Die FackelMut, Verrat oder Feigheit?Der Gegen-Angriff, 22.7.1934Der Gegen-Angriff


Uebersetzung
des vorbereitenden Schriftsatzes der Dr. Marie Schnierer
im Stritte wegen Widerrufs nach § 1330 A.B.G.B.


Ich bestreite das gesamte Klagsvorbringen,
insofern es in diesem Schriftsatze nicht ausdrücklich aner
kannt wird.


Wahr ist, dass ich Herausgeberin und ver
antwortliche Redakteurin der Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“ bin
und der Kläger Herausgeber der Zeitschrift „Die FACKEL“ ist.


Unwahr ist jedoch die Behauptung, in der
Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“ sei behauptet worden, der
literarische Nachlass des Klägers würde verramscht / Bemer
kung des Anwaltes des Klägers: der Ausdruck „im Ramsch
verkaufen“ konnte im Tschechischen nicht anders wiederge
geben werden, als etwa „zu reduzierten Preisen, um einen
Pappenstiel“. Die Uebersetzung ist von einem Dolmetsch be
glaubigt. /


In dem Artikel, dessen Inhalt ich nicht
kannte, den ich weder gelesen, noch in Druck gegeben habe,
wurde keinesfalls behauptet, dass Bücher oder der literari
sche Nachlass des Klägers zu reduzierten Preisen um einen
Pappenstiel verkauft würde, sondern es war mitgeteilt, dieser
Nachlass werde im Ramsch verkauft. Dies bedeutet soviel
wie in Bausch und Bogen verkaufen oder ausverkaufen.


Der Kläger hat seine Bücher einem Prager-Verlag in Kommis
sion übergeben und dieser hat Inserate veröffentlicht, aus
deren Inhalt der Leser mit Recht annehmen konnte, dass die Bücher
des Klägers tatsächlich zu etwas reduzierten Preisen ver
kauft würden. Im „Gegen-Angriff“ wurde dann nur das betref
fende Inserat mit einer Bemerkung abgedruckt.


Der Inhalt dieser Notiz war mir unbekannt und ich musste
ihn auch gar nicht kennen, da es sich um eine unbedeutende
und unwesentliche Notiz gehandelt hat. Der Kläger behauptet
auch gar nicht, dass ich die Notiz gekannt habe oder wusste,
dass die in ihr enthaltene Mitteilung unwahr sei, sodass
die Voraussetzungen für die Geltendmachung des § 1330 A.B.G.B.
subjektiv nicht gegeben sind. Allein auch in objektiver Hinsicht ist
der Tatbestand des § 1330 nicht gegeben, da weder der Kredit, noch
der Erwerb, oder das Fortkommen des Klägers gefährdet erscheinen.
Infolge der Verschiedenheit der vom Kläger vertretenen und
in der Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“ stets geäusserten
Ansichten ist es vor allem unwahrscheinlich, dass überhaupt
Leser des Gegenangriff Werke des Klägers kaufen würden, diese
mögen zu normalen oder zu herabgesetzten Preisen angeboten
werden. Deswegen kann keiner durch den im Gegenangriffveröffentlichten Artikel vom Kaufe der Bücher des Klägers
abgehalten worden sein. Da überdies die Bücher ausschliess
lich im Verlage MELANTRICH verkauft werden, worauf im Inse
rat dieses Verlages besonders hingewiesen war, musste sich
jeder Käufer notwendigerweise an diesen Verlag wenden, wenn
er Bücher des Klägers kaufen wollte, sodass jeder Käufer
wissen musste, resp. wusste, dass nur die Preise dieses
Verlages, mögen es nun die normalen oder die herabgesetzten
sein, gelten. Es konnte daher kein Leser die Ueberzeugung
gewinnen, dass die Bücher im Melantrichverlag billiger zu
haben sind, als anderswo, im Gegenteil durch die Notiz war
er nur darüber informiert, dass diese Bücher ausschliess
lich im Melantrichverlag zu haben sind.


Beweis: Die Nummer des Gegen-Angriff, Zeugenschaft des
Franz Weisskopf, Schriftstellers in Prag – VII,Letohradská 32, Parteienvernehmung.


Das Klagspetit ist unrichtig, insofern
der Widerruf einer nicht behaupteten Tatsache, nämlich
dass der literarische Nachlass des Klägers zu reduzierten
Preisen um einen Pappenstiel verkauft wird, begehrt wird.


Im Uebrigen ist das Klagspetit der Pressenovelle
nachgebildet, indem es im Gegensatze zu der Vorschrift
des § 1330 A.B.G.B. verlangt, der Widerruf möge in gleicher
Weise und in der gleichen Stelle veröffentlicht werden, wie
der zu widerrufende Artikel veröffentlicht war.


Der § 1330 A.B.G.B. sieht lediglich den Widerruf vor, keines
falls jedoch die Veröffentlichung in einer Form, die mit der
Sache nichts zu tun hat und die vom Kläger begehrt wird.


Beweis: Parteienvernehmung.


Deswegen wird die kostenpflichtige Abweisung
der Klage beantragt.


Prag, am 18. Dezember 1934.
Dr. Marie Schnierer.