Abschrift
Berlin, den 9. Oktober 1928
Klage
des handelsgerichtlich nicht
eingetragenen Verlags„Die Fackel“, alleiniger
Inhaber Herr Karl
Kraus,
Wien III. Hintere Zollamtsstr. 3,
Klägers,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. BothoLaserstein, Berlin NO 18. Landsberger Allee
55,
gegen
den Verlag Rudolf Mosse, Berlin SW 68,Jerusalemerstr. 46/49,
Beklagten,
Streitwert: 108.–
RM.
An das
AmtsgerichtBerlin-Mitte
Namens und in Vollmacht des Klägers
erhebe ich vor dem Amtsgericht
Berlin-Mitte
Klage gegen den Beklagten und bitte um
Anberaumung eines Termins.
Ich werde beantragen:
1) Den Beklagten zu verurteilen, in der
nächsten Nummer der
Sonntagsbeilage
„Literarische Rundschau“ des BerlinerTageblatts die folgende
Annonce zu ver
öffentlichen:
„Die Fackel(No 787–794)
Herausgeber Karl Kraus
Inhalt
Die Akten zum Fall Kerr
Durch alle Buchhandlungen und
Kolporteure zu beziehen.“,
und zwar dergestalt, daß die
Zeilen
1 + 3 je 2
Reklamezeilen, die Zeilen
2, 4, 6
+ 7 je 1 Reklamezeile und die
Zeile 5 4 Reklamezeilen Höhe haben.
2) Die Kosten des Rechtsstreits
dem
Beklagten aufzuerlegen.
3) Das Urteil für vorläufig
vollstreckbar
zu erklären.
Gründe.
Zwischen dem Kläger und der Annoncen-ExpeditionRudolf Mosse, die einen
Teil des beklagten Verlags bildet,
ist am 28. September 1928 ein
Inseratenvertrag geschlosse
worden, wonach in einer der nächsten Nummern der Sonntags
beilage „Literarische Rundschau“ des Berliner Tageblatts
gegen Zahlung von 108.– RM das
aus dem Antrag ersichtliche
Inserat erscheinen müßte.
Beweis: 1. Die abschriftlich
anliegende Vertragsausfertigung
deren Original im Termin vorgelegt wird.
2. Zeugnis des Herrn Direktor Fischer z.
Zt. Berlin,Hotel Hermes, Schiffbauerdamm
4a,
Der Preis von 108.– RM wurde bei
Abschluss des Vertrages
sogleich
bezahlt.
Beweis: 1. Zeugnis des Herrn
Direktor Heinrich
Fischer,
Adresse wie
zuvor,
2. Der abschriftlich
anliegende Brief des Rechtsanwalts Fritz
Cohn,
3. evtl. Eid.
Die Annonce ist jedoch nicht
vertragsgemäß erschienen,
Beweis:
Eid,
vielmehr der Beklagte mit abschriftlich anliegendem Schreibenseines Syndikus Rechtsanwalt Fritz Cohn vom 4. Oktober 1928
grundlos vom Vertrage
zurückgetreten.
Diesen Vertragsbruch hat die Klägerin durch das
abschriftlich
anliegende Schreiben des Unterzeichneten Anwalts vom 9. d. Ms.
zurückgewiesen und die Rücknahme
des gezahlten Betrages ab
gelehnt.
Der Beklagte ist daher nach wie vor verpflichtet, den abge
schlossenen Vertrag zu
erfüllen, wobei dahin gestellt bleiben
kann, was sich sonst noch für
Folgerungen aus seinem Verhal
ten ergeben.
Klage ist daher geboten.
Beglaubigte Abschrift für den
Gegner anbei.
6.– RM in entwerteten
Gerichtskostenmarken sind beigefügt.
Vollmacht wird nachgereicht.
gez. Dr. Laserstein
Rechtsanwalt.