Sehr geehrter Herr Doktor!


Sie werden sich gewiß an Frau Margarethe Minkus erinnern,
die Ihren Klienten Herrn Karl Kraus zum Gegenstand ihrer erotischen
Beziehungsideen gemacht hat. Die Patientin steht jetzt in meiner Behand
lung in einem Brünner Sanatorium und ich will den Versuch machen,
sie durch eine dezidierte Erklärung von Herrn Kraus, resp. Ihnen als
seinem Rechtsvertreter auf günstige Weise zu beeinflussen. Sie haben sich den
Ärzten Dr. Mandler und Dr. Edmund Rohe sowie der Mutter der Kranken, Frau Dr.
Benesch gegenüber bereit erklärt, eine derartige, von einem Arzt entworfene
Erklärung abzugeben. Ich würde dieselbe in Form einer auf eine Anfrage
meinerseits gerichtete Antwort stilisieren und Sie bitten, dieselbe, wenn
möglich, von Herrn Kraus mit der Unterschrift versehen zu lassen.


Ich erlaube mir, Ihnen beiliegend den Entwurf zu diesem Brief, wie ich ihn
mir vorstelle, zu übersenden und bleibe, mit vielem Dank für Ihre
freundliches, guten Zwecken dienendes Werk, Ihrer baldigen Antwort
entgegensehend


Ihr ergebener
D Zweig


Brünn, 22. November 1928.


Eine Änderung in der Form oder Stilisierung überlasse ich natürlich völlig Ihrem
Ermessen!


Herrn Dr. H. Zweig, Brünn, Rennergasse 7


Sehr geehrter Herr!


Ihren Brief vom 22. d.M. beantwortend, erlaube ich mir, Ihnen
mitzuteilen, daß ich Frau Margarethe Minkus völlig ferne stehe,
sind in gar keiner entschlossen mich nicht erinnere, sie persönlich kennen gelernt zu haben und gar keine Absicht und Möglichkeit habe, mich mit
den privaten Angelegenheiten der Frau Minkus in irgendeiner Weise
zu beschäftigen.


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