ReichspostReichspost, 18.9.1927Die Angriffe auf Präsidenten SchoberDie Fackel


An das
Strafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller in
Wien III. Hintere ZollamtsstrasseNr. 3
durch:


Vollmacht ausgewiesen zu U I 109/25


Beschuldigter: Karl Schiffleitner,
verantwortlicher Redakteur der
Reichspost“, Wien VIII. Strozzigasse Nr. 8


wegen § 24 Pr.G.


1 fach
2 Beilagen


Privatanklage.


In der „Reichspost“ Nr. 255 vom 18. September1927 war in dem Artikel „Die Angriffe auf PräsidentenSchober“ eine mich betreffende Unwahrheit mitge
teilt, nämlich, dass ich in einem nachher in der
Fackel veröffentlichten Vortrage einem meiner An
griffsobjekte das Diktum an den Kopf warf: „Ich
fordere Sie auf, sich zu erschiessen!“ Ferner dass
ich vor einiger Zeit einen Hinweis auf die Begönnerung
Bekessys plakatieren wollte.


Beweis: Die Reichspost Nr. 255 vom 18. September1927 Beilage A/


Ich habe dem Beschuldigten als verantwort
lichen Redakteur der „Reichspost“ durch meinen Rechts
anwalt Dr. Oskar Samek die Berichtigung B/ vom 19.
September 1927 eingeschickt. Der Beschuldigte hat
die Berichtigung nicht veröffentlicht.


Beweis: Abschrift des Berichtigungsschreibens
vom 19. September 1927, Beilage B/
Postaufgaberezepiss, welches ich bei
der mündlichen Verhandlung vorlegen
werde.


Ich stelle daher durch meinen bereits aus
gewiesenen Anwalt den
Antrag,
1.) gegen den Beschuldigten eine Haupt
verhandlung anzuberaumen,
2.) ihn wegen des § 24 Pr.G. zu bestrafen,
ihm den Auftrag zu erteilen, die Berichtigung in
der gesetzlichen Weise zu veröffentlichen, und aus
zusprechen, dass die „Reichspost“ von dem nach
§ 24 Pr.G. zu bestimmenden Tage an nicht erscheinen
darf, wenn sie die Berichtigung nicht gebracht
hat,
3.) auszusprechen, dass für die Geld
strafe und die Kosten des Strafverfahrens zur
ungeteilten Hand mit dem Beschuldigten der Heraus
geber Dr. Friedrich Funder, Wien VIII. StrozzigasseNr. 8 und die Eigentümerin Verlagsanstalt „Herold“Kom.-Ges. auf Aktien, Wien VIII. Strozzigasse Nr. 8,
haften.


Karl Kraus.


1