Sehr geehrter Herr Kollege!


In Sachen des Herrn Karl Kraus gegen Stadt Essen dürfen wir
jetzt davon ausgehen, dass der Vertrag formell in Ordnung geht.


Nun handelt es sich um die Frage, ob
1.) dem Strafverfahren Fortgang gegeben werden soll,
2.) der Civilprozess einzuleiten wäre.


Zu 1) verweise ich auf meinen – vor Abgang der Strafanzeige an
Sie gegangenen – Brief vom 30.5., worin ich meiner Auffassung dahin
Ausdruck gab, es werde „die Essener Staatsanwaltschaft aus mehreren
Gründen von der Strafanzeige nicht gerade entzückt sein“.


Trotzdem hatte ich nicht geglaubt, dass sie den Mut aufbringen
werde, ohne jede Beweiserhebung einfach auf den Weg der Privatklage
zu verweisen.


Führen wir die Beschwerde an den Generalstaatsanwalt durch
– seit Kriegsverlust haben wir unzählige Beamte und kaufmännisch
tätige höhere Angestellte mit dem Zusatz „General“, teils mit, teils
ohne Gehaltszulage, beglückt – und lehnt der Generalstaatsanwalt
das sogenannte Offizial-Verfahren ebenfalls ab, dann bliebe Herrn
Kraus immer noch die Möglichkeit, den – m.E. ihm bestimmt zustehenden
Strafanspruch durch Durchführung des Privatklageverfahrens zu
verwirklichen.


Denn man kann hier doch nicht ohne weiteres diese vielen
Änderungen als gesetzlich oder auch nur vermutlich statthaft
bezeichnen.


Zu 2.) bleibt davon auszugehen, dass es sich bei diesem Aufführungsvertrag um einen Vertrag eigener Art handelt, so wie das
Reichsgericht in Band III S. 51 das des Nähern ausgeführt hat.


Die Hauptleistung für Essen war wohl die Aufführungspflicht
(weshalb schon die Natur des Vertrages als eines Pachtvertrages
verneint werden musste). Wenn die Pflicht zur weiteren Aufführung
gesetzwidrig verletzt wurde – und dieser Auffassung neige ich zu –
dann hätte Herr Karl Kraus – sofern er, was ich annehme, jetzt wieder
aktiv legitimiert ist – einen Rechtsanspruch auf die weiteren Auf
führungen. Er würde ihn nur verloren haben, wenn nachträglich er
selbst – oder vor ihm seine Rechtsvorgängerin – auf das Recht,
weitere Aufführungen verlangen zu können, verzichtet hätte.


Mit dem Hauptanspruch auf das Verpflichtetsein zu weiteren
Aufführungen würde ich gleichzeitig aber auch den Schadensersatz
anspruch als evtl. verbinden.


Die Klage würde ich beim Landgericht Essen zu erheben
anempfehlen: ich würde es also darauf ankommen lassen, ob Essen
etwa die Verweisung nach Berlin beantragte.


Ich bitte um Empfehlung an Herrn Karl Kraus.


Mit collegialer Hochachtung!
Elias
Rechtsanwalt.


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