Periodischer Lehmann


Sehr geehrter Herr Nationalrat!


Ihrem Wunsche entsprechend übersende ich
Ihnen eine Abschrift des oberstgerichtlichen Urteiles in Sa
chen Kraus ca. Schifter. Da ich bei dem telefonischen Gespräch,
das ich mit Ihnen führte, über den Inhalt des Urteils nicht
orientiert war, möchte ich nicht unterlassen darauf hinzuweisen,
dass der oberste Gerichtshof ein reines Feststellungsurteil
über die begangene Gesetzesverletzung gefällt hat, im Übrigen
aber das Urteil erster Instanz unberührt liess, das auch voll
zogen wird. Ferner möchte ich meine Ansicht dahin berichtigen,
dass ich das Urteil des obersten Gerichtshofes zumindestens
in der Hinsicht für gesetzmässig halte, dass bei Idealkon
kurrenz ein Ausscheidungsbeschluss nicht gefasst hätte werden
sollen. Dagegen halte ich es für unrichtig, dass nach § 30 P.G.
wegen mehrerer, in einem Artikel begangener strafbarer Hand
lungen die Strafverfolgung mit der Verurteilung in einer Hin
sicht, für die anderen Verletzten verbraucht sein soll. Nach
meinem Dafürhalten wäre nur vorzukehren gewesen, dass das
Strafbezirksgericht bei einer Verurteilung wegen § 30 nicht,
wie sonst geübt, die Vernachlässigung der Obsorge in der
Veröffentlichung des Artikels, sondern in der Veröffentli
chung bestimmter, in dem Artikel enthaltener Stellen zu er
blicken, und dies auch im Urteilstenor genau auszudrücken
habe. Dass diese Rechtsansicht die einzig richtige ist, habe
ich in einem Falle selbst erlebt, in welchem der verantwort
liche Redakteur erklärte, den Artikel bis zur Hälfte gelesen
zu haben, für diesen Teil die Verantwortung als Mittäter zu
übernehmen, bezüglich des restlichen Teiles sich aber auf
§30 PR.G. zu berufen.


Eine Rücksendung des Urteiles ist nicht
erforderlich, da ich noch eine zweite Abschrift habe.


Ich zeichne mit
vorzüglicher Hochachtung


1 Beilage.


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