Der Scheinwerfer. Programmschrift des Essener Stadttheaters, März 1932


Sehr geehrte Herren!


Wir bestätigen Ihr Schreiben vom 21. März, auf das
wir folgendes mitteilen:


Was zunächst Ihre Ausführungen bezüglich Aufnahme
der Klausel in die Verträge mit den Bühnen anlangt, der
Klausel nämlich, wonach Änderungen in Text und Musik ohne
Einverständnis des Herrn Kraus nicht gemacht werden dürfen,
so sind wir nach wie vor der Ansicht, dass die Unzukömmlich
keiten in Prag und in Essen auch bei ausdrücklicher Aufnahme
dieser Klausel sich ereignet hätten, weil der Schutz dieser
Klausel in keiner Weise über den durch den Kartellvertrag
gegebenen Schutz hinausgeht und weil Eigenwilligkeiten,
wie die, die Herr Dörner sich erlaubt hat oder Übergriffe,
wie sie die Essener Bühne trotz der ausführlichen, sehr
zur Zufriedenheit des Herrn Kraus ausgefallen Unterredung
in Berlin gewagt hat, sich im Theaterbetrieb nicht durch
Verträge und durch noch so strenge Klauseln ganz aus der
Welt schaffen lassen. Wir dürfen daran erinnern, dass in
dem von Ihnen in Ihrem Schreiben vom 21. März zitierten Fall
der Berliner Krolloper die blosse Drohung mit dem Kartell
vertrag genügt hat, um das Attentat abzuwehren. Der Schutz
hat sich also durchaus als ausreichend erwiesen, soweit
überhaupt ein solcher Schutz eben juristisch und vertrags-
dessen nach Essen mitgeteilt habe, dass in allen Fällen
von Abweichungen das Textbuch, nicht der Klavierauszug,
gelte. Wir haben überdies heute nach Essen geschrieben
und die Zusendung eines in Wien auskorrigierten Auszuges
avisiert, damit eventuell doch noch vorhandene Abweichungen
korrigiert werden können.


Was die Frage anlangt, ob Dr. Heinsheimer den
Artikel von Költzsch mit den Fussnoten vor der Zusammenkunft
mit Herrn Kraus gelesen habe, so ist sie selbstverständlich
zu verneinen. Er hatte das Heft des „Scheinwerfer“, welches
ihm als Autorenexemplar am 5. März zuging, nur durchgeflogen
und dabei eben das Bild, von dem die Rede war, gesehen.


Was nun die Frage einer Wiedergutmachung der in
Essen und Prag entstandenen Schäden anlangt, so wurde
bereits gestern, am 23. März, an beide Bühnen mit äusserstem
Nachdruck geschrieben und eine sofortige Erklärung über die
vollkommene Wiederherstellung des Originals verlangt. Sollte
eine befriedigende Erklärung nicht erfolgen, so werden wir
mit Herrn Dr. Samek über die Möglichkeiten zu weiteren
Schritten gegen diese Bühnen uns verständigen.


Wir hoffen damit, sämtliche Punkte Ihres
Schreibens in vollkommen einwandfreier und eindeutiger
Weise erledigt zu haben. Damit entfällt zugleich auch die
Voraussetzung, unter der Sie uns eine sofortige Auflösung
unseres Vertrages angeboten haben.


Mit vorzüglicher Hochachtung