Plenarbeschlüsse und Entscheidungen des obersten Gerichts- als KassationshofesEntscheidung Nr. 3376Lehrbuch des Österreichischen StrafrechtsDas österreichische StrafrechtEntscheidung Nr. 2926Entscheidung Nr. 1723Entscheidung Nr. 4484Das österreichische Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und die Preßordnung vom 27. Mai 1852Entscheidung Nr. 3716Entscheidung Nr. 1870Wörterbuch der deutschen SpracheDie FackelEntscheidung Nr. 3436Sammlung strafrechtlicher Entscheidungen des k.k. obersten Gerichts- und CassationshofesEntscheidung Nr. 1933Entscheidung Nr. 2112


U I 286/25


An das
Strafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. Hintere Zollamtsstrasse 3
durch:


Beschuldigte: 1.) Anton Kuh, Schriftsteller, Wien III. Hotel Beatrix,Beatrixgasse 1
2.) Dr. Fritz Kaufmann, Schriftleiter der „StundeWienVIII. Piaristengasse 56
wegen Uebertretung des § 496 St.G. 1 fach
begangen durch die Presse


Berufungsausführung des Privatanklägers.


Gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I vom
21.1.1926, G.Zl. U I 266/25/5, habe ich bei der Hauptverhandlung
die Berufung wegen eines vorliegenden Nichtigkeitsgrundes an
gemeldet und zugleich eine Urteilsabschrift zur Ausführung
der Berufung erbeten. Die Abschrift wurde meinem Anwalt am
1.11.1926 zugestellt. Innerhalb der achttägigen Frist über
reiche ich durch ihn nachstehende
Ausführung der Berufung:


Ich mache den Nichtigkeitsgrund des § 464 Ziffer 1(281 Ziffer 6) St.P.O. geltend.


Das Gericht erster Instanz hat seine Nichtzuständig
keit ausgesprochen, weil es in der unter Anklage gestellten
Tat, Anwendung des Wortes „Vortragsaffe“ auf die Person des
Privatanklägers, nicht den Tatbestand des § 496, sondern des
§ 491 St.G. erblickt. Diese Ansicht des Erstrichters, dass es
sich im vorliegenden Falle um den Tatbestand des § 491 St.G.
handelt, ist jedoch rechtsirrig. Der § 491 StG. enthält zwei
von einander verschiedene Tatbestände: 1.) das Zeihen verächt
licher Eigenschaften und Gesinnungen und 2.) das dem öffent
lichen Spott Aussetzen. Da das Urteil erster Instanz nicht
klar erkennen lässt, welchem der beiden Tatbestände es die Tat
unterstellt, sowohl von einem „Tun und Treiben des Privatanklägers
und von „ Charaktereigenschaften“ als auch davon spricht, dass
er dem öffentlichen Spott ausgesetzt werde, muss ich mich mit
dem Urteile nach beiden Richtungen hin auseinandsetzen, ob
wohl nicht anzunehmen ist,dass der Privatankläger durch die
ses Wort verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehen
werden sollte und könnte.


Der erste Tatbestand, das Zeihen verächtlicher Eigen
schaften und Gesinnungen, wird von Lammasch auch als üble
Nachrede im engsten Sinn des Wortes bezeichnet, von Stooss
unter die Angriffe auf den guten Ruf eingereiht. Die Vor-
aussetzung der Unterstellung einer Beleidigung unter diesen
Tatbestand ist, dass einer Person der Vorwurf von Charakter
fehlern gemacht wird, dass der Beleidigte entehrender Handlun
gen, wenn auch nicht bestimmter Handlungen beschuldigt wird.


Der zweite Tatbestand, der öffentlichen Verspottung,
liegt dann vor, wenn jemand durch Antastung seines sittlichen
Wertes oder durch Vorwürfe anderer Art in der öffentlichen
Meinung lächerlich gemacht wird, jedoch genügt hiezu nicht
jedes Lächerlichmachen, Scherz und Satire sollen dadurch nicht
ausgeschaltet werden, sondern es ist erforderlich, dass das An
sehen schwer und dauernd geschädigt wird, dass er in der öffent
lichen Meinung „entehrt“ wird.


Bezüglich des Begriffes Schimpfwort lässt sich nun eine
für alle Fälle passende juristische Definition überhaupt nicht
geben. Ein Wort kann bei gewissen Personen und in gewissen Krei
sen als Schimpfwort aufgefasst werden, in anderen nicht. Es ent
scheidet da der partikuläre Sprachgebrauch und die Bedeutung
im einzelnen Falle. Jedenfalls ist sich Theorie und Praxis
darin einig, dass die Abgrenzung zwischen Verspottung und Be
schimpfung bei Gebrauch eines einzelnen Wortes, das entweder
als Schimpfwort oder als Verspottung aufgefasst werden könnte,
darauf Rücksicht zu nehmen hat, ob dieses Wort mit einem bestimm
ten Vorfall als Folgerung verbunden ist‚ ob dieses Schimpfwort
auch seiner Bedeutung nach diesen Vorfall deckt und ob der
Vorwurf dieses Vorfalles selbst der einer entehrenden Handlung
des Geschmähten enthält.


Ich verweise diesbezüglich auf folgende Entscheidungen,
aus denen ich die wichtigsten, für diesen Fall entscheidenden
Sätze zitiere und zwar: Sammlung strafrechtlicher Entscheidungen des k.k. obersten Gerichts- und Kassationshofes von Dr. JuliusGlaser, Dr. L. Adler, Dr. K. Krall und Dr. Josef von Walter Nr. 972,
1342 und 1383. – Plenarbeschlüsse und Entscheidungen des obersten
Gerichts- als Kassationshofes, Sammlung Dr. R. Novak, Dr. EduardGaumont und Dr. Karl Schreiber Nr. 1723, 1870, 1933, 2112, 2926, 3376,
3436, 3716 und 4484, ferner die aus neuester Zeit stammende, in
den Sammlungen bisher nicht veröffentlichte Entscheidung des
obersten Gerichtshofes vom 2. Juni 1922 in der bekannten Ange
legenheit des Dr. Alfred Diwald gegen Dr. Moritz Wlassak.


Insbes. möchte ich auf die Entscheidung 1723 hinweisen,
wo als Kriterium des Schimpfwortes angesehen wird, dass es sich
um „ein in ein Schimpfwort gekleidetes abstraktes Urteil,
bezüglich dessen sich mit Grund nicht sagen lässt, dass mit
demselben nicht die Person des Anklägers, sondern nur seine
Handlungsweise bezeichnet werden sollte“ handelt; ferner auf
die Sätze der Entscheidung 2926 in der ausgesprochen wird, „dass
nicht jedes Lächerlichmachen, auch wenn es sich als ein Karikie
ren darstellt oder in einer sarkastischen oder ironischen Äus
serung besteht, genügt, dass dem Lächerlichmachen doch wohl ein
Element des Herabsetzens in der öffentlichen Meinung eigen
sein muss. Auch Scherz und Spott können im Lächerlichmachen
übereinkommen, aber sie unterscheiden sich dadurch, dass letztere
zugleich herabwürdigt, verächtlich macht“. Ferner insbes. aber auf
die Entscheidung 3716: „ Sanders Wörterbuch der deutschen Sprache, § 1146, stellt den Begriff des ‚Spotte aussetzen‘ gleich
jenem des ‚in Schande bringen‘. In gleicher Weise
fordern Hye, das österreichische Strafrecht, S. 744 und über
einstimmend mit ihm die Kassationsentscheidung Slg.Nr. 3376
zum Begriffe der Verspottung, dass die Person des Verspotteten
oder dessen Eigenschaften ‚verächt
lich dargestellt oder wenigstens
gemacht werden‘. Finger, Strafrecht, 1910, II. Bd.
S 203, führt bei Besprechung des § 491 StG. aus: ‚Unter Verspot
tung ist hier nicht schon Lächerlichmachen zu verstehen, sondern
(wie die Ueberschrift ‚Schmähungen‘ zu § 491 StG. und der Ge
brauch des Wortes Schmähschriften im Kontext beweist) nur
jenes Lächerlichmachen, durch welches jemand in der
Achtung herabgesetzt werden soll‘.
Stooss, Lehrbuch des österreichischen Strafrechtes, 1909, S. 305.
sagt: ‚Auch wer jemand dem öffentlichen Spotte aussetzt, begeht
eine Schmähung. Zum Tatbestände gehört nicht nur, dass jemand
einen anderen verspottet, sondern, dass er ihn dadurch dem öffent
lichen Spotte aussetzt, dass er Gegenstand des öffentlichen
Spottes wird. Dadurch wird zwar nicht sein guter Ruf, aber doch
sein Ansehen bei den Mitbürgern
herabgesetzt‘. Soll daher die Verspottung bis zur
Höhe strafrechtlicher Ahndung heranreichen, so muss sie in
einer öffentlichen, gegen den Privatankläger gerichteten Hand
lung bestehen, die ihn gleich der Schmähung in seinem Ansehen
herabsetzt und die Achtung vor ihm mindert. Das Lächerlich
machen an sich genügt somit nicht, es muss ihm zugleich dieser
ehrverletzende Charakter innewohnen.“


Da der Akt Diwald-Wlassak dem Strafgerichte vielleicht
schwer zugänglich sein könnte oder erst beschafft werden müsste,
lege ich Abschriften dieser Entscheidungen bei.


Wie aus diesen Entscheidungen hervorgeht, hatte ProfessorWlassak damals folgende, unter Anklage gestellte Aeusserung ge
macht: „Das haben sie vom Diwald, sagen sie diesem Esel, dass das
ein Blödsinn ist! “ Im Gegensatze zum Strafbezirksgerichte I,
welches diese Tat dem Tatbestande des § 491 StG. unterstellte,
haben das Landesgericht f. ZRS. und der oberste Gerichtshof den
Tatbestand des § 496 für gegeben erachtet, der oberste Gerichtshof mit folgender für diesen Fall auch wichtigen Begründung:


„Was zunächst die Frage der Anwendung des materiellen
Strafgesetzes auf den vorliegenden Fall anlangt, ist davon
auszugehen, dass die Bezeichnung des Privatanklägers als ‚Esel‘,
wie das Berufungsurteil zutreffend ausgesprochen hat, eine Be-
schimpfung ist. Unter dieser ist eine Ehrverletzung zu verste
hen, die – selbst wenn sie ihrem Inhalte nach minder bedeutend
sein sollte, – einen schweren Charakter durch ihre Form erhalte.
Nicht mit Unrecht wird die Beschimpfung in der Wissenschaft
auch Formbeleidigung genannt. Der Angriff auf die Ehre kenn
zeichnet sich bei der Beschimpfung durch eine gewisse Roheit
des Ausdruckes, Beschimpfung ist mehr als Beleidigung, denn sie
erfordert die verletzende Form beleidigender Missachtung. Es
ist zweifellos richtig, dass, wie das bezirksgerichtliche Urteil
aussprach, der Sinn der Aeusserung des Angeklagten auch der war,
das Ansehen des Privatanklägers in der Oeffentlichkeit, insbe
sondere in der Studentenschaft zu untergraben, seine juristi
schen Fähigkeiten herabzusetzen und seine Unkenntnis des rö
mischen Rechtes zu brandmarken. Mit der Erhebung der Vorwürfe
gegen den Privatankläger hat sich aber der Angeklagte
begnügt. Er hat vielmehr durch die Wahl des Wortes ‚Esel‘ dem
Privatankläger überdies noch seine Verachtung bezeugt. Und selbst
wenn der Angeklagte in der Lage gewesen wäre, den Wahrheitsbeweis
für den von ihm gegen den Privatankläger erhobenen Vorwurf der
Unkenntnis des römischen Rechts zu erheben, und selbst wenn
er sich als Lehrer verpflichtet und berechtigt gehalten hat,
das Ansehen des Privatanklägers in der Oeffentlichkeit und bei
der Studentenschaft zu untergraben und seine juristischen Fä
higkeiten zu beleuchten, so war es ihm doch verwehrt, dies mit
dem Ausdruck seiner Missachtung zu verbinden, die sich in dem
Worte ‚Esel‘ zweifellos kennzeichnet. Die vom Berufungsgerichte
vorgenommene Unterstellung der Tat des Angeklagten unter die
Bestimmungen des § 496 StG. entsprach somit dem Gesetz.“


Ferner ist zur Beurteilung dieses Falles auch noch
der Sinn der Entscheidung Nr. 1870 heranzuziehen, deren Inhalt
in dem Marginale dieser Entscheidung treffend mit den Worten
wiedergegeben ist: „Mit tatsächlichen Anführungen als nach
Form und Inhalt angemessene Folgerung verbunden, lassen sich
Ausdrücke wie Lügner, Verleumder, Wucherer u.dgl., welche ihrer
Bedeutung nach eine Schmähung in sich schliessen, nicht Schimpf
worten gleich der Bestimmung des § 496 StG. unterstellen.“


Als wichtigste Voraussetzung muss aber dann auch gelten,
dass sich der Inhalt des gebrauchten Wortes mit dem Inhalte
der Handlung, auf die das Wort angewendet werden soll, deckt.


Aus dem vorher Gesagten und den zitierten Entscheidungen
ergibt sich, dass es zweierlei Arten von Schimpfworten gibt,
solche, welche ihrer Bedeutung nach eine Schmähung in sich
schliessen und solche, welche dies nicht tun. Eine Schmähung
schliessen Schimpfworte dann in sich, wenn sie gleichzeitig
in der Lage sind zum Ausdrucke zu bringen, dass der Beschimpfte
verächtlicher Gesinnungen und Eigenschaften geziehen wird.
Aber auch bei der Anwendung dieser Worte wird die Subsumtion
unter den Tatbestand des § 491 StG. nur dann angenommen, wenn
sie als nach Form und Inhalt angemessene Folgerungen mit tat
sächlichen Anführungen verbunden sind. Sind sie mit tatsächlichen
Folgerungen verbunden, welche den Beleidigten nicht verächt
licher Eigenschaften und Gesinnungen zeihen, so liegt nicht
der Tatbestand des § 491, sondern der des § 496 StG. vor.


Die Entscheidung 1870 führt mit Recht und wohl
überlegt nur Ausdrücke wie Lügner, Verleumder, Wucherer
u. dgl. als derartige Schimpfwörter an, welche je nach dem,
ob sie mit tatsächlichen Anführungen verbunden sind oder
nicht, den Strafbestimmungen des § 491 oder 496 StG. zu
unterstellen sind, weil diese Wörter eben eine Handlungsweise
beinhalten, welche auf verächtliche Eigenschaften und Gesinnun
gen hinweisen und gewissermassen nicht anderes sind als
eben das Zeihen dieser Eigenschaften. Andere Worte aber, insbes.
als Schimpfwörter verwendete Tiernamen, die Wörter Trottel,
Trampel, Kerl u.dgl. enthalten keinen Hinweis auf derartige
Handlungen, ja in vielen Fällen, ist die Grundlage des Wortes
nicht einmal eine Beleidigung und nur das Wort selbst. In
diesen Fällen ist selbstverständlich die Anwendung des
Wortes, selbst in Verbindung mit tatsächlichen Anführungen
nur dem Tatbestand des § 496 StG. zu unterstellen, weil nicht
die tatsächlichen Anführungen, sondern nur die Anwendung des
betreffenden Wortes ein Schimpfwort darstellt, die
Beleidigung bildet. Selbst mit Berufung auf den Unsinn, den
eine Person geäussert oder gelehrt hat (Fall Diwald-Wlassak)
ist also die Anwendung des Wortes „Esel“ eine Beschimpfung.


Die Zusammensetzung des Schimpfwortes mit einem an
deren Worte, das auf eine bestimmte Tätigkeit hindeutet, die
an und für sich nichts Ehrenrühriges enthält, ändert an
Tatbestände nichts.


Das Wort „Vortragsaffe“ bedeutet nichts anderes
als „Affe von einem Vortragenden“. Die Vortragstätigkeit ent
hält nichts Ehrenrühriges‚ auch das was der Beschuldigte als
beabsichtigten Inhalt dieses Wortes angegeben hat, die Hast
sich in Vorträge zu stürzen, das Sichrufenlassen, die Verbeu
gungen, alles das ist nicht der Vorwurf verächtlicher Handlungen
oder Gesinnungen, die selbst, wenn sie tatsächlich aus dem Worte
„Vortragsaffe“ herauszulesen gewesen wären, was aber doch nicht
der Fall ist, selbst wenn der Beschuldigte diese Tatsachen
ausdrücklich angeführt hätte und daraus als Schlussfolgerung
in das Wort „Vortragsaffe“ zusammengefasst hätte, nicht ge
eignet wären, es des Beschimpfungscharakters zu entkleiden.


Dazu kommt aber noch, dass der dem Worte gegebene Inhalt
eine nachträgliche, ungeschickte Konstruktion ist, da der
Beschuldigte selbst zugibt, niemals einen Vortrag des Privatanklägers gehört zu haben, dass ihm über diese nur Mitteilungen
gemacht referiert wurde, sodass von einer Kritik keine Rede sein kann.
Auch der Anlass, der den Beschuldigten zur Verwendung des Wortes
führte, beweist den Schimpfcharakter. Der Beschuldigte hatte
irrtümlich angenommen, dass das Wort „Cowboy“ in dem Artikel
der Fackel eine Anspielung auf ihn sei. Dafür revanchierte
er sich durch das Wort „Vortragsaffe“. Gerade dieser Zusammen
hang und diese Art der Reaktion ist für die Beschimpfung typisch.


Dem Beschuldigten war es auch gar nicht um eine Kritik
zu tun, sondern ausschliesslich um eine Beschimpfung als Reaktion
auf die auf sich bezogene Bezeichnung als „Cowboy“. Denn selbst
bei einem Journalisten von der Art des Beschuldigten ist es
nicht glaublich‚ dass er eine seit 15 Jahren ausgeübte Vortrags
tätigkeit des Privatanklägers, der in dieser Zeit im In- u. Aus
lande nahezu an 400 Vorträge hielt, der in diesen die auserlesen
sten Werke der Weltliteratur, Goethes, Shakespeares, Nestroys,
Raimunds, Gogols … u.s.w. vorlas, einen grösseren Teil des Rein
ertrages in den letzten drei Jahren mehr als 35.000.– S wohl
tätigen Zwecken zuführte‚ eine Vortragstätigkeit, von der das
eigene Blatt des Beschuldigten in den überschwenglichsten Lo
besworten sprach, mit dem Worte „Vortragsaffe“ kritisieren
wollte und kritisieren zu können glaubte. Es wäre ganz absonder
lich, das als Kritik aufzufassen und hiefür einen Wahrheitsbe
weis zuzulassen, dem eine ästhetische Beurteilung noch überhaupt
nicht zugänglich ist. wäre.


Dass auch die Verbindung des Wortes „Affe“ mit „Vortrag“,
also die Bezugnahme auf die Tätigkeit des Privatanklägers an
dem Schimpfwortcharakter nichts ändert, ergibt sich aus der
Heranziehung von Beispielen, bei denen wohl kein Gericht den
§ 491 StG. anwenden würde. Wenn jemand ein Dienstmädchen für
eine Ungeschicklichkeit im Dienst als „Diensttrampel“, einen
Journalisten, weil er seine Tätigkeit der Zeitung verkauft,
die ihm die besten Brocken an Geld dafür hinwirft, als „Press
köter“ u.dgl. bezeichnen würde, so würde wohl klar, trotz dem
Zusammenhange mit einer Berufstätigkeit jedes Gericht darin
nur eine Beschimpfung erblicken, wofern eben nicht, wie schon
erwähnt, die Tätigkeit selbst das Zeihen verächtlicher Handlun
gen und Gesinnungen enthielte. Ich verweise noch auf die Entscheidung 3436, in der eine Verurteilung nach § 496 StG. er
folgte für eine Notiz, in welcher der Satz enthalten war „Bis
auf einige ganz wenige Lumpen, sind keine Streikbrecher zu
verzeichnen.“ Sämtliche Gerichte denen dieser Akt vorgelegen
ist, haben keinen Zweifel gehabt, dass, wiewohl es sich um Streik
brecher handelte, die Anwendung des Wortes „Lumpen“ auf sie
den Tatbestand des § 496 darstellt, denn die Anwendung eines
Wortes, welches nicht ausschliesslich die mit ihr ver
bundene Tatsache beinhaltet, muss selbst dann zu einer Bestra
fung nach § 496 führen, wenn diese Tatsachen wahr sind.


Ich stelle daher den
Berufungsantrag
das Urteil erster Instanz aufzuheben und entweder die Be
schuldigten wegen des Tatbestandes des § 496 ver
urteilen oder die Sache an das Gericht erster Instanz zurück
zu verweisen.


für Karl Kraus,
Dr. Oskar Samek.