Verlag „Die Fackel“
Wien, III. Hint. Zollamts-Str. 3
Wien, den 23. Mai 1929
Zwischen dem Verlag „Die Fackel“, Wien III., Hintere Zollamtsstr. 3,
als zum Abschluss dieses
Vertrages legitimierten Vertreter des unten
genannten Autors
einerseits
und den Städtischen Bühnen, Frankfurt a.M., vertreten durch ihren
Vorstand, als zum Abschluss dieses Vertrages legitimierten
Vertreter
des
konzessionierten Schauspielunternehmens, Städt.
Schauspielhaus,
Frankfurt a.M., (nachstehend „Bühnenleitung“
genannt)
andererseits
ist folgender Vertrag
abgeschlossen worden:
§ 1. Übertragung des Aufführungsrechtes.
Der Verlag überträgt der Bühnenleitung das Recht der Aufführung
von „Die Unüberwindlichen“ von Karl Kraus an dem Städt.
SchauspielhausFrankfurt a.M.
§ 2. Aufführungspflicht.
Die Bühnenleitung verpflichtet sich, das
Werk am obengenannten
Theater in der obengenannten Stadt in der Spielzeit 1929/30 zur
Aufführung zu bringen.
§ 3. Urheberanteil.
Die
Bühnenleitung zahlt für die Überlassung
des in § 1 genannten
Werkes von der Bruttoeinnahme einen
Urheberanteil von 10 (zehn) Prozent.
Sogenannte Verpachtungen
nach § 2 Abs. 5 der Allgemeinen Bestimmungen
dürfen nur mit Zustimmung
des Urhebers erfolgen.
§ 4. Abrechnung.
Die
Abrechnung der sich aus § 3 ergebenden Beträge erfolgt:
monatlich, und zwar
spätestens bis zum 10. des darauffolgenden Monats
an den Verlag „Die Fackel“, Wien III., Hintere Zollamtsstr. 3.
Der Urheberanteil (Tantiemen
vergl. § 3) ist in Goldmark zu ver
rechnen, wobei die Goldmark
(1 Dollar = 4.20 Mark) zu dem am 2. Tage
nach der jedesmaligen
Aufführung geltenden amtlichen Dollarkurs ange
nommen wird.
§ 5 Vertragsabschluss.
Die durch Übersendung dieses Vertragsentwurfes gemachte Offerte
ist freibleibend für den Verlag, bis sich der Vertrag mit der
Unter
schrift
des Verlages in der Hand der Bühnenleitung
befindet.
§ 6. Vertragsstrafe.
Falls einer der beiden Vertragsteile eine Bestimmung dieses
Vertrages gröblich verletzt,
insbesondere wenn die Bühnenleitung die
Erstaufführung nicht
innerhalb der in § 2 vereinbarten Frist bewirkt
oder die in § 2 festgelegte
Verpflichtung nicht innehält, hat der
vertragsuntreue Teil dem
andern eine Vertragsstrafe von 1000– Mark
zu zahlen, ohne dass die
Pflicht zur Vertragserfüllung erlischt.
§ 7. Verzugsschaden.
Der
Bühnenleiter haftet für den aus nicht ordnungsmässiger
Erfüllung des Vertrages
entstehenden Verzugsschaden. Dieser Verzugs
schaden umfasst auch die
Geldentwertung.
§ 8.
Der Verlag erklärt, dass er der Vereinigung der Bühnenverleger
angehört – die Bühnenleitung erklärt, dass sie dem Deutschen Bühnenverein angehört.
Unwahre Angaben einer der Vertragsparteien hierüber
berechtigen den anderen
Teil, diesen Vertrag ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist aufzuheben
und eine Vertragsstrafe von 500.– Mark
zu fordern, ohne dass
weitere Schadenersatzansprüche hierdurch gege
ben werden.
Die zwischen den Mitgliedern
Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten
E.V. und der
Vereinigung der Bühnenverleger vereinbarten
„Allgemeinen Bestimmungen
für
den Geschäftsverkehr“ bilden einen wesentlichen Bestandteil dieses
Vertrages. Die Bühnenleitung erklärt durch ihre
Unterschrift, dass ihr
diese
Bestimmungen bekannt sind. Sollte eine der Vertragsparteien
entgegen den Bestimmungen
des Kartellvertrages Aufführungsvertrage mit
ausserhalb der Organisation
stehenden Bühnen bezw. Verlegern ab
schliessen, so ist die
andere Partei berechtigt, von diesem Vertrag
mit sofortiger Wirkung
zurückzutreten. Abgesehen davon ist durch einen
derartigen Verstoss gegen
den Kartellvertrag eine Vertragsstrafe von
hundert Goldmark zugunsten
der drei Verbände verwirkt. Die Beitreibung
erfolgt, ohne dass es der
Zustimmung der Vertragsparteien bedarf,
durch den Syndikus der Vereinigung der Bühnenverleger, dem ein
selbständiges Klagerecht im
eigenen Namen zusteht. Die beigetriebenen
Betrage sind für die Kosten
des gemeinschaftlichen Schiedsgerichts
zu verwenden.
§ 9.
Erfüllungsort: Wien.
§ 10.
Die Kürzungen des Buches für die Bühnenfassung
erfolgen nach Genehmigung
durch den Autor.
Wien, den 23. Mai 1929
Frankfurt Main, 25 VII 29
[Unterschrift] Richard Weichert