Sehr geehrter Herr Kollege!
In Sachen Karl Kraus ./. Stadttheater Augsburg komme
ich auf mein Schreiben vom 16. ds.Mts. zurück und gestatte mir zu
bemerken:
1) Die
Schadensersatzforderung – und nur um diese kann es
sich handeln – ist meines
Erachtens in erster Linie gegen das
Stadttheater
Augsburg zu richten und nicht gegen die AugsburgerVolksbühne, welche sozusagen nur Abnehmer der vom Stadttheater
gestellten Aufführung war. Ich glaube sogar, dass im Streitfalle
die Passivlegitimation der
Augsburger Volksbühne an sich
verneint
würde.
2) Die Verletzung der Rechte
des Mandanten
ist zweifellos
gegeben. Eine
Unterlassungsklage wegen weiterer Rechtsverletzungen
kommt aber nicht in Frage,
da solche nicht zu befürchten sind, die
Wiederholungsgefahr vom
Kläger in keiner Weise glaubhaft gemacht
werden könnte.
Es bleibt also nur der
Schadensersatzanspruch. Dieser dürfte
nach folgenden
Gesichtspunkten zu bemessen sein:
Welchen Betrag hätte das Stadttheater
Augsburg unter
normalen Umständen aufwenden müssen, um von dem Berechtigten,
das ist wohl vom Mandanten, die
Erlaubnis zur Aufführung der
gebrachten Szenen zu erwerben?
Einen Punkt muss ich noch
hervorheben: Falls Mandant
„Die letzten Tage der Menschheit“ in
Verlag gegeben oder
einem
Theatervertrieb übertragen hat, ist noch die Frage der
Aktivlegitimation zu prüfen,
d.h. es wäre dann nicht Mandant selbst,
sondern der Verlag
berechtigt den Schadensersatzanspruch geltend
zu machen.
Vorerst wäre ich dafür, an
das Stadttheater heranzutreten,
wie Sie es bereits getan
haben und 100.– RM zu Gunsten der Kriegs
blinden zu verlangen. Ich
ersuche jedoch noch höflichst um Ihre
gefl. Rückäusserung.
Abschrift für Mandanten
liegt an.
Mit vorzüglicher Hochachtung
ergebener Kollege
Dr. HH Bernstein
Rechtsanwalt.