst, würde ich mir
in allererster Linie Ruhe vor Dir verschaffen, indem ich
Deine Schulden bezahle.


Schau’, Ludewig, ich bin ja nicht bös’ darüber, dass ich meine
moralische Position bei Dir verloren habe, ich will nur, dass
Du zahlst, d.h. dass Du Deinen Verpflichtungen nachkommst, für
die ich leider, keine Ausfallsbürgschaft, sondern Vollbürgschaft
auf Grund Deiner, sich nachher als trügerisch erwiesenen Ver
sprechungen geleistet habe; dann lass’ ich Dich laufen.


Einen Rat bekommst Du noch: Lass’ Dich nicht von dem verwachse-
nen Journaille-Jingl, in dessen geifernden Zwergenkörper
Gott in seinem unerforschlichen Ratschluss die Seele eines
so grossen lyrischen Genius gelegt hat, vorschieben, lass’
Dir Deine Briefe nicht von ihm korrigieren, bitte ihn vielmehr,
weniger Auto zu fahren und dafür Dir zu helfen.
Münz, setzen!


Richard Weininger m.p.