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Sehr geehrter Herr Doktor Samek!


Ich habe soeben Ihren Brief vom 5.2.
erhalten. Dafür, daß ich Ihnen bis
heute nicht geschrieben habe, bitte
ich um Entschuldigung, es war
mein Fehler, – mein Mann, ob
wohl krank, erinnerte mich immer
wieder daran, Ihnen zu schreiben,
aber ich konnte mich während
der ganzen Zeit zu nichts aufraffen,
da ich zu große Aufregungen
hatte und noch habe. Ich kann Ihnen
das Geld jetzt nicht schicken, obzwar
ich es für Mitte Januar versprochen
habe. Ich glaubte bestimmt, mein Ver
sprechen halten zu können, aber die
Situation hat sich seither volkom
men verändert. Mein Mann liegt
seit 5 Wochen in der Klinik und
sein Amerikavertrag ist gelöst.
Er ist ohne Vertrag und ohne Ver
dienst und außerdem sehr krank.
Kein Mensch weiß davon etwas,
wir erzählen Jedem, daß es uns
sehr gut geht und daß mein
Mann in ein Sanatorium gegangen
ist, um der Ruhe zu pflegen, da,
wenn die Leute die Wahrheit
wüßten, es meinem Mann in
geschäftlicher Hinsicht ungeheuer schaden
würde. Auch Herr Viertel hat keine
Ahnung von all dem, daher hat er
Herrn K.K. in Wien erzählt, daß es
uns sehr gut geht. Meinen Aufent
halt und die Klinik bezahlt in
großzügiger Weise die GaumontBritish, wo mein Mann trotz Krank
heit den Film beendet hat, aber
wir besitzen keinen Heller Geld und
das ist nachweisbar und keinen Ver
trag. Das letzte Geld, welches wir
besaßen, haben wir Ihnen ge-
schickt, wodurch wir unseren guten
Willen, zu zahlen, ja gezeigt haben.
Eine Klage wäre zwecklos, da nichts
vorhanden ist, sie würde uns nur Un
annehmlichkeiten und Kosten verursachen,
Ihnen aber keinen Gewinn bringen. Je
gliche Aufregung muß meinem Mann
erspart bleiben, weil er sonst nicht
gesund wird. Der Arzt rechnet damit
daß er in 4 Wochen gesund sein wird,
spätestens, wenn er völlige Ruhe hat.
Mein Mann hat mehrere große Angebote,
sowohl für hier als auch für Amerika
und so ist zu hoffen, daß er in
der nächsten Zeit etwas abschließen
wird. In dem Augenblick, wo er
einen Vertrag haben wird, werden
wir bezahlen. Ich bitte Sie sehr, Herrn K.K.
vom Inhalt dieses Briefes in Kenntnis zu
setzen. Mit vorzüglicher Hochachtung


Cecilie Lorre