Die Fackel


Strafbezirksgericht I Wien
eingelangt am 26. Sep. 1925.


U IV 1304/25


Wien, am 24. Sept. 1925.


An das
Strafbezirksgericht Wien I


Privatankläger: 1.) Stefan Padajaunig, Kanzlei
direktor a.d. Wien, VIII. Stolzenthalergasse 11
durch:
Rechtsanwalt
2.) Dr. Rudolf Reuterer
Verteidiger in Strafsachen
Wien III. Hauptstraße 9. Dr. Reuterer m.p.


Beschuldigter: Karl Kraus, Herausgeber der
Zeitschrift „Die FackelWien III.Hintere Zollamtstrasse 3


Ehrenbeleidigungsklage:


1 Fach 1 Vollm.


dem Gemeinde Vermittlungsamt
für den III. Bezirk in Wien


Strafbezirksgericht Wien, Abt. IV.


Wien, am 26. Sept. 1925 unl. Unterschr.


In den letzten Tagen des August l.J.
habe ich in der Zeitschrift „Die Fackel“ gelesen,
daß der Herausgeber dieser Zeitung am
125. Juni d.J. eine Rede gehalten hat, deren
Inhalt wiedergegeben ist und die auf
Seite 113 folgende Stelle enthält:


„Könnte man sich vorstellen, daß ein
menschliches Hirn aus Erwägung, auch nur
pour passer le temps und nicht in der
Automatik der grundsätzlichen Schamlosig
keit den Einfall aushecken wird, auf
der Rückseite des Blattes, das mich als
Erbeuter unrechten Gutes entlarvt, für
den ‚bekannten Monarchisten Padajaunig,
der ein innerlich vornehmer Mensch ist,‘
nämlich der mich bedroht hat, das Mitleid
wachzurufen? Unmöglich kann man
sich ja denken, daß bloß die Interessen
gemeinschaft der Erpresser das Eintreten eines
linksradikalen Blattes für einen Monar
chisten und einen so beschaffenen befür
worten würde.“


Beweis: Zeitschrift „Die Fackel“ vom Juli1925, die ich zur Verhandlung vorlegen
werde und meine Einvernahme als
Zeuge.


Durch den Inhalt dieser Stelle in
meiner Ehre verletzt, stelle ich durch
meinen in A ermächtigten Anwalt den
Antrag
auf Anberaumung einer Hauptverhandlung,
Durchführung der angebotenen Beweise
und strenge Bestrafung des Beschuldigten.


Stefan Padajaunig.


Strafbezirksgericht I in Wien
II. Schiffamtsgasse Nr. 1
Eingelangt am 22. Okt. 1925


Wien, am 7. Okt. 1925


Dem Strafbezirksgerichte
I.
mit der Bekanntgabe zurück,
daß bei der für
6. Okt. 1925
anberaumt gewesenen Sühnverhandlung
zwischen den Parteien ein Ausgleich
nicht erzielt wurde.


Gem.Verm. für den III. Bez.
der Leiter:
[Unterschrift]


Hauptverhandlung
am 3./12. 1925 9h


Ankläger: 1.)
Verteidiger: 2.)
Angeklagter: 3.)


Wien, am 22./X.1925
Dr. Berger


Eing. 23. Okt. 1925
Abgefertigt 26./X.25 [Unterschrift]