Die sich selbst spielenDie FackelDie Bühne, Nr. 213


Sehr geehrter Herr!


Sie veröffentlichen in der „Bühne“ Nr. 213
einen Artikel unter dem Titel „Sie sich selbst spielen“, worin die
Stellen vorkommen:


„Als nämlich in Deutschland der Naturalismus nach einer vorüber
gehenden Mode starker künstlerischer Ausdruck einer Zeit wurde, OttoBrahm und nach ihm Max Reinhardt ihre Natürlichkeits-Theater auf
richteten, wurde der Defektschauspieler plötzlich dem Effektschau
spieler vorgezogen. – – Auch Alexander Moissi galt damals für einen
Defektschauspieler – – Eigentlich gehört auch Bassermann, heute als
der grösste Schauspieler Deutschlands anerkannt, zu den Defektschau
spielern . – – Max Reinhardt ging weiter; er suchte sich zur Dar
stellung eines Verkrüppelten auf der Bühne einen Verkrüppelten aus,
einen Heiseren spielte bei ihm oft ein Heiserer, und so wurden Schau
spieler oft durch Zufälle produziert, Menschen ans Licht der Bühne ge
zogen die wahrscheinlich sonst im Dunkel ihrer früheren Berufe ver
schollen wären. Der grösste Teil blieb dann beim Theater und eine
Anzahl Individualitäten und Spezialitäten unter den Episodisten des
deutschen Theaters haben wir dem Naturalismus zu verdanken. – –“


Ich ersuche Sie im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus,
in der nächsten Nr. der „Bühne“ bekanntzugeben, dass diese Betrachtung
des naturalistischen Theaters mit der Formulierung des „Defektschau
spielers“ im Gegensatz zum „Effektschauspieler“ der Fackel entnommen
ist.


Wiederholte Gelegenheiten, derartige Entlehnungen fest
zustellen, hat Herr Karl Kraus vorübergehen lassen. Im gegebenen
Falle legt er auf die Feststellung Wert, weil es nicht unmöglich ist,
dass er selbst in absehbarer Zeit seine Formulierung wieder verwen
det, und es wohl nicht angeht, dass er sich dann nachsagen lassen
müsste, er habe Ihren Artikel ohne Quellenangabe benutzt. Es kann
gar keinem Zweifel unterliegen, dass die vorhandene Formulierung
Ihnen bekannt war, und ich will gern die Entschuldigung gelten las
sen, dass Sie der Meinung waren, sie wie in anderen Fällen als ein
schon geflügeltes Wort, dessen Autor man nicht mehr anführen müsse,
gebrauchen zu dürfen. Dies ist aber beiweitem nicht der Fall und
darum ist die nachträgliche Angabe der Quelle unerlässlich, umso
mehr, als Ihr Artikel ausschliesslich auf dem entnommenen Gedanken
und insbesondere der entnommenen Formulierung beruht. Die Form,
in der Sie die gewünschte Feststellung vornehmen wollen, will ich
Ihnen überlassen.


Mit dem Ausdruck
der vorzüglichsten Hochachtung


Rekommandiert