Berliner Tageblatt, 6.9.1928 (Abendausgabe)Die neue RundschauDer TagDer große Gegenspieler Wilhelms des II. Mit Maximilian Harden während der letzten Tage seines Lebens.Berliner TageblattVerleumdungsparadiesPrager PresseDie Fackel


10. P.299.29


Im Namen des Volkes!


Privatklagesache
des Schriftstellers Karl Kraus,
Wien, Hintere Zollamtsstraße 3,
Privatklägers,
gegen
den Theodor Wolff, Chefredakteur des Berliner Tageblatts
Berlin, Hohenzollernstraße 17,
Angeklagten,
wegen Beleidigung.


Auf die Berufung des Privatklägers gegen das Urteil des
Amtsrichters in Berlin-Mitte, Abt. 149 vom 29. Oktober / 5. No
vember 1929 hat die 10. Kleine Strafkammer des Landgerichts Iin Berlin in der Sitzung vom 19. Oktober 1931, an der teilge
nommen haben:


Landgerichtsrat Dr. Paulus
als Vorsitzender,
Elise Deskowski, Posamentierhändlerin,
Robert Reigber, Schlächtermeister
als Schöffen,
Justizangestellter Heinel
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:


Das Vorderurteil wird insoweit aufgehoben, als es den
Privatkläger auf die Widerklage hin wegen öffentlicher Be
leidigung zu Strafe und Kosten verurteilt und dem Angeklagten
die Publikation zubilligt.


Der Privatkläger wird von der Anklage der Beleidigung
des Angeklagten auf Kosten des Angeklagten freigesprochen.


Im übrigen wird die Berufung des Privatklägers auf seine
Kosten verworfen, daß der Angeklagte in dem einen Falle von
der Anklage der Beleidigung freisgesprochen, in einem wei
teren Falle der Beleidigung für schuldig, aber für straffrei
erklärt wird.


Gründe.


Durch das vorbezeichnete Urteil sind der Angeklagte von
der Anklage der Beleidigung in zwei Fällen aus §§ 185, 186,
187, 200, 74 St.G.B. freigesprochen, auf die Widerklage hin
jedoch der Privatkläger wegen öffentlicher Beleidigung aus
§§ 185, 200 St.G.B. zu einer Geldstrafe von 100.– RM ver
urteilt worden.


Gegen das genannte Urteil hat der Privatkläger form
und fristgerecht Berufung eingelegt.


Die Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht hat fol
genden Sachverhalt ergeben:


Der Zeuge Dr. Alfred Kerr war gegen Ende des Weltkrie
ges für den im Scherlverlag erscheinenden roten „Tag“ haupt
sächlich als Theaterkritiker tätig. Er verfaßte damals auch
Gedichte, in denen er das deutsche Volk zur Besiegung seiner
Feinde aufforderte. Damals und schon früher lehnte Kerr
häufig in seinen Kritiken den bekannten Theaterdirektor
Professor Dr. Max Reinhardt mit scharfen Worten ab.


Im September 1919 wurde Dr. Kerr als Nachfolger
Schlenthers als Theaterkritiker für das „Berliner Tageblatt“,
dessen Chefredakteur der Angeklagte ist, verpflichtet.


Am 27. November 1927 veröffentlichte der Schriftsteller
Pfemfert in der „Prager Presse“ einen Aufsatz: „Der großeGegenspieler Wilhelms des II.“ „Mit Maximilian Harden wäh- rend der letzten Tage seines Lebens.


Pfemfert berichtet in diesem Artikel, der am 30. Oktober
1927 in Montana Domala in der Schweiz verstorbene Schrift
steller Maximilian Harden habe sich kurz vor seinem Tode
auch über die Änderung der Stellung Kerrs nach seinem Über
tritt zum „Berliner Tageblatt“ gegenüber Reinhardt geäußert,
über den seine Kritiken nunmehr günstig geworden seien.
Harden soll wörtlich gesagt haben: „Tja, dieser Herr AlfredKerr, der mich, den seit Jahren zum Schweigen Verurteilten,
unlängst wieder in Sami Fischers Rundschau als die Schau
spielerin Harden bezeichnete, hats nötig. Wütender Gegner
Reinhardts. Sein Engagement bei Wolff wird von einer besse
ren Haltung Reinhardt gegenüber abhängig gemacht. Kerr ist
nun pro. Immer wieder: Das ist heute Deutschland. Wird als
selbstverständlich gutgeheißen. Da war ja die Lindauzeit
eine engelsreine Epoche.“


Diese angebliche Äußerung Hardens zitierte der Privatkläger, der der heftigste Gegner Dr. Kerr’s ist, wörtlich
in seiner in Wien erscheinenden Zeitschrift „Die Fackel“,
und zwar auf Seite 204 in der Nummer vom Anfang September1928, die unter dem Titel erschien „Der größte Schuft imganzen Land“ „(Die Akten zum Fall Kerr)“.


Der Privatkläger fügte dem Zitat der Hardenschen Äuße
rung hinzu:


„Wiewohl sich das bestimmt auf kein Land, sondern auf
eine Zeitung und ihren Kritiker bezieht, hat dieser bis heute
geschwiegen. Ich könnte nicht beweisen, daß es wahr ist;
aber ich kann beweisen, daß es einer gesagt und einer dazu
geschwiegen hat“.


Diese Nummer „Der Fackel“ sowie die folgenden kündete
der Privatkläger in Berlin dadurch an, daß er große Plakate
mit den auffallenden Titeln an die Litfaßsäulen heften und
durch die Straßen tragen ließ.


Als Antwort darauf erschien am 6. September 1928 in der
Abendausgabe des „Berliner Tageblatts“ ein „Verleumdungsparadies“ überschriebener Artikel des Zeugen Dr. Kerr, in dem
dieser u. a. ausführte: „Gegen den Satz, ich sei zu irgend einer
Haltung verpflichtet worden, läßt sich nichts einwenden,
außer etwa, daß er erstunken und erlogen ist.“ Der Angeklagte
fügte dem Artikel einen kurzen Nachsatz bei, in dem es heißt:


„Obschon die erwähnte Mitteilung der zwei Herren kein ern
ster Anlaß zur Widerlegung sein kann, stellt der Chefredakteur des Berliner Tageblatts fest, daß die von ihnen vorge
brachte Verdächtigung in das Reich der einfachen Lüge ge
hört.“


Ferner äußerte sich der Angeklagte in 3 Briefen vom
14. September 1928 an Leser des Berliner Tageblatts, die sich
erkundigten, weshalb die Redaktion sich nur in dieser Form
verteidigt habe, in ähnlicher Weise. Er spricht in diesen
Briefen von „lügenhafter Behauptung“ „lügenhafter Geschich
te“, behauptet, das Verhalten des Privatklägers beruhe auf
„Reklamebedürfnis,“ auch sei dieser nicht die „opferbereite
Kämpferseele“,für die „naive und kenntnislose Personen“ ihn
hielten.


Der in dem Aufsatz vom 6. September 1928 gemachte Vor
wurf der einfachen Lüge, sowie der Inhalt der 3 Briefe, bil
den den Gegenstand der Privatklage. Der Strafantrag ist
rechtzeitig.


Obwohl hinsichtlich der in der Septembernummer 1928der „Fackel“ gebrauchten Äußerungen Widerklage nicht erhoben
ist, waren diese auf ihre rechtliche Bedeutung zu untersu
chen, weil hiervon die Würdigung des den Gegenstand der Klage
bildenden Verhaltens des Angeklagten mit abhing.


Die angeblichen Worte Hardens, Kerrs Engagement bei
Wolff sei von einer besseren Haltung Reinhardt gegenüber ab
hängig gemacht worden, stellen die Behauptung einer Tatsache
dar, die nicht nur Kerr, sondern auch den Angeklagten in der
öffentlichen Meinung in bewußt ehrverletzender Weise herab
zuwürdigen geeignet ist. Denn vom Angeklagten wird damit
behauptet, daß er zugunsten seiner persönlichen Freundschaft
mit Reinhardt die Freiheit der Kunstkritik vergewaltigt habe.
Ob der Privatkläger diese Behauptung Hardens sich zu eigen
gemacht und damit ebenfalls behauptet hat, kann dahingestellt
bleiben, da er sie durch Aufnahme in die „Fackel“ zum minde
sten verbreitet und dadurch den Tatbestand des § 186 StGBs
erfüllt hat. Die vom Privatkläger verbreitete Tatsache ist
aber nicht erweislich wahr, da das Gericht auf Grund der
Beweisaufnahme nicht die Überzeugung erlangt hat, daß eine
derartige unsittliche Vereinbarung zwischen dem Angeklagten
und Kerr zustandegekommen ist.


Fest steht allerdings, daß Harden die von Pfemfert be
richtete Äußerung gemacht hat; dies bekundet nicht nur der
Zeuge Pfemfert in der Vorinstanz unter seinem Eide, sondern
auch die mit Harden eng befreundete Zeugin Schmaltz. Diese
hat sogar ausgesagt, Harden habe ihr weiter erzählt, Reinhardt
habe ihr mitgeteilt, daß Wolff ihm selbst von der mit Kerr
abgeschlossenen Vereinbarung berichtet habe. Mit dem Beweis
der Äußerung Hardens ist jedoch keineswegs erwiesen, daß die
behauptete Vereinbarung in der Tat geschlossen worden ist;
denn Harden war mit Kerr verfeindet; auch war er eine poli
tische Kämpfernatur, die die Dinge wohl oftmals sehr subjek
tiv sah. Gegen die Richtigkeit der Behauptung Hardens
spricht, daß Kerr unter seinem Eide jede Bindung seitens des
Angeklagten bestreitet und behauptet, er habe Reinhardt, den
er bei seinem ersten Auftreten lebhaft begrüßt habe, je nach
seinen Leistungen verschieden, aber stets gerecht und völlig
unbeeinflußt beurteilt. Auch der Zeuge Reinhardt stellt die
Richtigkeit der Behauptung Hardens über die Äußerung des
Angeklagten ihm – dem Zeugen – gegenüber entschieden in Ab
rede. Schließlich leugnet der Angeklagte selbst mit Bestimmt
heit jede derartige Vereinbarung mit Dr. Kerr.


Der Privatkläger hat zum Beweise noch eine Anzahl Indi
zien vorgebracht. Kerr habe, wenn er nach seinem Engagement
am „Berliner Tageblatt“ einmal in seinen Kritiken eine un
günstige Äußerung über Reinhardt „Theateraufführungen“ ge
bracht habe, diese stets mit Floskeln wie „man müßte ein
Schubiak sein, wenn man dies nicht sagte“ und dergl. ein
geleitet. Dies lasse darauf schließen, daß er mit solchen
Bemerkungen an sich gegen eine Vertragspflicht verstoße.
Dieser Auffassung kann mangels weiterer Anhaltspunkte je
doch nicht gefolgt werden.


Der Privatkläger hat ferner behauptet, es sei bei dem
Verlage Mosse, in dem das „Berliner Tageblatt“ erscheint,
stets eine derartige Beeinflussung üblich gewesen. In der
Tat hat der Zeuge Dr. Lapp, der in den Jahren 1917–1919 The
aterkritiker des „Berliner Tageblatts“ war, bekundet, es sei
ihm von dem Zeugen Block in versteckter Form nahegelegt
worden, in seinen Kritiken den Freund des Angeklagten,
Reinhardt, zu schonen. Demgegenüber hat jedoch der Zeuge
Dr. Block, der Chefkorrespondent des „Berliner Tageblatts“,
erklärt, daß ihm derartige Beeinflußungen unbekannt seien.
Es kann aber der Widerspruch in den Zeugenaussagen auf sich
beruhen bleiben, da ein Beweis, daß der Angeklagte irgend
wie einen Kritiker, insbesondere Dr. Kerr beeinflußt hätte,
jedenfalls nicht erbracht ist. Es muß vielmehr angenommen
werden, daß die jetzige günstigere Einstellung Dr. Kerr’s
den Aufführungen Dr. Reinhardt’s gegenüber nicht auf unlau
teren Beweggründen beruht.


Die vom Privatkläger verbreitete Tatsache ist daher
nicht erweislich wahr.


Da der Strafausschließungsgrund des § 193 St.G.B. nicht
gegeben ist, so hat der Privatkläger durch den Artikel im
Heft vom September 1928 seiner Fackel eine strafbare üble
Nachrede im Sinne des § 186 StGB gegenüber dem Angeklagten
begangen.


Der Angeklagte hat in seiner Erwiderung im „BerlinerTageblatt“ vom 6. September 1928 sich nun zunächst dahin
geäußert, daß die „Mitteilung … kein ernster Anlaß zur
Widerlegung sein kann“. Mit Recht hat der Vorderrichter
hierin weder eine formale Beleidigung, noch eine üble Nach
rede erblickt.


Anders verhält es sich jedoch mit dem weiter im „Berliner Tageblatt“ gemachten Vorwurf der „einfachen Lüge“. Da
mit wirft der Angeklagte dem Privatkläger vor, bewußt eine
Unwahrheit gesagt zu haben; er behauptet damit eine bewußt
ehrenkränkende Tatsache im Sinne des § 186 St.G.B. Erweis
lich wahr wäre der Vorwurf der Lüge nur dann, wenn der Angeklagte die Behauptung Hardens sich zu eigen gemacht und in
Kenntnis ihrer Unwahrheit verbreitet hätte. Mindestens daß
das letztere der Fall ist, steht nicht fest. Es ist im
Gegenteil wahrscheinlicher, daß der Privatkläger die Be
hauptung Hardens für richtig hielt und wohl noch hält.


Der von dem Angeklagten dem Privatkläger gegenüber er
hobene Vorwurf der „einfachen Lüge“ erfüllt daher den Tat
bestand des § 186 St.G.B. Dem Angeklagten steht jedoch der
Schutz des § 193 StGB zur Seite. Gegenüber dem schweren
und unberechtigten Angriff auf seine Ehre mußte er Worte
der Abwehr gebrauchen, aus denen hervorging, daß er den Vor
wurf ernstlich und mit Empörung zurückwies. Eine Beleidi
gungsabsicht geht weder aus der gewählten Form noch den
sonstigen Umständen bei dieser Sachlage hervor.


Wegen des im „Berliner Tageblatt“ vom 6.9.1928 erschie
nenen Aufsatzes war daher der Angeklagte freizusprechen.


Teilweis anders verhält es sich mit den in den 3 Brie
fen vom 14. September 1928 gebrauchten Wendungen. Die Worte:
„lügenhafte Geschichte“ und „lügenhafte Behauptung“ sind
inhaltlich gleich bedeutend mit den Worten: „einfache Lüge“.
Für sie gilt daher das Obengesagte.


Der Vorwurf, daß der Privatkläger die Äußerung Harden’s
nur aus „Reklamebedürfnis“ d.h. wesentlich auch aus ge
schäftlichen Gründen weiterverbreitet habe, ist eine die
Ehre des Privatklägers als Publizisten herabsetzende Behaup
tung. Den Wahrheitsbeweis sieht das Gericht nicht als er
bracht an. Der Privatkläger hat, wie der Zeuge Fischer be
kundet, in weit geringerem Maße Reklame gemacht als üblich.
Daß der Privatkläger in vielleicht etwas auffallender Weise
seine Zeitschrift „Die Fackel“ ankündigte, ist darauf zurück
zuführen, daß ihm daran lag, seinen Kampf gegen Kerr in mög-
lichst breitester Öffentlichkeit zu führen.


Ebenso verhält es sich mit der Bemerkung, der Privatkläger sei nicht die opferbereite Kämpferseele, für die ihn
naive Seelen hielten, durch die dem Privatkläger in belei
digender Form der Vorwurf der inneren Unwahrhaftigkeit ge
macht wird. Auch hier ist die Wahrheit der behaupteten Tat
sache nicht erwiesen. Der Schutz des § 193 St.G.B. konnte
dem Angeklagten wohl nicht zugebilligt werden, da der Angeklagte
seine diesbezüglichen Behauptungen ohne hinreichende Unter
lagen, mithin fahrlässig aufgestellt hat.


Hat sich mithin der Angeklagte in den drei Briefen vom
14. September 1931 1928 der Beleidigung des Privatklägers schuldig
gemacht, so war jedoch zu berücksichtigen, daß diese Belei
digungen durch die bereits festgestellte üble Nachrede des
Privatklägers ausgelöst und in Erregung und berechtigter
Empörung erfolgt sind. Das Gericht hat daher den Angeklagten
insoweit unter Anwendung des § 199 St.G.B. für straffrei er
klärt.


Der Angeklagte hat seinerseits Widerklage erhoben. Die
ser liegt folgender Sachverhalt zugrunde.


Nachdem die Artikel Kerrs und des Angeklagten im „Berliner Tageblatt“ vom 6. November 1931 1928 erschienen waren, ver
öffentlichte wiederum der Privatkläger in seiner „Fackel
und zwar in der Nummer vom Anfang Dezember 1928, einen Auf
satz: „Der größte Schriftsteller im ganzen Land.“ In diesem
heißt es auf S. 81: „ Ich weiß, daß es ein frecher Schwindel
ist, wenn vor den Lesern des Berliner Tageblatts so getan
wird, als ob ich mir diese Worte eines Sterbenden, das von
ihm behauptete Faktum, unmittelbar zu eigen gemacht hätte.
Denn ich habe bloß darin die Schande erblickt, daß die in
der ‚Prager Presse‘ enthaltene Beschuldigung unwidersprochen
geblieben ist.“ Weiter unten heißt es dann: „Was aber den
Herrn Theodor Wolff anbelangt, so werde ich ihm geeigneten
Orts Gelegenheit bieten, zu beweisen, daß sie unwahr sind.“


Der Angeklagte fühlt sich durch den Vorwurf „ frechen
Schwindel“ beleidigt.


Das Gericht hatte zunächst die prozessuale Frage zu
prüfen, ob die Widerklage gemäß § 391 StPO als zurückgenom
men zu gelten habe, weil der Angeklagte in dem Verkündungs
termin vom 5. November 1929 weder erschienen, noch vertreten
war. Das Gericht hat sich dieser in der Literatur und Recht
sprechung teilweise vertretenen Ansicht nicht angeschlossen.
Denn aus der Nichtanwesenheit im Verkündungstermin kann ohne
weiteres nicht geschlossen werden, daß die betreffende Par
tei kein Interesse mehr am Verfahren habe und durch ihr
Ausbleiben erklären wolle, daß sie die Privatklage, bezw.
die Widerklage zurücknehme.


Auf die Widerklage hin mußte jedoch der Privatkläger
freigesprochen werden.


Das Wort „frecher Schwindel“ bezieht sich nach der
Überzeugung des Berufungsgerichts nicht auf den Angeklagten,
sondern nur auf Dr. Kerr. Das ergibt sich daraus, daß die
dieser Äußerung vorhergehenden Sätze des Absatzes sich le
diglich mit Kerr befassen, und daß erst mehrere Sätze nach
dem inkriminierten Ausdruck durch die Wendung „Was aber den
Herrn Theodor Wolff anbelangt“ die Rede wieder auf den Angeklagten gebracht wird. Für die Richtigkeit dieser Ansicht
spricht auch, daß der Privatkläger seinen Haß in weit höhe
rem Maße auf Kerr gerichtet hat, als auf den Angeklagten.
Durch die von dem Privatkläger gebrauchte Wendung ist daher
der Angeklagte nicht beleidigt.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465, 473, 471 StPO.


gez. Paulus.


Ausgefertigt:
Berlin NW. 40, den 19. Januar 1932
Alt Moabit 11.
[Unterschrift]
Justizangestellter
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle.