Uebersetzung
des
vorbereitenden Schriftsatzes der Dr. Marie
Schnierer
im Stritte
wegen Widerrufs nach § 1330 A.B.G.B.
Ich bestreite das gesamte
Klagsvorbringen,
insofern
es in diesem Schriftsatze nicht ausdrücklich aner
kannt wird.
Wahr ist, dass ich
Herausgeberin und ver
antwortliche Redakteurin der
Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“
bin
und der Kläger
Herausgeber der Zeitschrift „Die
FACKEL“ ist.
Unwahr ist jedoch die
Behauptung, in der
Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“
sei behauptet worden, der
literarische Nachlass des Klägers würde verramscht / Bemer
kung des Anwaltes des
Klägers: der Ausdruck „im Ramsch
verkaufen“ konnte im
Tschechischen nicht anders wiederge
geben werden, als etwa „zu
reduzierten Preisen, um einen
Pappenstiel“. Die Uebersetzung ist von einem Dolmetsch be
glaubigt. /
In dem Artikel, dessen Inhalt ich nicht
kannte, den ich weder
gelesen, noch in Druck gegeben habe,
wurde keinesfalls behauptet,
dass Bücher oder der literari
sche Nachlass des Klägers zu
reduzierten Preisen um einen
Pappenstiel verkauft würde, sondern es war mitgeteilt, dieser
Nachlass werde im Ramsch
verkauft. Dies bedeutet soviel
wie in Bausch und Bogen verkaufen oder ausverkaufen.
Der Kläger hat
seine Bücher einem Prager-Verlag in Kommis
sion übergeben und dieser
hat Inserate veröffentlicht, aus
deren Inhalt der Leser mit
Recht annehmen konnte, dass die Bücher
des Klägers
tatsächlich zu etwas reduzierten Preisen ver
kauft würden. Im „Gegen-Angriff“ wurde dann nur das
betref
fende
Inserat mit einer Bemerkung abgedruckt.
Der Inhalt dieser Notiz war mir unbekannt und ich
musste
ihn auch gar nicht
kennen, da es sich um eine unbedeutende
und unwesentliche Notiz
gehandelt hat. Der Kläger behauptet
auch gar nicht, dass ich die Notiz
gekannt habe oder wusste,
dass die in ihr enthaltene Mitteilung unwahr sei, sodass
die Voraussetzungen für die
Geltendmachung des § 1330 A.B.G.B.
subjektiv nicht gegeben
sind. Allein auch in objektiver Hinsicht ist
der Tatbestand des § 1330 nicht gegeben, da weder der Kredit, noch
der Erwerb, oder das
Fortkommen des Klägers gefährdet erscheinen.
Infolge der Verschiedenheit
der vom Kläger
vertretenen und
in der
Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“
stets geäusserten
Ansichten
ist es vor allem unwahrscheinlich, dass überhaupt
Leser des Gegenangriff Werke des Klägers kaufen
würden, diese
mögen zu
normalen oder zu herabgesetzten Preisen angeboten
werden. Deswegen kann keiner
durch den im Gegenangriffveröffentlichten
Artikel vom Kaufe der Bücher des Klägers
abgehalten worden sein. Da
überdies die Bücher ausschliess
lich im Verlage
MELANTRICH verkauft werden, worauf im Inse
rat dieses Verlages
besonders hingewiesen war, musste sich
jeder Käufer
notwendigerweise an diesen Verlag wenden, wenn
er Bücher des Klägers kaufen
wollte, sodass jeder Käufer
wissen musste, resp. wusste, dass nur die Preise dieses
Verlages, mögen es nun die
normalen oder die herabgesetzten
sein, gelten. Es konnte
daher kein Leser die Ueberzeugung
gewinnen, dass die Bücher im
Melantrichverlag billiger zu
haben sind, als anderswo, im
Gegenteil durch die Notiz war
er nur darüber informiert, dass diese Bücher ausschliess
lich im Melantrichverlag zu haben sind.
Beweis: Die Nummer des
Gegen-Angriff, Zeugenschaft des
Franz Weisskopf, Schriftstellers in Prag – VII,Letohradská 32,
Parteienvernehmung.
Das Klagspetit ist
unrichtig, insofern
der
Widerruf einer nicht behaupteten Tatsache, nämlich
dass der literarische
Nachlass des Klägers zu reduzierten
Preisen um einen Pappenstiel
verkauft wird, begehrt wird.
Im Uebrigen ist das
Klagspetit der Pressenovelle
nachgebildet, indem es im Gegensatze zu der Vorschrift
des §
1330 A.B.G.B. verlangt, der Widerruf möge in gleicher
Weise und in der gleichen
Stelle veröffentlicht werden, wie
der zu widerrufende Artikel veröffentlicht war.
Der §
1330 A.B.G.B. sieht lediglich den Widerruf vor, keines
falls jedoch die
Veröffentlichung in einer Form, die mit der
Sache nichts zu tun hat und
die vom Kläger
begehrt wird.
Beweis: Parteienvernehmung.
Deswegen wird die
kostenpflichtige Abweisung
der Klage beantragt.
Prag, am 18. Dezember 1934.
Dr. Marie
Schnierer.