G.Z. U XII 1761/26


An das
Strafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller
in Wien III. Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3,
durch:


Beschuldigter: Ernst Ely, Redakteur der „Stunde
in Wien IV. Kühnplatz 4
wegen § 45 Abs. 4 Urh.Ges. 1 fach


Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.X.1927.


Mit Beschluss des StrafbezirksgerichtesI in Wien vom 27.X.1927, meinem Anwalte Dr. OskarSamek am 7. November 1927 zugestellt, mit
welchem die gemäss § 390 St.P.O. von mir dem Beschuldigten zu Handen des Verteidigers Dr. EduardFrischauer zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens
mit 119 S 66 g bestimmt wurden, erhebe ich, soweit
dieser Beschluss über die im nachfolgenden als
berechtigt anerkannten Kosten hinausgeht, rechtzei
tig die
Beschwerde
an das Landesgericht für Strafsachen I in Wien.


In dieser Strafsache hat nur eine ein
zige Verhandlung am 24. März 1927 stattgefunden,
welche auf unbestimmte Zeit vertagt wurde. Sie hatte
eine Dauer von 2/2 Stunden. Die tarifmässigen Kosten
dieser Verhandlung betrugen … S 60.–
hierzu kommt tarifmässig 15% Einheitssatz
nicht wie der Richter irrtümlich angenom
men hat 25% Einheitssatz … S 9.–
Stempel zur Vollmacht … S 1.–
Fahrt und Entfernungsgebühr … S 2.48
Ausserdem war dem Beschuldigten die Eingabe
um Kostenbestimmung vom 30. September 1927 zu
zusprechen. Für diese Eingabe waren nach Ta
rifpost 1 unter Zugrundelegung eines Streit
wertes von S 1.500.– die Kosten zu bestimmen S 5.–
15% Einheitssatz … S –.75
Stempel zur Eingabe und zum Kostenverz. S 1.50
2% Warenumsatzsteuer vom Verdienst von 76.75 S 1.54
S 81.27


Die höhere Bestimmung des Beschlussesvom 27. Oktober 1927 ist darauf zurückzuführen, dass
der Einheitssatz anstatt mit 15% mit 25% bemessen
wurde, ferner für den Antrag auf Kostenbestimmung
und Kostennote S 10.– anstatt S 5.– samt Einheits
satz bestimmt wurde, endlich jedoch, dass der Richter
erster Instanz dem Beschuldigten die Kosten einer
Intervention vom 17. Mai 1927 zugesprochen hat.
Diese Kommission zum Strafbezirksgericht war aber
ebenso überflüssig und hatte mit der sachgemässen
Verteidigung ebensowenig zu tun; wie alle übrigen
Kommissionen, deren Kosten ja schon der Richter
erster Instanz dem Schuldigen nicht zugesprochen
hat, da sie lediglich ein Ausfluss der Neugierde
eventuell der gespannten Erwartung desselben entsprun
gen sind, nicht aber zur Verteidigung gehörten.
Der Richter erster Instanz setzt selbst Zweifel darein,
ob die Kosten dieser Intervention zuzusprechen waren,
indem er sagt, dass sich alle weiteren Schritte
hätten, ausgenommen höchstens die Inter
vention vom 17. Mai 1927. Nun sagt der Verteidigerdes Beschuldigten gar nicht weshalb er am 17. Mai
1927 zum Strafbezirksgericht I ging und was er bei
seiner Rücksprache mit dem Landesgerichtsrat Dr. Fryda
zu erwirken hatte. Es ist anzunehmen, dass ihm eben
so wie in allen anderen Fällen die Spannung oder der
Wunsch, eine raschere Erledigung der anhängigen Sache
zu erwirken, zu Gericht geführt hat, oder dass er
vielleicht anderweitig bei Gericht zu tun hatte und
sich gerade nebenbei nach dieser Sache erkundigen
wollte. Dass er nun bei dieser Gelegenheit erfahren
hat, dass mit Rücksicht auf die Verjährung amts
wegig die Anfrage wegen etwa anhängiger Strafver
fahren und der Leumundsnote verfügt wurde, kann
ihm nicht das Recht geben, hiefür Kostenersatz zu
verlangen. Ich stelle daher den
Beschwerdeantrag,
den Beschluss des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 27.X.1927 abzuändern und die von mir dem Beschuldigten zu ersetzenden Kosten mit S 81.27
zu bestimmen und weiters auszusprechen, dass der
Beschuldigte mir die Kosten der Beschwerde zu
ersetzen habe.


An Kosten werden verzeichnet:
Beschwerde … S 4.––
10% Einheitssatz … S –.40
2% Warenumsatzsteuer … S –.09
Stempel … S 1.––
zusammen … S 5.49


Karl Kraus.