Sehr geehrter Herr Kollege!


Ich bestätige Ihnen den Empfang Ihres Schreibens vom 19. Mai 1932. Zu dem gegnerischen Schriftsatz ist
folgendes zu erwidern. Es ist richtig, dass Ansprüche aus
unerlaubter Handlung gemäss § 1489 des österreichischenallgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches in drei Jahren ver
jähren. Dies betrifft jedoch lediglich solche Ansprüche, be
züglich deren ein Exekutionstitel nicht besteht. Bezüglich
der letzten Ansprüche bestimmt der Justizministerialerlassvom 21. Juni 1858 R.G.Bl. 105:


„Forderungen, welche nach den Vorschriften des ABGB. in
kürzeren, als den für die ordentliche Verjährung in den
§§ 1478, 1485 und 1486 festgesetzten Fristen verjähren,
unterliegen, wenn sie durch rechtskräftiges Urteil
zugesprochen oder durch einen, die Exekution begründen
den Vergleich oder Vertrag anerkannt sind, nur der in
den gedachten Paragraphen festgesetzten Verjährung. Wenn
jedoch in einem Urteile nicht verfallenden jährlichen
Abgaben, Zinsen, Renten oder Dienstleistungen erkannt wur
de, so unterliegen die nach der erreichten Rechtskraft
des Urteils verfallenen Giebigkeiten dieser Art neuer
dings der im § 1480 ABGB. festgesetzten dreijährigen
Verjährung“.


Es dürfte sich also die Rechtslage genau so
wie in Deutschland stellen. Ob mit Rücksicht auf die Devi
sengesetzgebung keine Zahlung erfolgen könne und ob die De
visenordnung dazu benutzt werden könnte, eine Aussetzung
des Rechtsstreites herbeizuführen, kann ich natürlich nicht
beurteilen. Es wäre aber vielleicht dem zu begegnen, dass
doch zumindestens der gerichtliche Erlag der Forderung ver
langt werden kann, wenn die Zahlung nur mit Bewilligung mög
lich ist. Nach österreichischem Gesetz haben die Devisenvor
schriften keinen Einfluss auf die Anhängigmachung von Pro
zessen.


Ich zeichne mit vorzüglicher kollegialer
Hochachtung
und herzlichen Grüssen Ihr ergebener


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