Sehr geehrter Herr Lorre!
Ihren freundlichen Brief vom 26. November1934 habe ich erhalten.
Mit Ihrer Meinung, ich könnte mir nur
schwer vorstellen, was es bedeute
1½ Jahre Arbeitslosigkeit und
Krankheit wieder aufzuholen, scheinen Sie mir wohl nicht recht
zu haben. Ich habe im Gegenteil
die denkbar grösste Rücksicht
auf
diesen Sachverhalt genommen und Ihnen bewiesen. Mein Brief
hat sich tatsächlich mit dem Brief Ihrer Frau an Herrn K. ge
kreuzt, von dem ich Kenntnis
genommen habe. Was diesen und den
weiteren am Weihnachtstage eingetroffenen so freundlichen Brief
Ihrer Frau betrifft, so soll ich Ihnen Beiden den
allerherzlich
sten
Dank des Herrn K. mit seinen besten Grüssen und
Wünschen
übermitteln. Er war
sehr gerührt von der Mitteilung betreffend
die Schallplatten und hatte seine
Freude an den schönen Photo
graphien.
Ich kann Ihnen aber auch nach
Kenntnis
dieser Briefe nichts
anderes sagen, als dass meine beziehungs
weise unsere allergrösste
Rücksichtsnahme auf Ihre pariser
Situation, wie auf Ihre Anfänge im neuen Wirkungskreise wohl
ausser Zweifel steht. Leider ist
die in ihrem ersten Brief an
Herrn K. (5.11.1934) enthaltenen Zusage, „in zwei bis drei
Wochen, vielleicht schon in
einer Woche wenigstens etwas zu
schicken“, nicht erfüllt worden. Sie wollten sich auch, so
schnell Sie können, einen Betrag
ausborgen, um ihn zu schicken.
Ich bitte Sie, zu glauben, dass ich trotz der mit dem 15. Oktober
1933 terminierten Abmachung Sie
noch heute nicht bedrängen würde,
wenn es nicht aus vielfachen
Gründen leider notwendig wäre,
und ich möchte Sie nunmehr dringend bitten, den im Brief vom
5.11.1934 angeführten
Termin vom 13. Februar 1935, wo Ihr Vor
schuss abbezahlt ist und sich
ihre Gage auf 500 Dollar pro
Woche erhöht, nicht vorübergehen zu lassen, ohne Ihre Schuld
inklusive Zinsen abzudecken, da
ich sonst, wie ich bereits be
kanntgegeben habe, Herrn K., der sich selbst in den grössten
Schwierigkeiten befindet, zur
Zahlung heranziehen müsste. Ich
bitte Sie nunmehr dringend, das Erforderliche vorzukehren.
Was die Frage nach dem
Befinden des Herrn K. betrifft,
so kann ich Ihnen
erfreulicherweise mitteilen, dass es ihm heute
schon besser geht, dass er
aber in den letzten Wochen ziemlich
schwer erkrankt
(Venenentzündung im rechten Bein) und über drei
Wochen bettlägerig war, so
dass die Abende zwei Mal abgesagt
werden mussten und jetzt nur
unter Schmerzen durchgeführt
werden konnten. Ich schliesse mich seinen herzlichsten Grüssen,
die ich Ihnen zu übermitteln
habe, an und erwarte Ihre baldigste
Antwort.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Rekommandiert