Abschrift.


Berlin, den 23. Februar 1932


Klage
in Sachen
des Schriftstellers Karl Kraus,
Wien III, Hintere Zollamtstrasse 3,
Klägers,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
Dr. Willy Katz, Berlin SW.68,Friedrichstrasse 204
gegen
den Schriftsteller Anton Kuh,
Berlin W.8, Unter den Linden 1,
Hotel Adlon –,
Beklagten,
wegen Forderung.


An das
AmtsgerichtBerlin-Mitte


Namens und in Vollmacht des Klägers
bitte ich um Anberaumung eines Ter
mins zur mündlichen Verhandlung und
werde beantragen:


den Beklagten kostenpflichtig
und vorläufig vollstreckbar zur
Zahlung des Gegenwertes von
österreichischen Schillingen
458,79 gleich 229,40 RM., nebst
8% Zinsen, seit dem 1. August 8. Dezember
1927 zu verurteilen.


Begründung.


Der Beklagte ist am 30. Juni 1927
in der zweiten Instanz auf eine
Ehrenbeleidigungsklage des


Klägers, durch das Landesgericht Wien I, zu einer Geldstrafe von
200 S und zum Ersatze der Kosten des Strafverfahrens verurteilt
worden. Die Kosten des Strafverfahrens wurden für das Strafver
fahren selbst mit 527,09 und die Kosten einer Beschwerde mit
11.20 S festgesetzt. Zur Eintreibung dieser Kosten hat der Kläger
beim Vollstreckungsgericht Wien eine Reihe Pfändungs- und Ueber
weisungsbeschlüsse herausgebracht, die im Original – sie werden
in Oesterreich Exekutionsbewilligungen betitelt – beigelegt wer
den. Es handelt sich um die Bewilligungen vom 6. Februar, 17. März
und 31. Oktober 1928, in denen als weitere Kosten für die Bewilli
gungen) 28,54 S
3,84 S
21,58 S
23,54 S
festgesetzt sind. Hiernach beträgt die gesamte vom Beklagten an
den Kläger zu erstattende Kostensumme 615,79 S.


Lediglich auf Grund der letzten Bewilligung vom 31. Oktober1928 hat die Konzerthausdirektion Gutmann einen Betrag
von 157,– S abgeführt, sodass noch Kosten von 458,79 S geschuldet
werden.


Der Beklagte hält sich jetzt den grössten Teil des Jahres in
Deutschland auf und hat seinen dauernden Aufenthalt im Hotel Adlon,Berlin, genommen. Hieraus ergibt sich die Zuständigkeit des an
gerufenen Gerichts.


Da die Kosten aus einem Strafverfahren entstanden sind, ge
währt das Oesterreichisch-Deutsche Rechtshilfeabkommen keine
Handhabe, die in Oesterreich ergangenen Kostentitel hier unmittel
bar für vollstreckbar zu erklären. Es ist vielmehr der Weg der
Klage erforderlich, um die rechtskräftig festgesetzten Beträge
auf deutschem Boden eintreiben zu können.


Ich überreiche in der Anlage in Abschrift Urteil desStrafbezirksgerichts Wien – Aktenzeichen U IV 570/26 – vom
vom 11. November 1926, Urteil des Landesgerichts für StrafsachenWien – Aktennummer: Bl. 14 903/26 – vom 30. Juni 1927 und ferner im
Original 3 Exekutionsbewilligungen des Exekutionsgerichts Wien
vom 4. Februar 1928, 16. März 1928, 30. Oktober 1928 und einen rechts
kräftigen Beschluss des Landesgericht für Strafsachen Wien I vom
7. Dezember 1927, der die Gesamtsumme der durch das Strafverfahren
entstandenen Kosten – mit Ausnahme der später aus den Exekutions
bewilligungen entstandenen Kosten – auf 527.09 S festsetzt.


Vollmacht auf mich wird nachgereicht.


Den erforderlichen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von
9,– Reichsmark füge ich in der Anlage bei.


gez. Dr. Katz
Rechtsanwalt