Zu Ihrem Briefe vom 16. d.M. gestatte
ich mir mitzuteilen, dass Herr Kraus selbst bei der letzten Unter
redung, bei welcher die Frage
einer Widerrufs- oder Ehrenbeleidigungs
klage wegen des Titels „Karl Kraus
gleichgeschaltet“ erörtert
wurde, erklärte, von einem
Einschreiten in diesem Falle absehen zu
wollen. So habe ich allerdings
Herrn Kraus
verstanden, als wir
die
besprochenen Angelegenheiten kurz rekapitulierten und fest
legten, welche Klagen überreicht
werden sollen. Ich weiss auch
nicht, ob man mit einer Widerrufsklage durchdringen würde und
die Ueberreichung einer
Ehrenbeleidigungsklage glaube ich nicht
empfehlen zu können, weil die in
dem Titel aufgestellte Behaup
tung „Karl Kraus
gleichgeschaltet“ zwar in beleidigender Ab-
sicht geäussert ist, aber doch
nur relativ, das heisst in Be
ziehung auf Herrn Kraus
beleidigend ist. Da der Artikel, der
unter diesem Titel hätte
veröffentlicht werden sollen, später
nicht erschienen ist, also auch
der Inhalt dieses Artikels un
bekannt bleibt, kann man nicht
gut sagen, dass der Titel allein
objektiv genommen eine Beleidigung darstellt.
Aus diesem Grunde glaube
ich, dass man von einer Verfolgung
absehen kann, bin aber
natürlich gerne bereit, auch in diesem
Falle die Klage zu
verfassen. Ich mache nur aufmerksam, dass die
Verjährungsfrist am 24. d.M.
endet.
Mit vorzüglicher
Hochachtung:
Dr. Turnovsky