Österreichisches AbendblattDie FackelÖsterreichisches Abendblatt, 21.8.1933Die „Wiener Neuesten Nachrichten“, die sich neuerdings …


2. Oktober 1933.


Dr.S/Fa.


G.Z. 2 U 614/33


An das
Strafbezirksgericht I als Pressegericht
Wien.


Privatankläger: Karl Kraus, Herausgeber der Zeit
schrift ‚Die Fackel‘, Wien III., HintereZollamtsstrasse Nr. 3,
durch:


Beschuldigter: Willy Marx, verantwortlicher Redakteur
der Zeitung ‚Oesterreichisches Abendblatt
Wien IX., Canisiusgasse Nr. 8–10,
I. Kumpfgasse 1.


wegen Ehrenbeleidigung begangen durch die Presse


1 fach


Erhebung der Privatanklage.


Da die Vernehmung des Beschuldigten keine
Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass er den inkriminierten
Artikel verfasst oder in Kenntnis des Inhaltes zum Druck be
fördert hat, wird gegen ihn die Anklage nur gemäss § 30 Pressgesetz erhoben.


Inkriminiert werden die folgenden Stellen
des Aufsatzes:


a) „… des nicht ganz reinrassigen Wiener Bolschewiken
Karl Kraus.“


b) „… des berüchtigten Wiener Kretzerich.“


Ich stelle die folgenden
Anträge:


1.) auf Anberaumung einer Hauptverhandlung;
2.) auf Ladung des Beschuldigten;
3.) auf Verlesung des inkriminierten Artikels;
4.) auf Bestrafung des Beschuldigten;
5.) auf Veröffentlichung des Urteiles;
6.) auf Verfall der Zeitungsnummer mit dem inkriminierten
Artikel;
7.) auf Verpflichtung des Beschuldigten und zur ungeteilten
Hand mit ihm des Eigentümers, Herausgebers und Verlegers:
Vaterländischer Pressverein in Wien I., Renngasse Nr. 6
zum Ersatz der Verfahrenskosten.


Den Antrag auf Ergänzung der Vorerhebungen
gegenüber dem Täter und die Anklage gegen ihn behalte ich mir
vor.


Karl Kraus.


1