Die Unüberwindlichen. Nachkriegsdrama in vier Akten


Sehr geehrter Herr Doktor!


Aus Ihrem Schreiben vom 30. v.Mts. ersehe ich,
dass es Ihnen, bezw. Ihrem Auftraggeber in erster Linie
auf den Erhalt der Vertragsstrafe ankommt. Dieser Stand
punkt berührt mich umso eigenartiger, als nach Ihrem
Schreiben eine ganze Reihe von Bühnen ihrer Aufführungs
verpflichtung bisher nicht nachgekommen sind. Ich hatte
angenommen, dass Herr Kraus umso mehr Wert auf eine
Aufführung in Frankfurt a.M. legen würde. Dass
ich hierzu nicht nur heute, sondern bereits im Frühjahr
v.Js. bereit war, bitte ich aus unserem Schriftwechsel
nochmals festzustellen. Unter dem 25.II.1931 nannte ich
Ihnen als letzten Termin für die Aufführung den 19.4.1931.
Nur mit Rücksicht auf Ihren Brief vom 3.3. v.Js. habe ich
damals die Aufführung in das Spieljahr 1931/32 verschoben.
Selbstverständlich konnte ich mir nicht vorschreiben
lassen, das Stück in einem bestimmten Monat der folgenden
Spielzeit herauszubringen, nachdem seine Aufführung schon
einmal festgesetzt war. Bei der Gestaltung des Spielplanes
habe ich nicht nur auf die Interessen des Herrn Kraus
Rücksicht zu nehmen, sondern auch auf diejenigen des von
mir geleiteten Instituts, das heute einen harten Exi
stenzkampf führt. Ich gestatte mir, auch darauf
hinzuweisen, dass das Frankfurter Schauspielhaus – abge
sehen von den unentbehrlichen Kassenstücken – in der
laufenden Spielzeit angesichts des Goethejahres sich im
besonderen Masse den Klassikern zu widmen hat. Ich habe
deshalb mit guten Gründen in meinem Schreiben vom 12.3.31
mich nur auf die Spielzeit im ganzen festgelegt, wobei
ich selbstverständlich die berechtigten Wünsche des Autors
nach Möglichkeit zu erfüllen beabsichtigte. Da das Schreiben vom 12.3.31 unbeantwortet blieb, musste ich auf Ihr
Einverständnis schliessen.


In Uebereinstimmung mit dem Justitiar unseres
Haus, Herrn Magistratsrat Dr. Heun, lehne ich demgemäss
die freiwillige Zahlung einer Vertragsstrafe ab. Meiner
Aufführungsverpflichtung werde ich durch Heranziehung des
Leipziger Komödienhauses genügen, da mir die Leipziger
Aufführung, an der, wie mir mitgeteilt wird, der Autor
persönlich sehr stark mitgearbeitet hat, in besonderem
Masse geeignet erscheint. In dieser Absicht bestärkt mich
auch die Tatsache, dass das Frankfurter Publikum auf
Gesamtgastspiele auswärtiger Bühnen besonders günstig
reagiert.


In vorzüglicher Hochachtung
Dr. Kronacher


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