Die Fackel


Sehr geehrter Herr Kollege!


Ich komme nun endlich dazu, zu dem
Schriftsatz der Angeklagten Sonka und Schramek, den Sie mir
mit dem Schreiben vom 30. Juni 1936 eingesendet haben, Stellung
zu nehmen. Allerdings ist dies nur zu Punkt 3) möglich, der
erste Punkt betrifft eine Rechtsfrage, die ich ja auch im
gleichen Sinne entscheide, wie der Schriftsatz der Angeklagten,
nämlich, dass nicht das Bezirksgericht sondern das Kreisgericht
zuständig wäre und beide Angelegenheiten dort zu verbinden sind.
In dieser Hinsicht kann wohl auch nichts anderes passieren,
als dass die Angelegenheit wieder dem Strafkreisgericht über
wiesen wird. Beim Punkt 2) wird es wohl davon abhängen, ob
Herr Dr. Křepelka tatsächlich bezeugt, nur von Herrn Sonka in
formiert worden zu sein und im Drange der Arbeit den Schriftsatz auch für Herrn Schramek eingereicht zu haben. Dagegen ist
das Vorbringen im Punkt 3) offenbar nicht geeignet eine Ent
schuldigung des Angeklagten zu bewirken. Die Fackel hat, wie
schon seinerzeit vorgebracht wurde, nicht mehrere Ausgaben,
sondern nur eine Ausgabe, auf welcher je nach dem Erscheinungs
land der Preis in der Währung dieses Landes angegeben ist. Wenn
der Angeklagte seinem Verteidiger die mit der österreichischen
Preisangabe versehenen Ausgabe der Fackel zum Beweise angeboten
hat, so konnte er, da auf dieser Ausgabe nichts davon steht, dass
es eine „österreichische Ausgabe“ sei, sie nicht als solche be
nennen, wenn er nicht einen Gegensatz im Inhalt zu den anderen
Ausgaben ausdrücken wollte. Ein solches Vorbringen hätte nur
dann eine Berechtigung, wenn die Ausgabe ausdrücklich als
„österreichische Ausgabe“ bezeichnet wäre oder wenn es einen
inhaltlichen Unterschied zwischen der „österreichischen Aus
gabe“ und einer anderen Ausgabe gäbe. Wenn der Angeklagte meint,
er habe sich auf die „österreichische Ausgabe“ der Zeitschrift
berufen, weil er die Aeusserung von der Partei, welche den
Hausherrn hinausgeworfen hat, in der „österreichischen Ausgabe“
gelesen habe, so ist dies wieder ein Manöver, mit dem er von
seiner beleidigenden Aeusserung abzulenken versucht. Denn kein
Leser der „österreichischen Ausgabe“ kann auf die Idee kommen,
dass es auch noch eine andere Ausgabe gibt, wenn diese Tatsache
nicht auf der „österreichischen Ausgabe“ ausdrücklich vermerkt
ist oder er verschiedene Ausgaben vor sich hat. Der Fall liegt
nicht etwa so wie beim Prager Tagblatt oder anderen Zeitungen,
von denen man weiss und die es auch offiziell bekanntgegeben
haben, dass es eine Inlandsausgabe und eine Auslandsausgabe
gibt, die verschiedenen Inhalt haben. Wenn dem Angeklagten
beide Ausgaben, die mit österreichischem Preisaufdruck und die
mit tschechischen Preisaufdruck, vorgelegen waren, so musste
er feststellen, dass „beide Ausgaben“ bis auf den Preisauf
druck inhaltlich genau übereinstimmen. Lagen ihm diese Ausgaben
nicht vor, so hatte er keine Veranlassung, von einer „öster
reichischen Ausgabe“ zu sprechen, was gar keinen anderen Sinn
haben könnte, als dass in einer anderen Ausgabe die Stelle
nicht enthalten sei. Darin liegt aber die Beleidigung.


Ich hoffe, dass Sie unterdessen, im Be
sitze der eingesendeten Vollmachten, alles Nötige veranlasst
haben und bin, Sie aufs Herzlichste grüssend, mit vorzüglicher
kollegialer Hochachtung


Ihr ergebener


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