Die Stunde, 8.6.1926Die Stunde, 9.6.1926Sittlichkeit und Kriminalität oder Privatdetektivinstitut „Ethos“„Mrs. Cheneys Ende“. Elisabeth Bergner am Deutschen Volkstheater


U IV 570/26


An das
Strafbezirksgericht I,Wien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller in Wien III.Hintere Zollamtsstraase 3,
durch:


Beschuldigter: Anton Kuh, Schriftsteller in Wien III.Beatrixgasse 1, Hotel Beatrix,


wegen Ehrenbeleidigung,


1 fach,


Ergänzende Anträge des Privatanklägers:


1


Zu meiner hg. am 7. Juni 1926 erstatteten Eingabe
betreffend die Irreführung des Gerichtes durch den Beschuldigten gebe ich nachträglich Folgendes bekannt:
Zeuge der Anwesenheit des Beschuldigten am Abend
des 5. Juni in der Renaissance-Bar muss dessen Freund ErnstPollak gewesen sein, der gleichzeitig im selben Lokal
weilte.


Beweis: Zeuge Ernst Pollak, Sekretär des Direktors
Samuel Bronner, Wien III. Hainburgerstrasse 15.
2Weiters lege ich sub A aus dem Mittagsblatte der„Stunde“ vom 8. Juni, erschienen am 7. Juni, das Referat des
Beschuldigten über die am 5. Juni 1926 stattgehabte Premiere
am Deutschen Volkstheater mit der Schauspielerin Bergner vor,
woraus hervorgeht, dass der Beschuldigte trotz seiner „schweren
Blinddarmentzündung“ am Vormittag des Abends, zu Theaterbesuch
und journalistischen Schreibarbeiten fähig war.


Ich lege weiters sub B einen Artikel des BeBschuldigten aus dem Mittagblatte der „Stunde“ vom 9. Juni 1926,
erschienen am 8. Juni 1926, vor, aus welchem trotz den zahl
reichen darin enthaltenen Unwahrheiten implicite das Geständnis
hervorgeht, durch die behauptetete Krankheit das Gericht irrege
führt und die zur Verhandlung berufenen Zeugen mutwillig an ihrer
Arbeitszeit geschädigt zu haben.


Ich gebe schliesslich bekannt, dass sich seit der „schweren
Blinddarmentzündung“ des Beschuldigten vom 5. Juni 1926 sein Be
finden so rapid gebessert hat, dass er bereits am 6. Juni 1926
abends beim Heurigen in Heiligenstadt in der Lage war, grössere
Quantitäten Alkohol zu sich zu nehmen.


Beweis: Zeuge Lothar Watzke, Wien III. Schimmelgasse 12.
Endlich verweise ich im Zusammenhang mit der Beilage
4D darauf, dass es zweckentsprechend ist die Zeugenaussagen der
Portiers raschest einzuholen, damit nicht durch Ablauf von Zeit
deren Erinnerungsvermögen übermässig leide und sie sich
bei der eventuellen Konfrontierung an die gehabten Gespräche
nicht mehr erinnern können.


Karl Kraus.


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