Der Aufruf, 20.12.1933Karl Kraus’ Abschied? [20.12.1933]


Es war mir nicht möglich, mich früher
zu dem Inhalte Ihres Briefes vom 12. l.M. zu äussern, da
ich meinem Mandanten von Ihrem Verhalten vorerst Mittei
lung machen wollte.


Dadurch, dass ich mit Ihnen über die
Bedingungen, unter welchen Herr Karl Kraus von einer Ver
folgung des Eingriffes in seine Autorrechte abzustehen bereit war, verharre,
und korrespondiert habe, ist es zu meinem grössten Bedauern
geschehen, dass die im § 50 des Gesetzes vom 24.XI.1926Nro. 218 der Gesetzessammlung normierte Frist verstrichen
ist. Dadurch sind Sie der Verfolgung nach dem eben zitierten
Gesetze entgangen und ich muss gestehen, dass ich daran des
halb Schuld trage, weil ich mich bei meinem Klienten dafür
eingesetzt habe, er möge unter den Ihnen am 11.XII.1933
bekanntgegebenen Bedingungen von einer Verfolgung absehen.


Ich wiederhole, dass der in meinem Briefevom 10. l.M. dargestellte Sachverhalt der Wahrheit entspricht
und dass es unwahr ist, dass Sie den ersten Satz der in
der Nr. 6–7 des „AUFRUF“ auf Seite 197 veröffentlichten
Notiz nach meinem eigenen Ausspruche verfasst haben.


Ich muss leider darauf verzichten, diesen Tatbe
stand gerichtlich feststellen zu lassen, kann Ihnen jedoch
versichern, dass ich mich in Zukunft hüten werde, mich für
einen publizistisch tätigen Kollegen einzusetzen und insbe
sondere mit diesem andere als schriftliche Vereinbarungen
zu treffen.


Hochachtungsvoll:


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