U I 223/25
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Öffentliche
Hauptverhandlung.
Strafbezirksgericht I in Wien am 16.IX.1925 Beg. 11¼
Uhr.
Gegenwärtig:
Richter: Hofrat Dr. Höflmayr Schriftführer: Gi. Ri. Dr. Jung.
Privatankläger: Karl Kraus
nicht ersch. sein Vertr. Dr. Samek
Angeklagter: Ernst Elly, nicht ersch. als Machthaber gem § 455 St.PO.
Zustellung ausgew. Dr. Fritz Kaufmann
B.
auf Durchführung der
Verhandlung gemäß § 459 St.P.O.
Die Anklage wird
vorgetragen. Der Machthaber des
Angeklagten gibt über dessen persönliche Ver
hältnisse und die Anklage
an:
Die Generalien des Besch. sind mir dzt.
nicht bekannt und werde
dieselben nach
träglich bekannt gegeben werden.
Der Besch. war der verantwortliche Schrift
leiter der in der Zeit vom
14.8.1925 bis 21.8.1925
erschienenen Nummern 729 bis 739 der
Zeitung die „Stunde“.
Verlesen wird das Berichtigungsschreiben
des P.A. vom 11.4.1925 aus dem hg. Akte U I 109/25
Bl. Zl. 3 u. ro., das hg.
Urteil vom 25.IV.1925 U I 109/25/3,
das Urteil des Land.-Ger. f. Straf.-S. Wien I als
Berufungsgericht vom
24.VII.1925 Bl XV. 504/25/10.
Machthaber gibt an: Auf Grund des
hg.
Urteiles vom 25.IV.1925 U I 109/25/3 wurde die
vom P.A. verlangte Berichtigung, nach
B.W.
meiner Ansicht schon damals
in der gesetz
lich
vorgeschriebenen Weise, in No 642
der
„Stunde“ vom 29.IV.1925 veröffentlicht.
Ich gebe jedoch zu, daß die
damals
veröffentlichten
Bilder kleiner waren,
als die dem Berichtigungsschreiben der P.A.
beigegebenen. Eine Retouche
dieser letzteren
hatte jedoch
nicht stattgefunden. Die gegen
über den Bildern des Berichtigungsschreibens,
in der Wiedergabe der Bilder in No 642 der
„Stunde“ aufgehobenen Veränderungen (mit
Ausnahme der Verkleinerung)
sind durch
das
Rotationsdruckverfahren bedingt
und unvermeidlich.
Beantragt wird die Vernehmung des
Chefs der Bilderabteilung
der „Stunde“ H.
Ludwig Hoffenreich als Zge darüber,
daß,
mit Ausnahme der
Verkleinerung keine
Veränderungen mit den dem Berichtigungsschreiben
beigegebenen Bildern
vorgenommen wurden und daß die
aufgetretenen Veränderungen
sich nur
aus dem
Rotationsdruckverfahren
unvermeidbar ergeben.
Über denselben Umstand
beantrage
ich die Vernehmung des Klischeurs und
des Metteurs der „Stunde“ als Zg;
deren
Namen und Adressen
werden nachge
tragen werden.
Aus dem Urteil des Land.-Ger. fürStraf-S.
Wien I als Berufungsgericht
vom 24.7.1925 Bl XV
504/25/10 glaubte ich
jedoch
den Schluß ziehen zu sollen, daß
die Wiedergabe der Bilder
auch in der
gleichen Größe,
wie in dem Berichtigungsschreiben gefordert
werden könne.
Ich
veröffentlichte daher die Berichtigung
nochmals in No 714 der „Stunde“ vom 28.7.1925,
um eventuellen Folgen nach
§ 24 Abs. 6Preß-Gesetz zu entgehen.
Ich gab damals dem Klischeur den
Auftrag, die Bilder in
derselben Größe,
wie die dem
Berichtigungsschreiben beilie
genden Bilder wiederzugeben.
Die Wiedergabe der Bilder in No 714
der „Stunde“ erfolgte durch Vergrößerung
der schon in No 642 verkleinert, aber sonst
richtig, wiedergegebenenBilder, indem der
Auftrag erging die
Bilder in
der ursprünglichen Größe
wiederzugeben.
Ich gebe heute zu, daß das
eine
der reproduzierten
Bilder, nämlich das
berichtigende Bild, in der Nummer
714
der „Stunde“ scheinbar wieder etwas
zu klein wiedergegeben
wurde; dies
ist darauf
zurückzuführen, daß dieses
Bild eben durch Vergrößerung desselben
Bildes aus No 642 der Stunde entstanden
ist. Es kann mir jedoch
nicht zu
gemutet
werden, die Bilder mit dem
Zirkel auf ihre Größe genau nach
zuprüfen, sondern genügt es
wohl,
daß der äußere
Eindruck derselbe ist.
Zur
Zeit der Veröffentlichung der
No 714 war ich überzeugt, daß
die
veröffentlichten Bilder dieselbe Größe
hätten, wie die in dem Berichtigungsschreiben
wiedergegebenen.
Auch die in der No 714 der „Stunde“
wiedergegebenen Bilder waren nicht
retouchiert worden.
Beantragt wird die Vernehmung
des Klischeurs und Metteurs der
„Stunde“ als Zg. über die vorgebrachten
Tatsachen.
Ferner wird hinsichtlich der
Repro
duktion
in No 642 u No 714 der „Stunde“ be
antragt die Vernehmung des
Vorstandes
der „Staatl. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt“
Wien VII Westbahnstraße als
Sachverständigen darüber, ob
es möglich
sei, eine
Photographie im Rotations
druckverfahren unverändert
wieder
zugeben
oder ob die wiedergegebenen
Bilder durch den Rotationsdruck oder
durch Retouche verändert
erscheinen.
P.A.Vertreter beantragt den Besch.Machthaber
aufzutragen, zur nächsten
Verhandlung das Originalberichtigungsschreiben und sämtliche Klischees
für die gegenständlichen in
den Nummern
610, 632, 642 u. 714 der „Stunde“ wieder
gegebenen Bilder vorzulegen.
Dem Antrage auf Vernehmung
des
vom Besch. beantragten Sachverständigen
wird seitens P.A.Vertreters beigetreten.
Machthaber: Das Originalberichtigungsschreiben des P.A. existiert nicht mehr,
die noch bestehenden
Klischees vorzulegen
bin ich bereit.
R.A.
Dr Samek ersucht, es möge mit
der Ausschreibung der
gleichartigen
gegen Dr
Fritz Kaufmann hg an
hängigen Strafsache U I
140/25 bis zur
rechtskräftigen Erledigung dieser Straf
sache zugewartet werden.
Dr.
Fritz Kaufmann ist mit diesem
Antrage ausdrücklich u. nach
richterl.
Belehrung, daß
gem. § 24(6) P.G. das
Erscheinen einer jeder
weiteren
Nummer strafbar
ist, einverstanden
und
schließt sich demselben an.
Der Richter verkündet den
B.
auf Zulassung
der angebotenen
Beweise und
Vertagung der
Verhandlung auf
den 7.X.1925 12h
Mittags zur
Ladung des Zeugen
Ludwig Hoffenreich, des Metteurs u.
des Klischeurs der „Stunde“ und
des
Vorstandes der „Staatl. GraphischenLehr- u.
Versuchsanstalt“ in Wien VII.Westbahnstraße als
Sachverständigen.
Der Besch. ist in der Ladung
aufzufordern, (sämtliche
noch vor
handenen
Klischees für die in der
gegenständlichen Sache in der Nummer
610, 632, 642 u. 714 der „Stunde“ erschie
nenen Bilder mitzubringen.)
Dr Fritz Kaufmann nimmt den
Verhandlungstermin zur
Kenntnis
u. erklärt
binnen 10 Tagen die
Namen und
Adressen des Klischeurs
u. des Metteurs der Stunde
dem
Gericht bekannt zu geben.
P.A.Vertreter nimmt den neuen
Verhandlungstermin unter
Ladungs
verzicht zur Kenntnis.
Ende 12h
Dauer 2 halbe Stunden
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