Sehr geehrter Herr Doktor.
Wie Sie wissen, wurde heute die
fortgesetzte Haupt
verhandlung in der obigen Angelegenheit abgehalten, nachdem ich
den Antrag gestellt hatte, dass
auch im Falle der Unmöglichkeit
der Zustellung der Ladung an Ing. Butschowitz das
Verfahren,
eventuell gegen Dr. Bill allein, fortgesetzt werden soll.
Zu der heutigen Verhandlung
ist Dr. Bill ohne Ver
teidiger erschienen. Er
teilte mit, dass der Verteidiger beider
Angeklagten erkrankt sei und
deswegen nicht erscheinen könne und
dass der Mitangeklagte, Ing. Butschowitz, krank und unbekannten
Aufenthaltes sei. Er
behauptete, Butschowitz habe vor einiger Zeit
einen Blutsturz erlitten und
sich in verschiedenen Sanatorien
aufgehalten. Wo er sich
jetzt befinde, sei ihm unbekannt.
Ich habe – ohne dies
vorläufig protokollieren
zu
lassen – erklärt, dass Herr Kraus auf die
weitere Strafverfol
gung des Ing. Butschowitz zu verzichten bereit
sei, wenn tatsäch
lich festgestellt werden sollte, dass es sich um einen schwer
kranken Menschen handelt.
Ferner habe ich
protokollarisch den Antrag gestellt,
das Verfahren gegen Ing. Butschowitz vorläufig bis zur
Feststellung
seines
Aufenthaltsortes und seines Gesundheitszustandes auszuschei
den und gegen Dr. Bill weiterzuführen.
Diese hatte irgendwelche
Beweisanträge auf einem Zettel
aufgeschrieben und in der gewohnt frechen Weise erklärt, evtl. zur
Abgabe einer Ehrenerklärung
bereit zu sein, doch könne natürlich von
einem Kostenersatze nicht
die Rede sein. Ich habe erwidert, dass ich
mit Dr. Bill über einen Vergleich nicht verhandle. Da nach der
Prozess
ordnung dem Angeklagten, auch wenn er einen Verteidiger hat, die La
dung zur Hauptverhandlung zu
eigenen Handen zugestellt werden muss,
hätte die Fortsetzung des
Verfahrens nur dann erfolgen können, wenn
ich die Anklage gegen Ing. Butschowitz bedingungslos zurückgezogen
hätte. Dies wollte ich aber
umsoweniger tun, als ich Dr. Bill kein
Wort glaube, demnach auch
nicht, dass Butschowitz tatsächlich so schwer
krank ist und weil da ich
festgestellt habe, dass dieser aus der Be
handlung des Mährischen Sanatoriums, in welchem er vor einigen Wo
chen war,
entlassen worden ist. Das Gericht vertagte
die Hauptver
handlung auf unbestimmte Zeit und beschloss, den Antrag auf Ausschei
dung des Verfahrens gegen
Butschowitz bis nach der Feststellung
seines
Aufenthaltortes
und Gesundheitszustandes zu erledigen. Ich werde
die Adresse zu ermitteln und
Informationen über den Gesundheits
zustand des Angeklagten Butschowitz zu beschaffen trachten und dann
die erforderlichen Anträge
stellen.
Ich bitte Sie, sehr geehrter
Herr Doktor, diese Mitteilung
zur Kenntnis zu nehmen und
an Herrn Kraus weiterzuleiten.
Mit dem Ausdrucke der
vorzüglichsten Hochachtung und den
besten Grüssen,
Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky