Olleschauer Lesezeichen, Biographien bedeutender Schriftsteller


Abschrift.


G.Z. 26a Vr 74/34


Vernehmung des Beschuldigten.


Landesgericht für Strafsachen Wien I
am 23. Jänner 1934 Beginn 11


Gegenwärtig:
Richter: LGR. Meixner
Schriftf. Gurtner
Strafsache gegen Dr. Otto Eibuschitz und Andere.


Gabriele Schlesinger geb. Oberländer


Name der Eltern: Berta und Jakob verstorben
Vorname des Gatten: Hugo
28. Juli 1889
Lemberg
Heimatsgemeinde Wien
Gl.B. mos.
verw.
Beruf Industrielle
Wien, 3. Kaserng. 6
Schulbildung Volks- und Bürgerschule
Vermögen und Einkommen: unbewegliches Vermögen in unbekanntem
Werte, Monatseinkommen ung. 3.000 S
Pflicht zu sorgen niemand
Vorstrafen unbescholten


Ich nehme zur Kenntnis, dass gegen mich auf Antrag
des Priv.Ankl Karl Kraus die V.U. wegen Vergehens gegen das
Urh.Recht eingeleitet wird.


Ich bin Vorstandsmitglied der Altesse A.G. und ge
höre auch der Geschäftsleitung an. Die Herausgabe der Reklamelesezeichen mit Bildern und Biographien berühmter Persön
lichkeiten wurde von der Geschäftsleitung (Dr. Hoynigg, Frau
Oberländer und Frau Schlesinger) beschlossen. Ich selbst habe
mit der Druckerei Hölzl wegen der Herstellung und des Druckes
dieser Reklamelesezeichen verhandelt. Es ist möglich, dass
auch Dr. Hoynigg mitverhandelt hat. Ich habe der Druckerei den
Auftrag erteilt, diese Reklamelesezeichen mit Bildern und
Biographien berühmter Persönlichkeiten herzustellen. Welche
Persönlichkeiten darzustellen sind, habe ich der Druckerei
nicht gesagt, sondern die Auswahl dieser Persönlichkeiten
der Druckerei aufgetragen. Die Druckerei übernahm es 200
solcher Persönlichkeiten für einen Termin anzufertigen.
Die Verhandlungen wurden von mir mit dem Direktor Hofmann
oder auch Dr. Eckelt der Druckerei Hölzl geführt. Meistens
war bei solchen Verhandlungen Direktor Hofmann zugegen.
Anlässl. dieser Verhandlungen habe ich ganz bestimmt auch der
Fa. aufgetragen die Urheberrechte zum Zwecke der Bestellung
dieser Reklamebilder sich selbst zu besorgen. Ich habe dies
in der Weise getan, dass ich erklärte die Fa. Hölzl möge die
Unterlagen so besorgen, dass die Fa. Altesse keine Unannehm
lichkeiten daraus hat. Ich habe in Erinnerung, dass ent
weder Hofmann oder Dr. Eckelt, ich weiss es nicht mehr,
welcher von den Beiden, sich auch dahin äusserte, dass die
Frage des Reproduktionsrechtes unwichtig sei, weil die
Fa. Hölzl ohnehin gezwungen ist zur Herstellung der Reklamebilder ganz neue Zeichnungen der betreffenden Persönlichkei
ten anzufertigen.


Ob über die Verhandlungen mit der Fa. Hölzl irgend
welche schriftl. Aufzeichnungen gemacht wurden, ist mir nicht
erinnerlich.


Von dem Erscheinen des Reklamebildes mit der Dar
stellung des Priv.Ankl. Kraus hatte ich keine Kenntnis. Erst
anlässlich eines von Kraus an die Fa. Altesse gerichteten
Schreibens vom November 1933, in welchem er gegen die Heraus
gabe seines Bildes Stellung nahm, habe ich davon erfahren.
Zu dieser Zeit waren keine Bilder von dieser Serie mehr bei
uns vorrätig. Ich weiss nicht wann zum letztenmal Bilder
dieser Serie
somit auch das Bild des Karl Kraus, vertrieben wurde. Diese
Bilder sind in der 2. Hälfte des Jahres 1933 ausgegangen, den
genauen Zeitpunkt weiss ich nicht.


Wer das vorliegende Bild des Priv.Ankl. KarlKraus für die Zwecke des Reklamelesezeichens ausgesucht hat,
wer die Herstellung und Erzeugung des Bildes durchgeführt
hat, ist mir unbekannt.


V.g.g.


Unterschriften.