Sonderausgabe der Fackel, Nr. 1 (= Schoberlied)


An die
Staatsanwaltschaft beim Landesgerichtfür Strafsachen IWien.


Karl Kraus,
Schriftsteller
Wien III., Hintere Zollamtsstr. 3,
durch:


1 fach
1 Vollmacht
2 Beilagen.


erstattet Strafanzeige gegen unbekannte Täter.


Beim Arbeitersängerfest, das am 15. August
1928 stattfand, wurden einige Kolporteure, welche das von mir
verfasste Schoberlied verbreiteten, verhaftet und hatten im
Polizeikommissariate Ausstellungsstrasse das Erlebnis, welches
im Schreiben vom 6. August 1928 der Roten Hilfe an mich mitge
teilt ist, das ich in der „Fackel“ Nr. 795–799 vom AnfangDezember 1928, Seite 30, zum Abdruck gebracht habe. Ich er
wartete, dass die Staatsanwaltschaft bereits auf Grund dieser
Veröffentlichung die nötigen Schritte einleiten wird, um die
offenbar strafbare Handlung des diensthabenden Beamten auf dem
Polizeikommissariate Ausstellungsstrasse zur Verfolgung und
Sühne zu bringen. Anscheinend ist jedoch dieser Teil des Heftes
von der Staatsanwaltschaft nicht beachtet worden. In Ergänzung
des dortigen Vorbringens gebe ich nun bekannt, dass die beiden
Kolporteure, um die es sich handelt, Herr Max Babad,
Wien II., Blumauergasse Nr. 5/20 und Herr Max Blatt, Wien VI.,Linke Wienzeile 134 sind und dass deren Angaben nunmehr noch
genauer in deren Protokollen enthalten sind, welche die RoteHilfe im Jänner 1929 veröffentlichte, deren Abdruck auf dem
Vorlesungsprogramm vom 17. Februar 1929 ich gleichfalls beilege.
Im öffentlichen Interesse bringe ich also nunmehr mit dieser
Anzeige den Tatbestand zur Kenntnis der Staatsanwaltschaft und
ersuche, die Strafamtshandlung gegen den schuldigen Beamten
einzuleiten.


Karl Kraus.


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