Berliner Tageblatt


G.Z. 4 U 1095/29


An dasStrafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: Dr. Paul Amadeus Pisk, Musiker und
Musikschriftsteller in Wien IV.,Schleifmühlgasse Nr. 19,
durch:


Dr. Otto Pisk,
Rechtsanwalt


als Verteidiger des Beschuldigten Karl Kraus,
Schriftsteller in Wien III., Hintere Zollamtsstr. 3


wegen Ehrenbeleidigung


1 fach
1 Vollmacht
1 Beilage.


Bitte um Vertagung.


Ich lege die mir erteilte Vollmacht des
Beschuldigten vor.


Ich bitte die Hauptverhandlung vom
13. März 1930 zu vertagen, da mein Klient, Herr Karl Kraus,
laut der vorgelegten Vortragsankündigung im „Berliner Tageblatt“ am 13. März einen Vortrag in Berlin hält und es sich
doch vorbehalten möchte, zur Hauptverhandlung eventuell
persönlich zu erscheinen, überdies er wegen der Vorbereitun
gen für die Vorlesungen und mit Rücksicht auf seine Abreise
am 4. März 1930 nicht in der Lage war das gesamte Material
zusammenzustellen und mich ausreichend zu informieren. Den
nächsten Hauptverhandlungstermin bitte ich in der unmittel
baren Zeit nach dem 25. April 1930 anzuberaumen, da Herr
Kraus nach seinen Berliner Vorlesungen voraussichtlich in
anderen Städten Deutschlands Vorlesungen abhalten wird und
im Anschluss an die deutschen Vorlesungen in Prag am 26. und
29. März und in Mähr. Ostrau anfangs April Vorlesungen abhalten
wird. Voraussichtlich kehrt er Mitte April nach Wien zurück,
hält aber dann in Wien zwei Vorlesungen am 22. und 23. April,
Erstaufführungen eines Offenbach-Werkes, welches die Zwischen
zeit vollauf in Anspruch nimmt.


Dr. Oskar Samek
als Verteidiger des Schriftstellers
Karl Kraus.