Sehr geehrter Herr Kollege!
Ich habe die Anregung Ihrer Kanzlei beider
seits auf die Berufung gegen das
Urteil des Landesgerichtesfür ZRS. Wien von
28.12.1933, G.Z.7 Cg 322/32, zu verzichten,
meinem Klienten vorgetragen. Er hätte ohne Ihre Anregung
die Berufung einbringen lassen,
und zwar zu dem Zwecke, um
die
beispiellosen Machenschaften ihrer Frankfurter
Klientin
noch klarer hinzustellen, als es
der Richter erster Instanz
ohnedies in so dankenswerter
Weise getan hat. Mein Klient hat
sich aber meiner Ansicht
angeschlossen, dass die Verdeutlichung
der begangenen Untreue d.h. die
weitere gerichtliche Ent
hüllung des Komplottes zwischen
der Theaterleitung und jenem
Herrn Bringezu (dessen Name von Nestroy für diesen Zweck er
funden sein könnte) in keinem
angemessenen Verhältnis zu dem
Kostenrisiko stünde. Andererseits wäre es nach ihrer Anregung
erschwert, den Eindruck zu
vermeiden, dass der Prozess aus
schliesslich zu dem materiellen
Zweck d.h. um die Konventional
strafe in der vereinbarten Höhe
zu erzielen, weiter geführt
werde. Herr Karl Kraus hat diesen Prozess
natürlich auch nicht
zu dem Zweck
geführt, um in Deutschand, und insbesondere unter
den „veränderten Zeitumständen“, als Autor zu reüssieren, son-
dern lediglich, um einen der
krassesten Fälle im Gebiete
der
Theatermoral zur Anschauung zu bringen. Da nun durch
diese zivilprossssuale Beendigung
der Angelegenheit sowohl
Ihre Mandantin wie der ihr nahestehende Herr Bringezu um
die Möglichkeit einer
Rehabilitierung gebracht werden, ver
weist mein Mandant, wie schon in der Verhandlung selbst, die
beteiligten Personen auf den
Strafrechtsweg.
Sie werden ersucht, diese
Mitteilung wei
terzuleiten.
Ich zeichne mit vorzüglicher
kollegialer
Hochachtung