Sehr geehrter Herr Doktor!
Verzeihen Sie diese (durchaus ausnahmsweise)
Belästigung! Ich sende Ihnen hier
einen Ausschnitt
aus dem
Annoncenteil der Arbeiter-Zeitung vom 5. ds., der Ihnen vielleicht
entgangen sein dürfte. Es ist
interessant, dass Herr König
in der Arbeiter-Zeitung den Namen Karl Kraus totschweigt,
selbst wenn er aus den „Letzten Tagen“ vorlesen oder über sie
sprechen will. Welcher
Unterschied besteht noch gegenüber der
Neuen Freien Presse?
Von allen Borniertheiten, die
bei der Verhandlung am 4. zum
Vorschein kamen war wohl das Entsetzlichste die vom Richter in der
Urteilsbegründung ausgesprochene Ansicht: „Herr Fritz König, na
ja, der gehört ja auch zur Fackel, das ist sozusagen eine
Filiale.“
Ich sende Ihnen den Ausschnitt und
schreibe Ihnen durchaus
nicht in der Absicht, diese unerfreulichen Dinge auf den
Umweg über Sie Herrn Kraus mitzuteilen, sondern nur
für Sie,
aber ich gestehe, dass
ich gerne mit Ihnen einmal über die
Angelegenheit König sprechen möchte. Ich habe Sie zu
diesem
Zweck am 28. Oktober
telefonisch angerufen, Sie waren aber damals
verreist. Es ist mir jetzt nicht
mehr möglich zu glauben, wie ich
es bisher tat, dass Fritz König bloss aus Dummheit
handelt.
Ich erwarte auf diesen Brief
durchaus keine schriftliche
Antwort. Wenn Ihnen eine gelegentliche Besprechung über diesen
Gegenstand erwünscht ist, so
bitte ich Sie um Ihren telefonischen
Anruf. Wenn nicht oder wenn sie
Ihnen überflüssig erscheint, so
bitte ich Sie, mir diese Zuschrift nicht übelzunehmen und grüsse
Sie bestens
Dr. K. Jaray