Grazer Tagespost, 4.9.1928Eine gestörte Karl-Kraus-Vorlesung


Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus
fordere ich die Aufnahme der Berichtigung der in Ihrer Nummer vom4. September 1928 in der Notiz „Eine gestörte Karl-Kraus-Vorlesung
mitgeteilten, meinen Mandanten betreffenden Tatsache gemäss § 23Pr.G.


Sie veröffentlichen: „Eine gestörte Karl-Kraus-Vorlesung. r. Berlin. 3. September. Während einer Vorlesung
des Wiener Schriftstellers Karl Kraus versuchten die Anhänger
des von Kraus stark befehdeten Kritikers Alfred Kerr ein
Pamphlet gegen Kraus zur Verlesung zu bringen. Es kam zu
Beschimpfungen zwischen beiden Parteien, jedoch waren die Anhänger
Kraus’ in der Mehrheit und drängten die Kerr-Anhänger aus dem
Saale. Schliesslich erschien Polizei, auch konnte der Vor
trag ohne weitere Störung beendet werden.“


Die in dieser Notiz enthaltenen Behauptungen
sind, soweit sie sich auf Karl Kraus beziehen, unwahr. Wahr ist,
dass Karl Kraus in Berlin keine Vorlesung gehalten hat, bei der
sich die geschilderten Ereignisse abspielten, und überhaupt keine
Vorlesung in Berlin gehalten hat.


Rekommandiert mit Rückschein