Der Affe Zarathustras (Karl Kraus). Eine Stegreifrede.


G.Z. U IV 570/26


An das
Strafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller
in Wien III. Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3
durch:


Beschuldigter: Anton Kuh, Schriftsteller,
derzeit in Berlin, Hotel Adlon,


wegen Ehrenbeleidigung


1 fach


Beschwerde gegen den Kostenbestimmungsbeschlussvom 21.IX.1927, Geschäftszahl U 570/26/19.


Gegen den Kostenbestimmungsbeschluss vom21.IX.1927, Geschäftszahl U IV 570/26/19, meinem
Anwalt zugestellt am 24.IX.1927 erhebe ich frist
gerecht folgende
Beschwerde.


Die Kosten wurden anstatt in der an ge
sprochenen Höhe von S 678.77 nur mit S 419.51 be
stimmt. Die vom Richter erster Instanz vorgenommenen
Abstriche sind nicht gerechtfertigt.


Zur Post vom 27.XI.1925:
Die Privatanklage auf 9 Seiten wurde an
statt mit angesprochenen S 250.– nur mit S 50.–
bestimnmt. Die Aufnahme der Information und die
Feststellung des Tatbestandes, die vor der Druck
legung erfolgte, erforderte einen Zeitaufwand von
vielen Stunden. Die angewandte Mühewaltung ist
aus der eingebrachten Privatanklage selbst er
sichtlich. Es ist daher ganz berechtigt, für eine
solche Mühewaltung ein Honorar von S 250.– an
zusprechen.


Zur Post vom 10.I.1926:
Auf Verlangen des Strafbezirksgerichtes I
wurde die inzwischen in Druck gelegte Broschüre
zwecks Studiums des Zusammenhanges der einzelnen
inkriminierten Äusserungen vorgelegt. Die Über
reichung bei Gericht muss daher mindestens mit
den Kosten einer einfachen Eingabe honoriert werden.
Warum der Richter erster Instanz diese Kosten und
sogar die Fahrt gestrichen hat, ist nicht er
klärlich. Noch dazu wo das Gericht, wie erwähnt, die


Broschüre abverlangt hat.


Zur Post vom 7.VI.1926:
Der Richter erster Instanz hat unbe
rechtigterweise die Kosten einer Eingabe mit
fünf Seiten nur mit 14.– S anstatt mit 28.– S
bestimmt. Eine Eingabe von fünf Seiten muss
aber schon als eine solche mit grösserem Umfange
bezeichnet werden und unter den höheren Tarif
satz gesetzt werden.


Zu den Posten vom 11.XI.26, 30.VI.27 und 5.8.27:
Der Richter erster Instanz hat den Ein
heitssatz für die I. Instanz nur mit 25 %, für
die II. Instanz nur mit 20 % berechnet, obwohl
nach der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom
4. Juli 1927 über eine Änderung des Rechtsanwalts
tarifes, Bundesgesetzblatt Nr. 220, der Einheits
satz rückwirkend mit 20. August 1926 auf 40 % resp.
25 % erhöht wurde.


Ausserdem wurden die Wartezeiten un
berechtigterweise gestrichen.


Ich beantrage daher den Kostenbestimmungs
beschluss des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom
21.IX.1927 abzuändern und die Kosten in der an
gesprochenen Höhe zu bestimmen.


An Beschwerdekosten werden verzeichnet:


Beschwerde s. 40 % Einheitssatz S 14.–
Stempel S 1.–
2 % Warenumsatzsteuer S –.28
zusammen S 15.28


Karl Kraus.


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