Dr.S/Fa.
G.Z. 15 a Bl 132/31
An das
Landesgericht für Strafsachen IWien.
Privatankläger: Dr. Paul Amadeus Pisk, Musiker und Musik
schriftsteller in Wien IV. SchleifmühlgasseNr. 19,
durch:
Dr. Otto Pisk
Rechtsanwalt in Wien
Beschuldigter: Karl Kraus, Schriftsteller in Wien III.,Hintere Zollamtsstrasse Nr.
3,
durch:
wegen Ehrenbeleidigung
1 fach
Antrag auf
Ergänzung des Protokolles der
Berufungsverhandlungvom
21. März 1931.
Der Privatankläger hat in der Berufungs
verhandlung vom 21.
März 1931 gegen den Beweisantrag des Verteidigers,
dessen Artikel „Schönberg-Uraufführungen in Wien“
aus der Berliner-Börsen-Zeitung Nr. 535 vom
Freitag des
15. November 1929 und
„Das
Jubiläums-Arbeiter-Symphoniekonzert“
aus der Arbeiter-Zeitung Nr. 313 vom Dienstag den 12.
November
1929 zu verlesen, mit
denen der Beweis erbracht werden sollte,
dass der Privatankläger seine Kritik dem Blatte, in dem sie
erscheinen soll, anpasst, also in
der Berliner-Börsen-Zeitung
die Arbeiterchöre von Hans Eisler, die revolutionäre Stücke
waren, unbesprochen liess,
während er sie in der Arbeiter-Zeitung als den Höhepunkt
des Abends bezeichnete, in denen die
Gedanken seiner Partei und ihre
Gefühle in Worte gefasst seien
und aus der Musik zu ihnen sprächen, die Behauptung aufge
stellt, dass über
diese Chöre deshalb nicht referiert worden
sei, weil er den ausdrücklichen
Auftrag gehabt hatte, an die
Berliner-Börsen-Zeitung nur über solche Stücke
Referate zu
senden, über welche
nicht schon aus Anlass der Berliner Auf
führung ein Referat in
dieser Zeitung erschienen sei. Dieses
Vorbringen des Privatanklägers ist in das Verhandlungsprotokoll
vom 21. März 1931 G.Z. 15 a Bl
132/31 nicht aufgenommen worden.
Da diese Behauptung des Privatanklägers,
die widerlegbar ist, für eine
etwaige Weiterführung der Ange
legenheit erforderlich ist, beantrage ich, das Protokoll durch
Aufnahme
des Vorbringens des Privatanklägers zu ergänzen.