Reichspost, 9.2.1923Die FackelRandglossen. Ein „Nachruf“ nicht von, sondern auf Karl Kraus


Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus fordere ich Sie auf, die
folgende Berichtigung des in der Nr. 38 der „Reichspost“ vom 9. Februar 1923
ihn betreffenden Artikels „Randglossen. Ein‚Nachruf‘ nicht von, sondern auf Karl Kraus“ im Sinne des § 23 P.-G.
abzudrucken. Sie schreiben: „Obendrein hat ein Mensch, der sich mit Begeis
terung in den Umsturz gestürzt hat, aber sofort wieder aus allen Himmeln
der Republik stürzte, als ihm Genosse Breitner die neu erfundenen
Steuern abzwackte; der die Republik über den grünen Klee und über alle
monarchische Vergangenheit pries‚ bis er ihr wegen magistratlicher Be
lästigung mit Zahlungsaufträgen mit dem Auswandern drohte. Einer, der
nicht weiss, dass Demokratie, dass zumal Sozialdemokratie ‚zahl Krowott‘
heisst ….


Die hier mitgeteilten Tatsachen sind unwahr. Es ist unwahr, dass
die Stellung des Herausgebers der „Fackel“ zur Republik auch nur im
geringsten durch den Umstand verändert worden ist, dass er als Vorleser
die von Stadtrat Breitner eingeführte Steuer zu bezahlen hatte. Wahr
ist vielmehr, dass sich seine Kritik an der Tätigkeit der Lustbarkeits
steuerbehörde lediglich auf das Vorgehen eines Magistratsbeamten bezogen
hat, der für längst verrechnete und versteuerte Erträgnisse von Wohl
tätigkeitsveranstaltungen Beweise verlangte und mit der Vorführung durch
eine „k. k. Sicherheitswache“ drohte. Wahr ist, dass dieses Vorgehen von
Stadtrat Breitner selbst mit den Schreiben vom 23. November und vom
2. Dezember 1921 als „ohne sein Vorwissen erfolgt“ zurückgewiesen und
„die leidige Angelegenheit als restlos erledigt“ erklärt wurde. Wahr
ist somit, dass die Kritik der „Fackel“ sich nicht gegen die Republik
gekehrt hat, sondern ausdrücklich gegen die Ueberreste des monarchischen
Geistes in der Republik, der als „unausrottbar überlebend“ bezeichnet
wurde. Es ist unwahr, dass die Ankündigung des Vorlesers, er werde den
Schauplatz seiner Tätigkeit in die Vortragssäle anderer Staaten verlegen,
wegen magistratlicher Belästigung mit Zahlungsaufträgen, wahr ist, dass
sie aus dem oben angeführten Grunde erfolgt ist.


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