Neue deutsche BlätterDer Aufruf, 1.12.1933


Sehr geehrter Herr Doktor.


In der Angelegenheit des Herrn Karl Kraus
ca: AUFRUF gestatte ich mir mitzuteilen, dass in dem zum 1.l.M. datierten Hefte die von uns gewünschte Berichtigung nicht
enthalten war und dass ich auch vorläufig von Herrn Dr. Bill
keine Antwort erhalten habe. In der Zwischenzeit ist wieder
ein Artikel in der Zeitschrift „Neue deutsche Blätter“ erschienen
welcher gleichfalls das in der Fackel veröffentlichte Gedicht
zum Gegenstand hat und der Herrn Kraus sicherlich zur Kenntnis
gelangt sein dürfte.


Ich nehme an, dass Herr Dr. Bill in eini
gen Tagen antworten wird, zumal ich gehört habe, dass er sich
mit der juristischen Seite des Falles eingehend beschäftigt.


Die Kosten der Ihnen durch die Fa. Neugebauer
zugestellten Gesetzesausgaben betragen Kč 37.–. Diesen Betrag
wollen Sie gefl. gelegentlich an Herrn Dr. Dulberg überweisen.


Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen
über den Stand der Angelegenheit gegen Schamschula berichten.


Der mir bekannte Richter hat mich als Zeu
gen einvernommen. Ich habe auf Grund der Aktenlage ausgesagt
und erklärt, dass aus den mir vorgelegten Briefen hervorgeht,
dass Schamschula den aus der Karlsbader Vorlesung im Jahre 1928
zu Unrecht behobenen Betrag widerrechtlich zurückhält und trotz
wiederholten Mahnungen nicht bezahlt hat. Ueber meine Veranlas
sung wurde die Anklage erhoben und die Hauptverhandlung für den
12. l.M. angeordnet.


Da ich nicht überzeugt bin, ob der Schuldner
auf Grund des vorliegenden Materiales verurteilt werden wird,
habe ich ihn aufmerksam gemacht, dass ich als Vertreter des
Privatbeteiligten bei der Verhandlung intervenieren und über
dies den Konkursantrag stellen werde, wenn der veruntreute
Betrag samt Zinsen und Kosten nicht vor der Hauptverhandlung
bei mir bezahlt werden sollte. Da Schamschula ein neues Ge
schäft zu errichten beabsichtigt, wird er – wie ich hoffe –
unter dem Eindrucke des drohenden Konkursverfahrens und der
bevorstehenden Hauptverhandlung der Zahlungsaufforderung Folge
leisten.


Indem ich bitte, dies zur Kenntnis zu nehmen,
zeichne ich


mit vorzüglicher Hochachtung ergebener:
Dr. Turnovsky


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