3 Ob 436/32
2
2R 12/32
16 Cg 552/31
17
Im Namen
der Republik!
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatsprä
sidenten Dr. Prey als Vorsitzenden und durch die Räte
des
Obersten
Gerichtshofes Dr. Roitz, Dr. Jaitner, Dr. Krauss
und Dr. Pupacher als Richter, in der Rechtssache der
klagenden Partei Lothar Rübelt, Photographen in Wien I.,Wollzeile 14,
vertreten durch Dr. Otto Gustav Wächter,
Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei KarlKraus, Eigentümer,
Herausgeber und verantwortlicher
Redakteur der Zeitschrift
„Die Fackel“ in Wien, III.,Hintere Zollamtsstrasse
3, vertreten durch Dr. Oskar Samek,
Rechtsanwalt in Wien, wegen Verletzung des Urheberrech
tes, infolge
Revision der klagenden Partei gegen das
Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2.
März 1932, GZ.2 R 185/32/13, womit infolge
Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Wien vom 28. Dezember 1931,
GZ. 16 Cg 552/31/7,
abgeändert wurde, in nicht öffent
licher Sitzung zu
Recht erkannt:
Der Revision wird nicht
Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagtenPartei die mit 128
S 68 g bestimmten Kosten des Revisions
verfahrens binnen
14 Tagen bei Zwangsfolge zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat aus seiner Lichtbildaufnahne einen
Ausschnitt hergestellt und
veröffentlicht, der nur
eine
einzelne Person darstellt. Es handelt sich also
um
ein
Photographieporträt.
Auch wenn das Urheberrecht
mangels der Voraussetzun
gen des § 13 (1.) UrhGes. dem Lichtbildner zusteht,
ist die Ausübung des
Urheberrechtes an die Zustimmung
der dargestellten Person
gebunden. Das Berufungsgericht
vertritt die Anschauung,
dass unter der Ausübung des
Urheberrechtes an Werken der Photographie nur jene Ver
fügungen zu
verstehen sind, die nach § 35 dem Inhalt des
Urheberrechtes an Werken der Photographie bilden und
dass der Rechtsschutz des
Urheberrechtes gegen Eingriffe
Dritter von der Zustimmung des Dargestellten unabhängig
sei.
Diese Auffassung findet im
Gesetze keine Stütze.
Das
Urheberrecht wird durch das Persönlichkeitsrecht
des Dargestellten am eigenen
Bilde allerdings nicht aus
geschlossen. Aber die Ausübung des Urheberrechtes ist
durch das
Persönlichkeitsrecht des Dargestellten be
schränkt. Zur
Ausübung des Urheberrechtes gehört aber
keineswegs bloss die
Verwertung der dem Urheber zuste
henden
Befugnisse, sondern auch die Geltendmachung des
mit dem Urheberrechte
verbundenen Rechtsschutzanspruches,
der ja nicht nur auf
Feststellung und Untersagung be
schränkt ist,
sondern auch auf vermögensrechtliche Lei
stungen gerichtet
sein kann.
Das in § 13 (2) und § 45 (1), Z.3 UrhG. ge
schützte
Persönlichkeitsrecht ist vom Urheberrechte
unabhängig, nicht aber
umgekehrt das Urheberrecht vom
Persönlichkeitsrecht des Dargestellten.
Diese Abhängigkeit von der
Zustimmung des Darge
stellten hat zur Folge, dass jede Ausübung des Urheber
rechtes, also
auch das Recht, einen Dritten auszuschlies
sen (vgl. § 35 „das ausschliessliche Recht“) und dessen
Geltendmachung durch die
Klage an die Zustimmung des Dar
gestellten
gebunden ist. Das Persönlichkeitsrecht des
Dargestellten am eigenen
Bilde ist stärker als das Ur
heberrecht des Gewerbeinhabers (§ 12 UrhGes.) Das Be
denken des Erstrichters, dass
der Urheber, der sich nicht
der Zustimmung des Dargestellten versichert, gegen Ein
griffe Dritter
nicht schutzlos bleiben dürfe, ist daher
nicht begründet. Eine unter
das Urheberrecht fallende
Verfügung über ein Photographieporträt des Dargestellten
bildet nicht eine
rechtmässige Ausübung des Urheberrech
tes, sondern eine
rechtswidrige, sogar strafbare Handlung.
Es widerspricht somit
durchaus nicht dem vom Gesetz auf
gestellten
Verhältnis zwischen dem Urheberrecht und dem
Persönlichkeitsrecht des
Dargestellten, dass einer rechts
widrigen Ausübung
des Urheberrechtes auch gegen Dritte
der Schutz versagt wird.
Da diese Zustimmung fehlt,
war das Klagebegehren
abzuweisen.
Eine Erörterung der übrigen
Rechtsfragen ist ent
behrlich.
Kostenspruch nach §§ 41 und 50 ZPO.
Oberster Gerichtshof, Abt.3
Wien, am 20. September 1932.
[Unterschrift]