U I 286/25
An das
Strafbezirksgericht IWien.
Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. Hintere Zollamtsstrasse 3
durch:
Beschuldigte: 1.) Anton Kuh, Schriftsteller, Wien III. Hotel Beatrix,Beatrixgasse 1
2.) Dr. Fritz Kaufmann, Schriftleiter der „Stunde“ WienVIII. Piaristengasse
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wegen Uebertretung des § 496 St.G. 1 fach
begangen durch die Presse
Berufungsausführung des Privatanklägers.
Gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I vom
21.1.1926, G.Zl. U I
266/25/5, habe ich bei der Hauptverhandlung
die Berufung wegen eines
vorliegenden Nichtigkeitsgrundes an
gemeldet und zugleich eine
Urteilsabschrift zur Ausführung
der Berufung erbeten. Die
Abschrift wurde meinem Anwalt am
1.11.1926 zugestellt.
Innerhalb der achttägigen Frist über
reiche ich durch ihn
nachstehende
Ausführung
der Berufung:
Ich mache den
Nichtigkeitsgrund des § 464 Ziffer 1(281 Ziffer 6) St.P.O. geltend.
Das Gericht erster Instanz hat seine Nichtzuständig
keit
ausgesprochen, weil es in der unter Anklage gestellten
Tat, Anwendung des Wortes
„Vortragsaffe“ auf die Person des
Privatanklägers, nicht den Tatbestand des § 496, sondern des
§ 491 St.G. erblickt. Diese Ansicht des Erstrichters, dass es
sich im vorliegenden Falle
um den Tatbestand des § 491 St.G.
handelt, ist jedoch
rechtsirrig. Der § 491 StG. enthält zwei
von einander verschiedene
Tatbestände: 1.) das Zeihen verächt
licher Eigenschaften und
Gesinnungen und 2.) das dem öffent
lichen Spott Aussetzen. Da
das Urteil erster Instanz nicht
klar erkennen lässt, welchem
der beiden Tatbestände es die Tat
unterstellt, sowohl von
einem „Tun und Treiben des Privatanklägers“
und von „
Charaktereigenschaften“ als auch davon spricht, dass
er dem öffentlichen Spott
ausgesetzt werde, muss ich mich mit
dem Urteile nach beiden Richtungen hin auseinandsetzen,
ob
wohl nicht
anzunehmen ist,dass der Privatankläger durch
die
ses Wort
verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehen
werden sollte und könnte.
Der erste Tatbestand, das
Zeihen verächtlicher Eigen
schaften und Gesinnungen,
wird von Lammasch auch als üble
Nachrede im engsten Sinn des
Wortes bezeichnet, von Stooss
unter die Angriffe auf den
guten Ruf eingereiht. Die Vor-
aussetzung der Unterstellung
einer Beleidigung unter diesen
Tatbestand ist, dass einer Person der Vorwurf von Charakter
fehlern gemacht wird, dass
der Beleidigte entehrender Handlun
gen, wenn auch nicht
bestimmter Handlungen beschuldigt wird.
Der zweite Tatbestand, der
öffentlichen Verspottung,
liegt dann vor, wenn jemand durch Antastung seines sittlichen
Wertes oder durch Vorwürfe
anderer Art in der öffentlichen
Meinung lächerlich gemacht
wird, jedoch genügt hiezu nicht
jedes Lächerlichmachen,
Scherz und Satire sollen dadurch nicht
ausgeschaltet werden,
sondern es ist erforderlich, dass das An
sehen schwer und dauernd
geschädigt wird, dass er in der öffent
lichen Meinung „entehrt“ wird.
Bezüglich des Begriffes
Schimpfwort lässt sich nun eine
für alle Fälle passende
juristische Definition überhaupt nicht
geben. Ein Wort kann bei
gewissen Personen und in gewissen Krei
sen als Schimpfwort
aufgefasst werden, in anderen nicht. Es ent
scheidet da der partikuläre
Sprachgebrauch und die Bedeutung
im einzelnen Falle.
Jedenfalls ist sich Theorie und Praxis
darin einig, dass die
Abgrenzung zwischen Verspottung und Be
schimpfung bei Gebrauch
eines einzelnen Wortes, das entweder
als Schimpfwort oder als
Verspottung aufgefasst werden könnte,
darauf Rücksicht zu nehmen
hat, ob dieses Wort mit einem bestimm
ten Vorfall als Folgerung
verbunden ist‚ ob dieses Schimpfwort
auch seiner Bedeutung nach
diesen Vorfall deckt und ob der
Vorwurf dieses Vorfalles
selbst der einer entehrenden Handlung
des Geschmähten enthält.
Ich verweise diesbezüglich
auf folgende Entscheidungen,
aus denen ich die wichtigsten, für diesen Fall entscheidenden
Sätze zitiere und zwar: Sammlung strafrechtlicher Entscheidungen des k.k. obersten Gerichts- und
Kassationshofes von Dr. JuliusGlaser, Dr. L. Adler, Dr. K.
Krall und Dr. Josef von Walter
Nr. 972,
1342 und 1383. – Plenarbeschlüsse und Entscheidungen des obersten
Gerichts- als Kassationshofes, Sammlung Dr. R. Novak, Dr. EduardGaumont und Dr. Karl Schreiber
Nr. 1723, 1870, 1933, 2112, 2926, 3376,
3436, 3716 und 4484, ferner die aus neuester Zeit stammende, in
den Sammlungen bisher nicht
veröffentlichte Entscheidung des
obersten Gerichtshofes vom 2. Juni 1922 in der bekannten
Ange
legenheit
des Dr. Alfred Diwald gegen Dr. Moritz Wlassak.
Insbes. möchte ich auf die
Entscheidung 1723 hinweisen,
wo als Kriterium des
Schimpfwortes angesehen wird, dass es sich
um „ein in ein Schimpfwort
gekleidetes abstraktes Urteil,
bezüglich dessen sich
mit Grund nicht sagen lässt, dass mit
demselben nicht die
Person des Anklägers, sondern nur seine
Handlungsweise
bezeichnet werden sollte“ handelt; ferner auf
die Sätze der Entscheidung 2926 in der
ausgesprochen wird, „dass
nicht jedes
Lächerlichmachen, auch wenn es sich als ein Karikie
ren darstellt oder in
einer sarkastischen oder ironischen Äus
serung besteht, genügt,
dass dem Lächerlichmachen doch wohl ein
Element des Herabsetzens
in der öffentlichen Meinung eigen
sein muss. Auch Scherz
und Spott können im Lächerlichmachen
übereinkommen, aber sie
unterscheiden sich dadurch, dass letztere
zugleich herabwürdigt, verächtlich macht“. Ferner insbes. aber auf
die Entscheidung 3716: „
Sanders Wörterbuch der deutschen Sprache, §
1146, stellt den Begriff des ‚Spotte aussetzen‘ gleich
jenem des ‚in Schande bringen‘. In gleicher Weise
fordern Hye, das
österreichische Strafrecht, S. 744 und über
einstimmend mit ihm die Kassationsentscheidung Slg.Nr. 3376
zum Begriffe der
Verspottung, dass die Person des Verspotteten
oder
dessen Eigenschaften ‚verächt
lich dargestellt
oder wenigstens
gemacht werden‘. Finger,
Strafrecht, 1910, II. Bd.
S 203, führt bei Besprechung
des § 491 StG. aus: ‚Unter Verspot
tung ist hier nicht
schon Lächerlichmachen zu verstehen, sondern
(wie die Ueberschrift
‚Schmähungen‘ zu § 491 StG. und der Ge
brauch des Wortes
Schmähschriften im Kontext beweist) nur
jenes Lächerlichmachen,
durch welches jemand in der
Achtung herabgesetzt
werden soll‘.
Stooss, Lehrbuch
des österreichischen Strafrechtes, 1909, S. 305.
sagt: ‚Auch wer
jemand dem öffentlichen Spotte aussetzt, begeht
eine Schmähung. Zum
Tatbestände gehört nicht nur, dass jemand
einen anderen
verspottet, sondern, dass er ihn dadurch dem öffent
lichen Spotte aussetzt,
dass er Gegenstand des öffentlichen
Spottes wird. Dadurch
wird zwar nicht sein guter Ruf, aber doch
sein
Ansehen bei den Mitbürgern
herabgesetzt‘. Soll daher die Verspottung bis zur
Höhe strafrechtlicher
Ahndung heranreichen, so muss sie in
einer öffentlichen, gegen
den Privatankläger gerichteten Hand
lung bestehen, die ihn
gleich der Schmähung in seinem Ansehen
herabsetzt und die Achtung
vor ihm mindert. Das Lächerlich
machen an sich genügt somit
nicht, es muss ihm zugleich dieser
ehrverletzende Charakter
innewohnen.“
Da der Akt Diwald-Wlassak
dem Strafgerichte vielleicht
schwer zugänglich sein
könnte oder erst beschafft werden müsste,
lege ich Abschriften dieser Entscheidungen bei.
Wie aus diesen
Entscheidungen hervorgeht, hatte ProfessorWlassak damals
folgende, unter Anklage gestellte Aeusserung ge
macht: „Das haben sie vom Diwald, sagen
sie diesem Esel, dass das
ein Blödsinn ist! “ Im Gegensatze zum Strafbezirksgerichte I,
welches diese Tat dem
Tatbestande des § 491 StG. unterstellte,
haben das Landesgericht f. ZRS. und der oberste Gerichtshof den
Tatbestand des § 496 für gegeben erachtet, der oberste Gerichtshof mit folgender
für diesen Fall auch wichtigen Begründung:
„Was zunächst die
Frage der Anwendung des materiellen
Strafgesetzes auf den
vorliegenden Fall anlangt, ist davon
auszugehen, dass die
Bezeichnung des Privatanklägers als ‚Esel‘,
wie das Berufungsurteil
zutreffend ausgesprochen hat, eine Be-
schimpfung ist.
Unter dieser ist eine Ehrverletzung zu verste
hen, die – selbst wenn
sie ihrem Inhalte nach minder bedeutend
sein sollte, – einen
schweren Charakter durch ihre Form erhalte.
Nicht mit Unrecht wird
die Beschimpfung in der Wissenschaft
auch Formbeleidigung
genannt. Der Angriff auf die Ehre kenn
zeichnet sich bei der
Beschimpfung durch eine gewisse Roheit
des Ausdruckes,
Beschimpfung ist mehr als Beleidigung, denn sie
erfordert die
verletzende Form beleidigender Missachtung. Es
ist zweifellos richtig,
dass, wie das bezirksgerichtliche Urteil
aussprach, der Sinn der
Aeusserung des Angeklagten auch der war,
das Ansehen des
Privatanklägers in der Oeffentlichkeit, insbe
sondere in der
Studentenschaft zu untergraben, seine juristi
schen Fähigkeiten
herabzusetzen und seine Unkenntnis des rö
mischen Rechtes zu
brandmarken. Mit der Erhebung der Vorwürfe
gegen den Privatankläger
hat sich aber der Angeklagte
begnügt. Er hat vielmehr
durch die Wahl des Wortes ‚Esel‘ dem
Privatankläger überdies
noch seine Verachtung bezeugt. Und selbst
wenn der Angeklagte in
der Lage gewesen wäre, den Wahrheitsbeweis
für den von ihm gegen
den Privatankläger erhobenen Vorwurf der
Unkenntnis des römischen
Rechts zu erheben, und selbst wenn
er sich als Lehrer
verpflichtet und berechtigt gehalten hat,
das Ansehen des
Privatanklägers in der Oeffentlichkeit und bei
der Studentenschaft zu
untergraben und seine juristischen Fä
higkeiten zu beleuchten,
so war es ihm doch verwehrt, dies mit
dem Ausdruck seiner
Missachtung zu verbinden, die sich in dem
Worte ‚Esel‘ zweifellos
kennzeichnet. Die vom Berufungsgerichte
vorgenommene
Unterstellung der Tat des Angeklagten unter die
Bestimmungen des § 496 StG. entsprach somit dem Gesetz.“
Ferner ist zur Beurteilung
dieses Falles auch noch
der
Sinn der Entscheidung Nr. 1870
heranzuziehen, deren Inhalt
in dem Marginale dieser Entscheidung treffend mit den Worten
wiedergegeben ist: „Mit
tatsächlichen Anführungen als nach
Form und Inhalt
angemessene Folgerung verbunden, lassen sich
Ausdrücke wie Lügner,
Verleumder, Wucherer u.dgl., welche ihrer
Bedeutung nach eine
Schmähung in sich schliessen, nicht Schimpf
worten gleich der
Bestimmung des § 496 StG. unterstellen.“
Als wichtigste Voraussetzung
muss aber dann auch gelten,
dass sich der Inhalt des gebrauchten Wortes mit dem Inhalte
der Handlung, auf die das
Wort angewendet werden soll, deckt.
Aus dem vorher Gesagten und
den zitierten Entscheidungen
ergibt sich, dass es zweierlei Arten von Schimpfworten gibt,
solche, welche ihrer
Bedeutung nach eine Schmähung in sich
schliessen und solche,
welche dies nicht tun. Eine Schmähung
schliessen Schimpfworte dann
in sich, wenn sie gleichzeitig
in der Lage sind zum Ausdrucke zu bringen, dass der Beschimpfte
verächtlicher Gesinnungen
und Eigenschaften geziehen wird.
Aber auch bei der Anwendung
dieser Worte wird die Subsumtion
unter den Tatbestand des § 491 StG. nur dann angenommen, wenn
sie als nach Form und Inhalt
angemessene Folgerungen mit tat
sächlichen Anführungen
verbunden sind. Sind sie mit tatsächlichen
Folgerungen verbunden,
welche den Beleidigten nicht verächt
licher Eigenschaften und
Gesinnungen zeihen, so liegt nicht
der Tatbestand des § 491, sondern der des § 496 StG. vor.
Die Entscheidung 1870 führt mit Recht und wohl
überlegt nur
Ausdrücke wie Lügner, Verleumder, Wucherer
u. dgl. als derartige
Schimpfwörter an, welche je nach dem,
ob sie mit tatsächlichen
Anführungen verbunden sind oder
nicht, den Strafbestimmungen
des § 491 oder 496 StG. zu
unterstellen sind, weil
diese Wörter eben eine Handlungsweise
beinhalten, welche auf
verächtliche Eigenschaften und Gesinnun
gen hinweisen und
gewissermassen nicht anderes sind als
eben das Zeihen dieser
Eigenschaften. Andere Worte aber, insbes.
als Schimpfwörter verwendete
Tiernamen, die Wörter Trottel,
Trampel, Kerl u.dgl. enthalten keinen Hinweis auf derartige
Handlungen, ja in vielen
Fällen, ist die Grundlage des Wortes
nicht einmal eine
Beleidigung und nur das Wort selbst. In
diesen Fällen ist
selbstverständlich die Anwendung des
Wortes, selbst in Verbindung
mit tatsächlichen Anführungen
nur dem Tatbestand des § 496 StG. zu unterstellen, weil nicht
die tatsächlichen
Anführungen, sondern nur die Anwendung des
betreffenden Wortes ein
Schimpfwort darstellt, die
Beleidigung bildet. Selbst mit Berufung auf den Unsinn, den
eine Person geäussert oder
gelehrt hat (Fall Diwald-Wlassak)
ist also die Anwendung des Wortes „Esel“ eine Beschimpfung.
Die Zusammensetzung des
Schimpfwortes mit einem an
deren Worte, das auf eine
bestimmte Tätigkeit hindeutet, die
an und für sich nichts
Ehrenrühriges enthält, ändert an
Tatbestände nichts.
Das Wort „Vortragsaffe“ bedeutet nichts anderes
als „Affe von einem
Vortragenden“. Die Vortragstätigkeit ent
hält nichts Ehrenrühriges‚
auch das was der Beschuldigte als
beabsichtigten Inhalt dieses
Wortes angegeben hat, die Hast
sich in Vorträge zu stürzen, das Sichrufenlassen, die Verbeu
gungen, alles das ist nicht
der Vorwurf verächtlicher Handlungen
oder Gesinnungen, die
selbst, wenn sie tatsächlich aus dem Worte
„Vortragsaffe“
herauszulesen gewesen wären, was aber doch nicht
der Fall ist, selbst wenn
der Beschuldigte diese Tatsachen
ausdrücklich angeführt hätte
und daraus als Schlussfolgerung
in das Wort „Vortragsaffe“ zusammengefasst hätte, nicht ge
eignet wären, es des
Beschimpfungscharakters zu entkleiden.
Dazu kommt aber noch, dass
der dem Worte gegebene Inhalt
eine nachträgliche, ungeschickte Konstruktion ist, da der
Beschuldigte selbst zugibt, niemals einen Vortrag des Privatanklägers gehört zu haben, dass ihm über diese nur Mitteilungen
gemacht
referiert
wurde, sodass von einer Kritik keine Rede sein kann.
Auch der Anlass, der den Beschuldigten zur Verwendung des Wortes
führte, beweist den
Schimpfcharakter. Der Beschuldigte hatte
irrtümlich angenommen, dass
das Wort „Cowboy“ in dem Artikel
der Fackel eine Anspielung auf ihn sei. Dafür
revanchierte
er sich
durch das Wort „Vortragsaffe“. Gerade
dieser Zusammen
hang und diese Art der Reaktion ist für die
Beschimpfung typisch.
Dem Beschuldigten war es auch gar nicht um eine Kritik
zu tun, sondern
ausschliesslich um eine Beschimpfung als Reaktion
auf die auf sich bezogene
Bezeichnung als „Cowboy“. Denn
selbst
bei einem
Journalisten von der Art des Beschuldigten ist
es
nicht glaublich‚ dass
er eine seit 15 Jahren ausgeübte Vortrags
tätigkeit des Privatanklägers, der in dieser Zeit im In- u.
Aus
lande
nahezu an 400 Vorträge hielt, der in diesen die auserlesen
sten Werke der
Weltliteratur, Goethes, Shakespeares, Nestroys,
Raimunds, Gogols … u.s.w. vorlas, einen grösseren Teil des Rein
ertrages in den letzten drei
Jahren mehr als 35.000.– S wohl
tätigen Zwecken zuführte‚
eine Vortragstätigkeit, von der das
eigene Blatt des
Beschuldigten in den überschwenglichsten Lo
besworten sprach, mit dem
Worte „Vortragsaffe“ kritisieren
wollte und kritisieren zu
können glaubte. Es wäre ganz absonder
lich, das als Kritik
aufzufassen und hiefür einen Wahrheitsbe
weis zuzulassen, dem eine
ästhetische Beurteilung noch überhaupt
nicht zugänglich
ist.
wäre.
Dass auch die Verbindung des
Wortes „Affe“ mit „Vortrag“,
also die Bezugnahme auf die Tätigkeit des Privatanklägers an
dem Schimpfwortcharakter nichts ändert, ergibt sich aus der
Heranziehung von Beispielen,
bei denen wohl kein Gericht den
§ 491 StG. anwenden würde. Wenn jemand ein Dienstmädchen für
eine Ungeschicklichkeit im
Dienst als „Diensttrampel“, einen
Journalisten, weil er seine
Tätigkeit der Zeitung verkauft,
die ihm die besten Brocken
an Geld dafür hinwirft, als „Press
köter“ u.dgl. bezeichnen
würde, so würde wohl klar, trotz dem
Zusammenhange mit einer
Berufstätigkeit jedes Gericht darin
nur eine Beschimpfung
erblicken, wofern eben nicht, wie schon
erwähnt, die Tätigkeit
selbst das Zeihen verächtlicher Handlun
gen und Gesinnungen
enthielte. Ich verweise noch auf die Entscheidung 3436, in der eine Verurteilung nach § 496 StG. er
folgte für eine Notiz, in
welcher der Satz enthalten war „Bis
auf einige ganz wenige
Lumpen, sind keine Streikbrecher zu
verzeichnen.“
Sämtliche Gerichte denen dieser Akt vorgelegen
ist, haben keinen Zweifel
gehabt, dass, wiewohl es sich um Streik
brecher handelte, die
Anwendung des Wortes „Lumpen“ auf sie
den Tatbestand des § 496 darstellt, denn die Anwendung eines
Wortes, welches nicht
ausschliesslich die mit ihr ver
bundene Tatsache beinhaltet,
muss selbst dann zu einer Bestra
fung nach § 496 führen, wenn diese Tatsachen wahr sind.
Ich stelle daher den
Berufungsantrag
das Urteil erster Instanz aufzuheben und entweder die Be
schuldigten wegen
des Tatbestandes des § 496 ver
urteilen oder die Sache an
das Gericht erster Instanz zurück
zu verweisen.
für Karl Kraus,
Dr. Oskar Samek.