Die Fackel (Sozialistische Wochenzeitung)Die Fackel


L/S. BERLIN, DEN 23. September 1931.


Antrag
des Verlages „Die Fackel“,
alleiniger Inhaber Karl Kraus,
Wien, Hintere Zollamtsstrasse 3,
Antragstellers,
vertreten durch:


Rechtsanwälte Dr. Laserstein, Dr. Badrian,
Berlin NO.18, Landsberger Allee 115/116,


gegen


die freie Verlagsgesellschaft m.b.H.,
vertreten durch deren Geschäftsführer,
Berlin-Tempelhof, Hohenzollernkorso 67,
Antragsgegnerin,


auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.


An das
Landgericht I,Berlin.x


Der Antragsteller gibt seit 30 Jahren
in Wien die Zeitschrift „Die Fackel“ her
aus. Dies wird glaubhaft gemacht durch
die anliegend überreichten Hefte der
klägerischen Zeitschrift. Diese Zeitschrift wird seit mehreren Jahren stän
dig in Berlin vertrieben, und zwar so
wohl in Buchhandlungen wie bei Zeitungs
händlern. Dies versichert der unterzeich
nete Anwalt, der seit einigen Jahren
ständiger Vertreter des klägerischen Verlages und dessen Inhabers und Heraus-
gebers der „Fackel“, Kraus, in Berlin ist,
aus eigener Wissenschaft an Eidesstatt. Die Antragsgegnerin gibt seit Anfang September 1931 die
anliegende, gleichnamige Zeitschrift heraus, von
der 2 Nummern überreicht werden. Hiervon hat der
Antragsteller vor einigen Tagen durch den Unterzeichneten Kenntnis erhalten. Der Titel „Die Fackel
ist durch das Urheberrechtsgesetz geschützt, da
er einen eigenen geistigen Inhalt hat und zum Aus
druck bringen soll, dass gewisse Zustände der ge
genwärtigen Gesellschaft erleuchtet und erhellt
werden müssen.


Das Verhalten der Antragsgegnerin verstösst
aber auch gegen das unlautere Wettbewerbsgesetz.
Denn beide Zeitungen werden in Berlin vertrieben.
Beide Zeitungen haben eine sozialistische Tendenz;
die des Antragstellers ist frei sozialistisch, die
der Antragsgegnerin steht auf dem Boden des linken
oppositionellen Flügels der sozial-demokratischenPartei Deutschlands (Richtung Seydlitz-Zwickau).
Der Antragsteller benutzt zum Zwecke des Wettbe
werbes den Titel „Die Fackel“, und auch der Verlag
führt ihn seit 30 Jahren und zwar auch durch Ver
breitung in Deutschland. Die Antragsgegnerin be
nutzt ebenfalls zum Zwecke des Wettbewerbes jetzt
nachträglich diesen durch den Antragsteller popu
lär gemachten und in Deutschland durchgesetzten
Titel aus. Sie verstösst damit gegen §§ 1, 17
unlauteren Wettbewerbsgesetzes.


Ich beantrage daher wegen des hohen Scha
dens, den die Antragsgegnerin dem Antragsteller zufügt, den Erlass einer einstweiligen Ver
fügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Ver
handlung dahin:


1. Der Antragsgegnerin wird verboten bei Ver
meidung einer Geldstrafe von 10.000.– RM
oder einer Haftstrafe von 6 Wochen für je
den Fall der Zuwiderhandlung, eine Zeit
schrift unter dem Titel „Die Fackel“ oder
SWZ Die Fackel“ zu veröffentlichen, her
auszugeben, zu verlegen oder durch den
Druck zu verbreiten oder verbreiten zu las
sen, sowie sich in Abonnentenwerbungen,
Anzeigen und Reklame des Titels „Die Fackel
zu bedienen.


2. Die Kosten des vorliegenden Verfahrens
werden der Antragsgegnerin auferlegt.


Die Bemerkung „SWZ“ vor dem Titel „DieFackel“ ist kein genügendes Unterscheidungs
merkmal. Erstens einmal ist es gerichtsnoto
risch, dass derartige Zeitungen im Strassenhan
del nur unter dem pathologischen Schlagwort
wie vorliegend „Die Fackel“ ausgerufen werden.
Ausserdem gibt die Bezeichnung „SWZ“ (Sozialistische Wochenschriftzeitung) nur etwas über
die Erscheinungsweise und die mit der klägeri
schen etwa übereinstimmenden Tendenz des Blat
tes an. Diese Bezeichnung wird aber von der
Antragsgegnerin im Verkehr überhaupt nicht be
nutzt. Wie die letzte Seite der überreichten
Nummer (Inserate) ergibt, verlangt die Antrags- gegnerin nur Bestellungen unter dem Namen
Die Fackel“ und gebraucht bei ihren Werbungen,
in Reklamen und Abonnementsaufforderungen nur die
se Bezeichnung ohne jedes Unterscheidungsmerkmal.


Das angerufene Landgericht ist zuständig,
weil die gegnerische Zeitschrift sowohl wie die
des Antragstellers im Bezirke des Landgerichts I,Berlin, vertrieben werden, wo auch die gegneri
schen Exemplare erworben sind. Dies versichert
der Unterzeichnete ebenfalls an Eidesstatt.


Abschrift anbei.


Rechtsanwalt.