An das
Landesgericht für Strafsachen I,Wien.
Privatankläger: Karl
Kraus, Schriftsteller in Wien, III.Hintere
Zollamtsstrasse 3
durch:
Beschuldigter: Emil
Schifter, verantwortlicher
Schriftleiter der Zeitung „Volkskampf“
Wien, III. Apostelgasse 39
wegen Ehrenbeleidigung
begangen durch die Presse
1 fach, 1 Vollmacht,
1 Beilage
Antrag auf Einleitung der
Voruntersuchung, gleichzeitig
Strafanzeige wegen gefährlicher Drohung.
In der Folge 5 des Ersten Jahrganges derZeitung „Volkskampf“
datiert Wien, Samstag den 29. Jänner
1927, Seite 6 erschien ein
Artikel unter dem Titel „PeriodischerLehmann“, in welchem bei meinem Namen
hinzugefügt ist, „genannt der Fackel-Jud, gehört zu den
pestilenzartigsten seiner
Rasse“.
Der Beschuldigte ist
verantwortlicher
Schriftleiter
des „Volkskampf“.
Diese Worte stellen eine nach
§ 491 St.G.
zu beurteilende Ehrenbeleidigung
dar.
Beweis:
Folge 5 des I. Jahrganges des
„Volkskampf.“
Ich beantrage daher die
Einleitung der Vor
untersuchung gegen Emil Schifter und zwar:
1.) Vernehmung des Beschuldigten
darüber, ob er den inkrimi
nierten Artikel vor der
Drucklegung gelesen und zum Druck
befördert hat,
2.) Vernehmung
des Beschuldigten darüber, wer diesen Artikel
verfasst hat,
3.) Einholung einer Leumundsnote
und einer Strafkarte des
Beschuldigten.
Weitere Beweisanträge
vorbehalten.
Ferner stelle ich den
Antrag,
die Nummer 5 des „Volkskampf“ der Staatsanwaltschaft Wien
zum Einschreiten wegen
gefährlicher Drohung vorzulegen. Die
offenbare Absicht dieses Artikels ist, gegen das Leben der
in dem Artikel verzeichneten Personen aufzuhetzen. Dies
geht
aus folgenden Worten des
Artikels hervor:
Bei dem Namen Bettauer Olga wird von der Gattin
des bereits
„erlösten“
Hugo gesprochen.
Von Maximilian Schreier wird gesagt, dass er noch
lebt.
Am Ende des Artikels erscheint die Aufforderung
„Heraus
mit dem Ku-Klux-Klan, heraus
mit einem Femegericht über
verbrecherische Land- und
Rassenfremde!“
Diese Absicht des Artikels geht auch aus der
genauen Adressenangabe der bezeichneten Personen hervor, die bei
einer blossen politischen
Bekämpfung sinnlos wären.