Sehr geehrter Herr!
Kurz vor dem Erscheinen des Januarheftes
1924
empfing ich auf
meinen ersten an Sie gerichteten
Hilferuf ein Schreiben des
Verlages „Die Fackel“, in
welchem mit mitgeteilt wurde, daß
Sie „niemand“
einen Posten
verschaffen können und daß eine
Untersuchung, auf die nicht die erwähnte geistige
Wohltat, sondern wirtschaftliche
Notlage ein Anrecht
gebe, gewährt
werden würde.
Die am Schalter Ihres Kontors von
mir unter
schriebene
Empfangsbestätigung über zweihunderttausend
Kronen kennzeichnet meine erste
Beziehung zu
Ihnen als die eines
Bettlers, dem das vom Verlag
genannte Motiv der Geldzuwendung
zu denken gab,
weil der Vergleich
zwischen mit und tausend Almosen
suchern, die kurzerhand an das Mitleid des Passanten
appellieren ohne den materiellen
Vorteil in die
tadelnswerte
Verbindung mit einem geistigen
Eindruck zu bringen, scheinbar zu meinen Ungunsten
ausfällt.
Somit blieb mir der Glaube, daß
nicht der Tatbestand,
sondern die
Ursache meiner Qual die Fackel
dazu veranlaßt habe, an einem
Menschen, der zufolge
seiner
geistigen Beschaffenheit in der „Kommiswelt“
keine Erwerbsmöglichkeit hat,
ihre Humanität zu
bewähren.
Das Wort „niemand“ habe ich, weil
ihm die dem
Fürwort eigentümliche
Dativendung fehlte, als
Hauptwort
betrachtet, und so lebe ich noch mit
der Hoffnung, jener „niemand“ zu
sein, – der
nun die geistige
Wohltat Ihres Wortes in einem
anderen Sinne erwähnt hat, wenn mich etwa
der Vers „Ich bin an meinen Punkt
gebannt“
mit eiserner Faust
hinter Grenze des Wahnsinns
zurückhielt, indes das visionäre Nacherleben
Ihrer Gedichte ungeahnte Kräfte
der Intuition
entfaltete, sodaß
die Prominenten Athens, welche bei
läufig der Meinung
waren, daß Karl Kraus der
Leiter und ich ein Vorposten
einer revolutionären
Organisation
sei, unleugbar gebebt haben und sich
zur Aufklärung der dunklen
Phänomene ein para
psychisches Institut aus Deutschland nach Athen
kommen ließen: ecce nemo.
Ihr ergebener
Hans Löwe