Auf Grund der Ihnen bereits
bekannten Ermächtigung
verlange
ich im Namen des Herrn Karl Kraus die Be
richtigung folgender, in dem am
Sonntag, den 19. Dezember1926, Nr. 11.881, Seite 7
veröffentlichten Artikel „Journalisten“ von Dr. Edmund Wengraf
mitgeteilten, meinen Mandanten
betreffenden Tatsachen gemäss § 23 des Pressgesetzes.
Sie schreiben:
„Wir haben nun just
in Wien einen talentreichen und
witzigen Schriftsteller, der seine Lebensaufgabe darin er
blickt, die Tagespresse bei
dem grossen Publikum um ihr An
sehen zu bringen und die
Zeitungsschreiber als Nichtswisser
und Nichtskönner hinzustellen.
Dieser arme Mann, arm, weil
er durch die Freudlosigkeit
seines Giftspritzerdaseins Mit
leid weckt, liest jahraus
jahrein nichts als Zeitungen, er
lebt von dieser Lektüre, er
lebt von den geistigen Anregungen,
die er dabei empfängt und die
er zu kritischen Betrachtungen
und satirischen Glossen verarbeitet. Wie sich von selbst ver
steht, hat er seine
‚Gemeinde‘. Wer, der Ausdauer genug besitzt,
zwanzig Jahre lang alle Welt
zu beschimpfen und sich selbst
als Genie
auszuschreien, würde in Wien nicht eine Gemeinde
finden?“
Es ist unwahr, dass der Herausgeber der Fackel
jahraus jahrein nichts als
Zeitungen liest. Wahr ist, dass
er zur Lektüre der Zeitungen durchschnittlich etwa bis
zu einer Stunde im Tage
verwendet, wahr ist, dass er in der
Zeit, die ihm seine eigene Arbeit
freigibt, Abraham a SanctaClara, Altenberg, Aristophanes, Arnim, Balzac, Baudelaire, OttoBauer, die Bibel, Bismark, Börne, Brachvogel, Brentano, Büchner,
Bürger, Calderon, Carlyle, Casanova, H.St. Chamberlain,
Chamfort,
Claudius, Courier, Dante, Detmold, Dostojewski, Eckermann, Eschenburg, Gautier, Gobineau, Goeckingh, Goethe, Gogol, Grabbe, Grillparzer, Gryphius, Günther, Haecker, Hauer,
Hauptmann, Hebbel, Hehn,
Heine, Herder, Hevesi, E.T.A. Hoffmann, Holberg, Hölderlin, Hölty,
Ibsen, Iffland, Jacobson, Janowitz, Juvenal, Kant,
Kierkegaard,
Kleist, Klinger, Klopstock, Kürnberger, Lasker-Schüler, Lassalle,
Lenz, Lewinsky,
Lichtenberg, Liliencron, Liscow, Luther, RosaLuxemburg, Heinrich Mann, Mörike, Montaigne, Montesquieu, Nestroy,
Niebergall, Nietzsche, Offenbach, Jean Paul, Petronius (Heinse),
Rabelais, Rabener, Raimund, Ramler, Rousseau, Ruskin, Johannes v.Saaz, Schauffert, Schaukal, Schiller, Friedrich
Schlegel, Schlenter,
Schöffel, Schopenhauer, Shakespeare, Sonnenthal, Speidel, Spinoza,
Spitzer, Sterne,
Stifter, Stoessl, das österreichische Straf
gesetzbuch , Strindberg, Swift, Tacitus, Trakl, Tieck, HeinrichLeopold
Wagner, Weber (Demokritos), Wedekind, Weininger, Wilde
und anderes liest. Es ist
unwahr, dass er 20 Jahre lang alle
Welt beschimpft und sich selbst
als Genie ausschreit. Wahr
ist,
dass er die Fackel seit dem ersten April
1899, also
seit mehr als 27
Jahren herausgibt; wahr ist, dass er sich
nicht selbst als Genie
ausschreit, sondern dass er sowohl
Zeitungsstimmen, die ihm geniale Fähigkeiten zuerkennen,
als auch Angriffe gegen ihn
selbst zitiert hat.
rekomm.
mit Rückschein.
ACDH-CH OEAW
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