Karl Kraus (×)


U XII. 1902/25
23


Zeugenvernehmung
Strafbezirksgericht I. Wien
Abt XII. 13/III.1926 11h


Adalbert Sipos
38 J.
Jarovinicza, Kom Samos
r.k.
ledig
akademischer Maler
I. Krugerstraße 5 Pension Distinguee


Nach Vorhalt des § 153 StPO.
Ich erinnere mich an die gegenständliche Photografie
und zwar deshalb, weil die Sache später viel Staub
aufgewirbelt hat. Die gegenständliche Photographie
habe ich retuschiert. Ich habe den Auftrag erhalten,
die Knabenfigur zu karikieren u. zw. durch
Verbreiterung des Mundes, Vergrößerung der
Füße und Ansetzung längerer Ohren. Diesem
Auftrag bin ich auch, ohne etwas besonderes
dabei zu denken, nachgekommen. Mir ob
liegt die technisch-künstlerische Durch
führung der von meinem Auftraggebern
erhaltenen Idee. Ich kannte als Ungar
damals den Namen „Karl Kraus“ nicht. Ob
mir mein Auftraggeber damals überhaupt
den Namen des Porträtierten nannte, weiß
ich nicht. Ich habe zur Retuschierung die Photo-
graphie selbst erhalten.


Von wem ich damals die Photographie und den
Auftrag zur Karikierung erhielt, habe ich mich trotz
Nachsinnens und obwohl ich als richtig zugebe, daß
nur ein kleiner Personenkreis in Betracht kommt,
nicht erinnern können. Es kann sein, daß
der Auftragsgeber einer der drei Bilderrakteure:
Dr. Böhm, Dr. Krümes oder Hoffenreich war; es kann
auch sein, daß es der Chefredakteur Tschuppik
oder der Herausgeber Bekessy war.
Ich war damals besonders überlastet, weil ich auch
die Aufgaben des damals erkrankt gewesenen
Malers Biro zu versehen hatte.