Dem Kiebitz ist nichts zu teuer oder Karl Kraus denunziert schon wieder die Sozialdemokraten


G.Z. U. XII 1761/26


Zeugenprotokoll
Karl Tschuppik
am 12. April 1927.


Ich bin den Beschuldigten nicht feind
lich gesinnt. Ich war Chefredakteur der „Stunde“ in der Zeit, als
der Artikel erschien.


Ich habe mit anderen Redaktionsmitglie
dern über den inkriminierten Artikel nicht gesprochen.


Es wurde mir auch kein Verfasser genannt.
Ich habe auch nichts davon gehört, dass die Redakteure unterein
ander davon gesprochen hätten, wer der Verfasser wäre.


In einer Redaktionskonferenz war von
diesem Artikel keine Rede, da die Führung der Kampagne gegen
Karl Kraus eine Angelegenheit des Herrn Bekessy und des HerrnKuh war.


Ich kann nicht angeben, wer den Artikel
verfasst hat. Ich habe mich bei meiner Einvernahme am 13. Februar
1926 dadurch verleiten lassen, zu sagen, dass Ely der Verfasser
des inkriminierten Artikels sein könnte, weil das Wortspiel vom
„Steinhof“ und „Hof“ auf Ely deutete, der solche Wortspiele
öfter gebraucht. Ich kann aber nicht bestimmt behaupten, dass
Ely diesen Artikel verfasste, da es sehr wohl möglich ist, dass
dieses Wortspiel durch einen Redaktionskollegen von Ely’s Artikeln
entlehnt wurde.


Ich selbst war von den Krauspolemiken
ganz ausgeschaltet.


Kuh kommt als Verfasser des inkriminierten Artikels nicht in Betracht, da er seine Artikel zu
zeichnen pflegt.


Die Manuskripte der Artikeln musste
im allgemeinen dem Dr. Brody, der Umbruchredakteur war, übergeben
werden. Dr. Brody hatte die Einlaufstelle über.


Die Kampagne gegen Kraus hat Bekessy
selbst geführt. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Ely
den inkriminierten Artikel verfasst hat. Ely war kein Hetzer,
war auch in der Sache Kraus nicht engagiert, er hat eher gebremst.


Die Bilderaffäre, Veröffentlichung von
Bildern, hat er sogar ausdrück missbilligt.


Auf Vorhalt seiner Angabe als Zeuge
in U XII 71/26 O.N. 2, ob Zeuge seine damalige Erinnerungstäuschung
hinsichtlich Karl Adler’s aufklären könne, gibt Zeuge an:


Ich weiss nicht, auf welchem Wege der
inkriminierte Brief zur „Stunde“ gelangt ist. Ich weiss daher
auch nicht, ob ihn Karl Adler brachte. Ich kann auch nicht
sagen, welcher sonstige Zusammenhang des Briefes mit Karl Adler besteht. Ich kann keineswegs behaupten, dass Karl Adler den Brief zur „Stunde“ brachte. Man hat mir nachher etwa
mitgeteilt, dass Karl Adler mit dem Brief irgend etwas zu tun
hat; was man mir mitteilte, weiss ich nicht mehr. Ich kann mich
nicht erinnern.


Ich kann mich nicht erinnern, zu irgend
jemandem darüber gesprochen zu haben, wer … der
Verfasser des Artikels sein könnte. Zu Siegfried Geyer, den
ich kenne, da er mein Redaktionskollege war, habe ich meines Er
innerns nach über den inkriminierten Artikel nicht gesprochen.
Zu Bela Reinitz, den ich kenne, habe ich ganz bestimmt da
rüber nichts gesprochen.


Es ist aber ganz unrichtig, dass ich
etwa zu Geyer und sonst jemandem gesagt hätte, Ely sei
Rädelsführer oder Arrangeur oder irgend mitwirkend an der Kampage
gegen Kraus gewesen.


Ich weiss nichts davon, dass bestimmte
Redakteure mit der Verfassung von Artikeln gegen Kraus betraut
waren. Ich kann mich nicht mehr erinnern, mit wem ich über die
Frage des Verfassers des inkriminierten Artikels gesprochen
habe. Ich glaube einmal mit jemandem darüber gesprochen zu
haben. Ich glaube aber bestimmt sagen zu können, dass damals
nicht davon gesprochen wurde, dass Ely der Verfasser des
Artikels sei.